Die Hugenotten

Die Hugenotten
Werkdaten
Titel: Die Hugenotten
Originaltitel: Les huguenots
Form: Grand opéra (durchkomponiert)
Originalsprache: französisch
Musik: Giacomo Meyerbeer
Libretto: Eugène Scribe und Émile Deschamps
Uraufführung: 29. Februar 1836
Ort der Uraufführung: Paris
Spieldauer: ca. vier Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Frankreich 1572
Personen
  • Raoul de Nangis, protestantischer Edelmann (dramatischer Tenor)
  • Marcel, dessen Diener (Bass)
  • Marguerite de Valois, Königin von Navarra (Sopran)
  • Urbain, Page der Königin (Soubrette)
  • Graf de St. Bris, Oberhaupt der Katholiken (Bariton)
  • Valentine, seine Tochter (Sopran)
  • Graf Nevers (Bariton)
  • Bois Rosé, protestantischer Soldat (Tenor)
  • Maurevert, katholischer Edelmann (Bass)
  • Edelleute, Soldaten, Volk (Chor)

Die Hugenotten ist eine Große Oper in fünf Akten von Giacomo Meyerbeer. Das Libretto verfassten Eugène Scribe und Émile Deschamps. Die Uraufführung fand am 29. Februar 1836 in der Pariser Grand Opéra statt.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Vorbemerkung

Zu der Zeit, in der die Oper spielt (1572), wurden in Frankreich die Protestanten Hugenotten genannt. Diese und die Katholiken standen sich damals feindselig gegenüber. In der Ouvertüre erklingt das „Kampflied“ der Hugenotten, der Luther-Choral Ein feste Burg ist unser Gott.

Erster Akt

Bild: Festsaal im Schloss Touraine

Es ist der feste Wunsch des Königs, dass die Streithähne ihre alte Fehde endlich begraben. Den katholischen Grafen Nevers hat er dazu ausersehen, zwischen den beiden Parteien zu vermitteln. Deshalb hat er den Hugenottenführer Raoul de Nangis zu einem Festbankett auf sein Schloss geladen. Jeder der edlen Herren wird gebeten, eine Episode über die Dame seines Herzens zu erzählen. Raoul berichtet von einer schönen Frau, der er in einer Notlage zur Seite stand und sie vor großen Schaden bewahrte. Sein Herz war sofort für sie entflammt. Er würde sie liebend gerne aufsuchen, kenne aber weder ihren Namen noch ihren Wohnort. Marcel, der Diener Raouls, betritt die Szene, entsetzt, seinen Herren mit den „Papisten“ beim Wein zu sehen. Einer der katholischen Adligen erkennt in ihm einen alten Kriegsgegner, bietet ihm aber Wein an, was Marcel schroff ablehnt. Daraufhin wird er zu singen aufgefordert. Das berühmte „Pif, paf, pouf“, das er dann folgen lässt, zeigt seine erschreckende Einstellung gegenüber Andersgläubigen und Frauen. Beide will er ohne Gnade hinmetzeln und zur Hölle senden. Die Adligen lachen über ihn.

Raouls unbekannte Schöne heißt Valentine und ist die Tochter des katholischen Grafen St. Bris, einem Hugenottenhasser. Außerdem ist sie mit Nevers verlobt. Davon ahnt jedoch Raoul noch nichts. Als er bemerkt, dass die unbekannte Schöne den Saal betritt und sich sogleich dem Grafen Nevers zuwendet, keimt Eifersucht in ihm auf. Wüsste er, aus welchem Grund Valentine hier aufgetaucht ist, hätte er dazu keinerlei Anlass. Valentine ist nur gekommen, um ihre Verlobung mit Nevers zu lösen, zumal diese eh nur auf Befehl ihres Vaters zustande gekommen ist.

Ein Page betritt die Szene und überreicht Raoul eine Einladung. Darin heißt es, dass er dem Pagen mit verbundenen Augen folgen solle. Die katholischen Edelleute erkennen am Siegel, dass Marguerite, die Schwester des französischen Königs, die Einladung geschrieben hat.

Zweiter Akt

Bild: Garten beim Schloss der Königin von Navarra

Marguerite ist mit dem protestantischen König Heinrich von Navarra verlobt. Auch sie hegt den innigsten Wunsch, Frieden zwischen den verfeindeten Lagern zu stiften. Ihre große Auftrittsarie Oh beau pays de la Touraine stellt den gesellschaftlich philosophischen Gegenentwurf zur Welt der sich bekämpfenden religiösen Parteien dar. Die Schönheit der Natur, und darin die edle Liebe sollen in ihrem Reich allein regieren. Ihr Hofstaat singt mit ihr das Lob auf die Liebe. Ihr Plan ist, Raoul mit Valentine, der Tochter des Oberhaupts der französischen Katholiken, zu vermählen. Zunächst scheint ihr Plan auch aufzugehen; denn seit Valentine von Raoul gerettet worden war, kann sie ihn nicht mehr vergessen. Sie stimmt deshalb freudig zu.

Als Raoul hinzukommt und nun auch in das Vorhaben eingeweiht wird, ist auch er zunächst begeistert. Als er aber merkt, wer Valentine tatsächlich ist, ändert er rasch seine Meinung, weil er sie für die Geliebte des Grafen Nevers hält. Über diesen Affront zeigen sich die anwesenden katholischen Edelleute aufs Äußerste empört; jedoch gelingt es der Königin, Schlimmeres zu verhindern.

Dritter Akt

Bild: Platz in Paris mit Kirche und Gasthäusern

Valentine und Nevers haben nun doch geheiratet. Raoul hatte tags zuvor Valentines Vater zum Duell gefordert. Dieses soll um Mitternacht auf dem Platz vor der Kirche ausgetragen werden. Im Geheimen hegen aber St. Bris und sein Verbündeter Maurevert den Plan, Raoul bei dieser Gelegenheit zu überfallen und zu töten. Valentine, die das Gespräch belauscht hat, wendet sich verschleiert an den hugenottischen Soldaten Marcel, Raouls Diener, und weiht ihn in den Plan ein. Marcel bricht sofort auf, um Hilfe zu holen.

Plötzlich stürzen von allen Seiten schwer bewaffnete Soldaten auf den Platz, sowohl Katholiken als auch Hugenotten. Ein Blutbad scheint unausweichlich. Auf einmal naht die Königin mit ihrem Gefolge. Von Marcel will sie wissen, was der große Auflauf zu bedeuten habe. Dieser schildert wahrheitsgetreu den Vorfall. Da erkennt St. Bris in der verschleierten Frau seine Tochter. Raoul fällt es wie Schuppen von den Augen: Er weiß nun den Grund, weshalb Valentine an jenem Abend Nevers aufgesucht hatte.

Das Brautpaar mit den Hochzeitsgästen macht sich auf den Weg zum Schloss. Raoul ist auf sich selbst wütend und bleibt verstört zurück.

Vierter Akt

Bild: Zimmer im Palast des Grafen Nevers

Raoul sucht heimlich Valentine auf, um sich bei ihr zu entschuldigen. Als sie ihren Vater mit seinen Anhängern kommen hört, versteckt sie Raoul in einem Seitengemach.

Die Versammlung beginnt. St. Bris hetzt seine Anhänger auf, endlich mit den Hugenotten Schluss zu machen. Dabei verkündet er, es sei der Wille Gottes und des Königs, die Ketzer zu vernichten. Nevers ist der Einzige, dem dies zu weit geht. Um zu verhindern, dass er möglicherweise die Hugenotten warnt, wird er inhaftiert und später heimlich ermordet. Mönche, von St. Bris geleitet, betreten die Szene und segnen die Schwerter. In dieser zu Recht berühmten Szene stellt Meyerbeer mit musikalischen Mitteln die unheilige Allianz von Altar und Thron dar. Enharmonische Pendelbewegungen um den Ton gis/as zwischen E-Dur und As-Dur symbolisieren die geistliche und weltliche Sphäre. Mit geweihten Schwertern ziehen die Katholiken unter in der Musik anklingenden Zitaten der Marseillaise in die Schlacht.

In seinem Versteck hat Raoul alles gehört. Sofort will er aufbrechen, um seine Glaubensbrüder zu warnen. Valentine jedoch hält dies für zu spät. Sie fleht ihn an, bei ihr zu bleiben. Da merkt Raoul, dass sie ihn aufrichtig liebt. Er ist wie verblendet und vergisst, in welch ernster Lage sich die Hugenotten befinden. Beide gestehen sich ihre Liebe.

Aufgeschreckt vom Sturmglockengeläut, das von Ferne den Beginn des Blutbades verkündet, wird Raoul auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Er reißt sich von Valentine los und sucht seine Glaubensbrüder.

Fünfter Akt

Bild: Ballsaal

Die Vermählung Marguerites mit Heinrich von Navarra ist für die Hugenotten Grund genug, ein großes Fest zu feiern. Plötzlich wird die Tür zum Ballsaal aufgerissen und alle starren auf Raoul, der verwundet hereinstürzt. Sie erfahren nun, dass auf den Straßen ihre Glaubensbrüder und -schwestern gemordet werden und die angestrebte Versöhnung der beiden feindlichen Lager hintertrieben worden ist. Sie greifen zu den Waffen und eilen hinaus.

Verwandlung: Friedhof mit Kapelle

In der Bartholomäusnacht sucht Valentine verzweifelt nach Raoul und findet ihn endlich auf dem Friedhof. Sie fleht ihn an, zum katholischen Glauben zu konvertieren, denn nur so bestehe Hoffnung, dass er gerettet werde. Dazu ist Raoul jedoch nicht bereit. Marcel kommt hinzu und verkündet, dass Nevers von den Seinen umgebracht worden ist. Jetzt ist es Valentine, die sich entschließt, ihren Glauben zu wechseln, um Raoul heiraten zu können. Marcel segnet sie in der Kapelle, wohin bereits zahlreiche Frauen und Kinder der Hugenotten geflohen sind.

Die katholischen Kämpfer unter der Führung des Grafen St. Bris haben das Versteck der Hugenotten entdeckt. Raoul und Marcel wissen, dass sie auf verlorenem Posten stehen; die Übermacht des Gegners ist zu groß. Bevor sie sich ergeben, werden sie und Valentine von den Schergen St. Bris' niedergeschossen. Entsetzt muss St. Bris erkennen, dass er seine eigene Tochter hingerichtet hat. Diese vergibt ihm sterbend und ruft allein Gott als Richter an. Der Pöbel rast, da verkündet ein Bote die Ankunft der Königin von Navarra, die dem Blutbad ein Ende bereiten will. An dieser Stelle endet die Oper.

Musik

Meyerbeers Stärke zeigt sich vor allem daran, wie er die Massenszenen in der Oper musikalisch aufbaut. Schon das Vorspiel, eine Intonation des Luther-Chorales Ein feste Burg ist unser Gott ist kennzeichnend für den Verlauf der Oper. Aus der schlichten Choralmelodie wird nach und nach ein martialischer Schlachtgesang. Gleichzeitig verwendet Meyerbeer diese Choralmelodie leitmotivisch für den radikalen protestantischen Diener Marcel.

Das reichhaltige Libretto gibt Meyerbeer weiter die Möglichkeit, von der lyrischsten Liebesszene bis zur rohesten Szene des Blutbades der Bartholomäusnacht alle Register der großen romantischen Oper zu ziehen. So beginnt beispielsweise der dritte Akt mit Soldatenchören und einem Zigeunerballett. Zur eigentlichen Handlung tragen diese Szenen jedoch nicht bei, weshalb dem Komponisten (und seinem Hauptlibrettisten Scribe) oft bloße Effekthascherei vorgeworfen worden ist. Manche Opernführer erwähnen Meyerbeer nur am Rande mit dem Hinweis, keines seiner Werke rechtfertige heutzutage den Aufwand, der erforderlich sei, um es auf die Bühne zu bringen. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass viele Szenen von elementarer Wucht sind und auch heute noch das Publikum in ihren Bann ziehen. Gerade die Neuinszenierung der Hugenotten an der Deutschen Oper Berlin anlässlich des 200. Geburtstages des Komponisten im Jahr 1991 haben dies gezeigt. Die Aufführungen gerieten zu einem geradezu sensationellen Erfolg.

Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen religiös motivierter Gewalt, das auch Meyerbeers nächste Oper Le Prophète dominiert, ist in den Zeiten des beginnenden 21. Jahrhunderts aktueller denn je. Erschütternd ist auch das Ende der Oper. Im Gegensatz zur deutschen Romantischen Oper, vor allem derjenigen Wagners, ist der Tod der beiden Liebenden kurz und schmucklos dargestellt. Valentine und Raoul sterben fast ohne zu „singen“. Anders als in den Opern Wagners, wo der Tod der Heldinnen fast immer ein hehrer Opfertod ist, gleichsam eine Apotheose, stellt diese Szene das Sterben von Valentine und Raoul fast beiläufig als „Kollateralschaden“ dar. Von manchen Autoren wurde dieses Ende als eine geradezu „moderne“ Darstellung eines sinnlosen Todes auf der Opernbühne verstanden; es darf jedoch nicht übersehen werden, dass letztlich gerade Raoul es ist, der - von Valentine angefleht zu schweigen - durch seinen „heroischen“ Ruf „Huguenot!“ die Aufmerksamkeit der katholischen Soldaten auf sich lenkt. Indem er somit seine persönliche Glaubenstreue über sein eigenes Leben und das seiner Freunde stellt, fügt er sich durchaus nahtlos in die Reihe der zeitgenössischen, „idealistischen“ Opernhelden ein.

Höhepunkte

Im ersten Akt:

  • Rezitativ und Romanze des Raoul, begleitet von einer Viola d’amore: Ah! Quel spectade enchanteur ... Plus blanche que la blanche hermine
  • Hugenottenlied des Marcel mit Chor: Pour les couvents, c’est fini!
  • Rezitativ und Arie des Nevers: En ce château que cherchez-vous, beau page?
  • Rezitativ und Arie des Urbain: Nobles seigneurs, salut! Une dame noble et sage

Im zweiten Akt:

  • Arie der Königin: O beau pays de la Touraine und die sich unmittelbar anschließende Szene mit Urbain, den Ehrendamen und dem Chor
  • Rezitativ und Arie des Raoul: D’un humble chevalier acceptez le servage
  • Duett Marguerite/Raoul: Ah! Si j’étais coquette

Im dritten Akt:

  • Septett Raoul, Marcel, Saint-Bris, Cossé, Tavannes, de Retz, Méru: En mon bon droit j’ai confiance

Im vierten Akt:

  • Szene Saint-Bris, Valentine, drei Mönche: Qu’en ce riche quartier mit dem Schwur und der berühmten Schwerterweihe

Im fünften Akt:

  • Liebesduett Valentine/Raoul: Tu l’as dit: oui, tu m’aimes
  • Schlussszene mit Quintett Saint-Bris, Valentine, Raoul, Marcel, Urbain und Chor: Par le fer et par l’incendie

Tonträger

Weblinks

 Commons: Les Huguenots – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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