- Die Jagd nach dem Schnark
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The Hunting of the Snark (An Agony in Eight Fits) ist eine Nonsensballade von Charles Lutwidge Dodgson (1832–1898), besser bekannt als Lewis Carroll, Autor von Alice im Wunderland.
Die in Versform verfasste Ballade wurde 1876 mit zahlreichen Illustrationen von Henry Holiday erstveröffentlicht.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Das Gedicht ist eine Ballade über eine seltsame Jagd-Expedition, die sich mit Sorgfalt, Hoffnung und einer völlig leeren Meereskarte aufmacht, ein mysteriöses Wesen namens Snark zu fangen.
Der Snark vereinigt in sich außergewöhnliche Eigenschaften. So ist es praktisch beim Anzünden von Lichtern, hat die Gewohnheit, erst am Nachmittag aufzustehen, versteht keinen Scherz und liebt Badekarren. Als der Bäcker am Schluss der Ballade glaubte, ihn endlich gefunden zu haben, war er verschwunden, denn der Snark war ein Boojum.[1]
Die Besatzung wird vom Bellman (Ausrufer) mit seiner Glocke geleitet. Sie besteht aus acht Vertretern unterschiedlichster Berufe: einem Metzger, einem Stiefelputzer, einem Haubenmacher, einen Anwalt, einen Billardmarkeur (Punktezähler beim Billard), einem Bankier, einem Börsenhändler sowie einem Bäcker. Alle diese haben gemeinsam, dass ihre Berufsbezeichnungen im Englischen mit dem Buchstaben B beginnen. Das gilt auch für den Biber, der als zehnte Figur das einzige Tier in der Jagdgesellschaft ist. Eine der Figuren (Der Bäcker) hat in der Kindheit die Warnung empfangen, dass manche Snarks Boojums sind, und wer das Pech hat, ein Boojum zu treffen, der wird sofort sang- und klanglos verschwinden.
Im weiteren Verlauf des Textes werden die Jagdabenteuer einzelner Teilnehmer der Expedition beschrieben, wobei der Snark in allerlei Rollen und Situationen auftaucht und dabei erschreckend, zerstörerisch oder selbstherrlich auftritt.
Struktur
Der Text ist in ein Vorwort und acht Kapitel unterteilt, die in deutscher Übertragung als Krämpfe bezeichnet werden.
Der englische Untertitel An Agony in Eight Fits ist mehrdeutig. Fit bedeutet im englischen sowohl „passend, sich gut fühlen“, als auch „krampfartiger oder lähmender Anfall“ als auch im altertümlichen Sprachgebrauch den „Abschnitt eines Gedichts“. Die einzelnen Kapitel tragen die Bezeichnungen Fit the First bis Fit the Eigth.
- Im Vorwort wirbt der Autor um Verständnis für die offensichtliche Unsinnigkeit des ganzen Gedichts, auf dessen „moralischen Zweck“, „arithmetische Prinzipien“ und „ehrenhafte Unterweisungen in Naturgeschichte“ er nicht gesondert hinweisen wolle.
- Der erste Krampf beschreibt die Landung der Expedition an einem fremden, unbenannten Strand.
- Im zweiten Krampf hält der Bellman eine Rede mit einer recht kryptischen Beschreibung des Snark.
- Der dritte Krampf handelt von der erschreckenden Vorgeschichte des Bäckers.
- Im vierten Krampf beginnt die eigentliche Jagd.
- Der fünfte Krampf beschreibt, wie der Biber und der Schlächter einander näherkommen.
- Im sechsten Krampf begegnet der Anwalt dem Snark in einem Traum.
- Der siebente Krampf handelt vom Unglück des Bankiers.
- Im achten Krampf kommt es zur finalen Konfrontation mit dem Snark.
Die Jagdgesellschaft
Mit der Ausnahme des Boots werden alle Figuren in den Illustrationen von Henry Holiday gezeigt:
Interpretation
Seit 1962 gibt es eine Ausgabe mit Vorwort und umfangreichen Anmerkungen von Martin Gardner, der auch schon Carrolls ungleich berühmtere Erzählungen um Alice im Wunderland aufgearbeitet hat. Gardner verweist in seinen Anmerkungen zur Ballade darauf, dass Carroll selbst gesagt habe, dass der Snark ein Kofferwort sei, in dem Snail (Schnecke) und Shark (Hai) zusammengefasst werde. Weiterhin führt Gardner einen Hinweis an, dass auch Snake (Schlange) in dem Wort enthalten sein könne.[2] Zum Verständnis der „schwierigen Worte“ im Text rät Carroll selbst im Vorwort der Ballade, sich an Humpty Dumptys „Theorie“ für solche Worte zu halten: Zwei Bedeutungen sind in ein Wort gepackt. Carroll schrieb zu den diversen Deutungsversuchen des Snark 1897, ein Jahr vor seinem Tod, (sinngemäß übersetzt) in einem Brief, dass Snark nur die Bedeutung Boojum habe:
- „Um deine Frage, 'Was meintest du, dass der Snark sei?' zu beantworten: Du kannst deiner Freundin ausrichten, dass ich lediglich meinte, der Snark sei ein Boojum […]. Soweit ich mich erinnern kann, hatte ich wirklich keine andere Bedeutung im Sinn, als ich dies schrieb; aber die Leute haben seither versucht, irgendwelche Bedeutungen darin zu finden. Diejenige, die ich am liebsten mag (und welche wohl, so denke ich, teilweise auch meine eigene ist) ist jene, dass es als eine Allegorie für das Streben nach Glück aufgefasst werden kann.“
In seinen Studien zum literarischen Unsinn bezweifelt Klaus Reichert die Ernsthaftigkeit solcher Aussagen Carrolls. Reichert vermutet, dass Carroll sich mit solchen „Finten“ gegenüber Erklärunsversuchen nur „dumm stellt“.[3] Oliver Sturm interpretiert Carrolls Bemerkung, dass ihm die letzte Zeile der Ballade während eines schönen Sommertages auf einem Spaziergang plötzlich eingefallen sei, als eine „Leimrute für Kritiker“.[4]
Henry Holiday zeigt einen vermummten Snark in seiner Illustration zum Fit the Sixth. Dort erscheint der Snark dem Anwalt im Traum. Eine Veröffentlichung der Abbildung eines Snarks in Frontansicht, die Holiday für das letzte Kapitel The Vanishing vorschlug, lehnte Carroll ab.[5]
Die Ballade im deutschsprachigen Raum
Im englischen Sprachraum legendär, ist das Gedicht bei uns kaum bekannt. Dennoch gibt es mehrere deutsche Übersetzungen der „Agonie in acht Krämpfen“, darunter Die Jagd nach dem Schnark von Klaus Reichert (Insel-Bücherei 934) und von Oliver Sturm die Reclam-Ausgabe Die Jagd nach dem Schnatz.
Einfluss der Ballade
Der Snark wurde außerdem in etlichen Varianten für die Bühne und als Musical bzw. Konzeptalbum adaptiert (z.B. von Mike Batt) und dient verzweifelten Mathematikern (vgl. Graphentheorie) und Physikern zuweilen als Fundgrube für Verlegenheitsnamen seltsamer Phänomene. Dies passiert sogar in fiktionalen Werken. So tauchen z.B. in der Romanversion von Star Trek II: Der Zorn des Khan zwei Wissenschaftler auf, die ihre Entdeckungen als Snarks und Boojums bezeichnen. In diesem Zusammenhang wird auch ein Teil der Bellman's Speech zitiert, in der der Anführer der Jagdgesellschaft definiert, dass wahr sei, was er dreimal sage. In seiner Entscheidung vom 20. Juni 2008 über ein Militärtribunal-Verfahren in Guantanamo schreibt ein amerikanisches Bundesgericht: „We are not persuaded. Lewis Carroll notwithstanding, the fact that the government has ’said it thrice’ does not make an allegation true“ und bezieht sich damit auf Fit the First.[6]
In der Rundfunk-Version[7] seines Romans Per Anhalter durch die Galaxis wählte Douglas Adams eine Durchnummerierung der „Fits“, wie sie auch in Carrolls Ballade zu finden ist. Im Roman von Douglas spielt ebenfalls die Zahl 42 eine wichtige Rolle. Martin Gardner weist darauf hin, dass diese Zahl für Carroll „irgendeine Art von spezieller Bedeutung“ habe: Carroll verwendete die Zahl 42 als zufällig ausgesucht erscheinend in Alice, in Phantasmagoria und im Snark, dort gleich in zwei verschiedenen Kontexten.[8]
Einzelnachweise
- ↑ Siehe die letzten beiden Zeilen der Ballade im Fit the Eighth, THE VANISHING: „He had softly and suddenly vanished away— / For the Snark was a Boojum, you see.“ Was Boojum bedeuten könnte, wird seit 1876 von den Lesern der Ballade diskutiert.
- ↑ Martin Gardner: The Annotated Hunting of the Snark, 2006, S. 15
- ↑ S.148-149 in Klaus Reichert (1974): Lewis Carroll, Studien zum literarischen Unsinn, S.145-186: Die Jagd nach der Selbstverwirklichung, ISBN 3-446-11927-2
- ↑ S.85 in Oliver Sturms Übersetzung Die Jagd nach dem Schnatz, 1996, ISBN 978-3-15-009433-4
- ↑ plate XII The Snark-Boojum in The Hunting of the Snark, William Kaufmann Ausgabe (Autoren: Martin Gardener, Charles Mitchell, Selwyn H. Goodacre), 1981, ISBN 0-913232-36-X
- ↑ PDF-Datei: Urteil des Bundesgerichtes des District of Columbia vom 20.06.2008 Parhat v. Gates (engl.) (dort S. 28)
- ↑ http://www.bbc.co.uk/radio4/hitchhikers/newseries.shtml
- ↑ Martin Gardner: The Annotated Hunting of the Snark, 2006, S. 37, Anmerkung 34
Literatur
- Haydée Faimberg (2005): The Telescoping of Generations, S.117-128: 'The Snark was a Boojum': Reading Lewis Carroll (1977), ISBN 1-58391-752-7
Siehe auch
- Simulacrum (zum Verständnis der Zeichnungen von Henry Holiday)
Weblinks
- Originaltext via Project Gutenberg (engl.)
- Faksimile mit Carroll's Vorwort und Widmung, S. 677-699 in The complete Works, 1173 S.
- The Hunting of the Snark (gut aufbereitete Faksimile-Wiedergabe)
- Faksimile mit Illustrationen von Henry Holiday
- Englischer Originaltext inkl. Illustrationen (gespiegelte Version mit Widmung an Gertrude Chataway)
- Die Jagd nach dem Schnark, eine Version BD mit Kommentar (auf Englisch)
- John Tufail: The Illuminated Snark. An enquiry into the relationship between text and illustration in 'The Hunting of the Snark', 36. S, 13. Februar 2004
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