Die Stillen im Lande

Die Stillen im Lande

Als die Stillen im Lande bezeichneten sich die Freunde Gerhard Tersteegens (1697–1769), die gemäß ihrem Vorbild ein Leben „in stiller Abgeschiedenheit, Anbetung, Meditation und Versenkung“ [1] führen wollten. Zu den Stillen im Lande zählte sich auch Johann Heinrich Jung, auch Jung-Stilling genannt.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft der Bezeichnung

Von den „Stillen im Lande“ ist in (Psalm 35 LUT) die Rede. David beklagt sich hier bei Gott über seine Widersacher, die ihn „ohne Grund hassen“ (Vers 19). Diese Widersacher „reden nicht, was dem Frieden dient. Sie ersinnen falsche Anklagen gegen die Stillen im Lande“ (Vers 20). Mit diesen Stillen identifizierten sich Tersteegens Freunde, da sie sich seitens der rationalistischen Philosophie und Theologie ähnlichen Anklagen ausgesetzt sahen. Dagegen richtete sich ihr Protest, in dem sie die Gedanken aufnahmen, die Tersteegen in seiner Schrift gegen den Philosophen von Sans-Souci formuliert hatte. Friedrich der Große, an den diese Schrift adressiert war, soll nach deren Lektüre ausgerufen haben: „Können das die Stillen im Lande?“

Organisation, Leben und Wirkung der Stillen im Lande

Tersteegens Freundeskreis besaß keine strukturierte Organisationsform. Man traf sich am Niederrhein, im Wuppertal, im Württembergischen und im Siegerland in kleinen Hauskreisen und Konventikeln. Die Stillen im Lande bildeten ein über Personen verknüpftes Netzwerk, zu dem auch Jung-Stilling gehörte. Mit dem von ihm persönlich gewählten Namenszusatz Stilling wollte er seine Zugehörigkeit zu diesem Netzwerk erweckter Christen dokumentieren.

Die Stillen im Lande lasen neben der Bibel vor allem das umfangreiche Schrifttum Tersteegens. Dazu gehörten u.a. das Geistliche Blumengärtelein, die Geistlichen Brosamen und die Fromme Lotterie. Auch die von der quietistischen Mystik beeinflussten Lieder Gerhard Tersteegens spielten bei den Stillen im Lande eine große Rolle.

Trotz ihrer eher nach innen gekehrten Frömmigkeit wurden die Stillen im Lande im deutschsprachigen Raum zu einem Brückenschlag zwischen dem Pietismus und den Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts.

Quellen

  1. Erich Geldbach: Die Stillen im Lande, S. 488

Literatur

  • Otto Weber, Erich Beyreuther (Hrsg.): Die Stimmen der Stillen; 1959
  • Erich Geldbach: Artikel Die Stillen im Lande, in: Helmut Burkhardt, Erich Geldbach, Kurt Heimbucher (Hgg.): Gemeindelexikon; Wuppertal 1986, S. 488; ISBN 3-417-24082-4
  • Horst Weigelt: Lavater und die Stillen im Lande – Distanz und Nähe. Die Beziehungen Lavaters zu Frömmigkeitsbewegungen im 18. Jahrhundert; Arbeiten zur Geschichte des Pietismus 25; 1988; ISBN 3-525-55809-0
  • Gustav Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit - Kapitel 44: Die Stillen im Lande online: projekt gutenberg

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