Die heilige Familie

Die heilige Familie
Die heilige Familie, 1845

Die heilige Familie, oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer & Consorten ist der Titel eines Buches von Karl Marx und Friedrich Engels, das erstmals im Frühjahr 1845 erschien.

Hauptinhalt ist der Widerspruch zwischen Hegels idealistischer und Marx' materialistischer Auffassung von Dialektik und insbesondere eine Kritik der Junghegelianer Bruno Bauer - einst Marx' Mentor -, dessen Bruder Edgar Bauer und eine Reihe weniger bekannter Autoren aus dem Kreis der Berliner „Freien”.

Es ist die erste Schrift, die Marx und Engels gemeinsam verfassten. Sie entschlossen sich dazu bei ihrem ersten persönlichen Treffen im August 1844.

Inhaltsverzeichnis

Kritik an Bruno Bauer und anderen

Absicht der Autoren war, sich von der Theorieentwicklung Bruno Bauers zu distanzieren und sich zum „realen Humanismus“ Ludwig Feuerbachs zu bekennen. [1]

Der Tenor des Textes, der zu etwa 90% von Marx stammt,[2] ist durchgehend polemisch bis verhöhnend, was nicht erst der Untertitel anzeigt: Gegen Bruno Bauer & Consorten. Schon der Haupttitel verspottet die atheistische Gruppe um Bruno Bauer und zieht mit dem erfundenen Begriff „kritische Kritik” dessen Philosophie ins Lächerliche. Bauer nannte seine kritische Theorie[3], die er vor allem in Artikeln des Jahrgangs 1844 der Allgemeinen Literaturzeitung entwickelte, natürlich nicht „Kritische Kritik“, sondern „Reine Kritik“. [4]

Die Junghegelianer gingen in Anlehnung an Hegel davon aus, dass die Geschichte nur Ausdruck der Weiterentwicklung menschlicher Vernunft sei und lehnten daher jedes politische Engagement ab. Marx und Engels kritisierten diese Auffassung in der heiligen Familie als realitätsfern:

"Wie bei Hegel ist das Resultat der wirklichen Entwickelung nichts anderes als die bewiesene, d.h. zum Bewußtsein gebrachte Wahrheit. (...) Die absolute Kritik spricht von ‚Wahrheiten, die sich von vornherein von selbst verstehen‘. (...) Eine Wahrheit, die sich von selber versteht, hat für die absolute Kritik, wie für die göttliche Dialektik, ihr Salz, ihren Sinn, ihren Wert verloren. Sie ist fad geworden wie abgestandnes Wasser. Die absolute Kritik beweist daher einerseits alles, was sich von selbst versteht, und außerdem viele Dinge, die das Glück haben, unverständig zu sein, sich also niemals von selbst verstehen werden. Andrerseits versteht sich ihr alles das von selbst, was einer Entwickelung bedarf. Warum? Weil es sich bei wirklichen Aufgaben von selber versteht, daß sie sich nicht von selber verstehn."[5]

Bedeutung in Marx' Denken

Die heilige Familie ist eine Schrift des Übergangs in der Entwicklung von Marx' Denken. Während Marx hier noch Feuerbach verteidigt, zeigt die Niederschrift seiner Thesen über Feuerbach, kurz nach Erscheinen des Buches, dass er sich bereits von Feuerbach zu lösen begann. Dies geschah unter dem Eindruck der Feuerbach-Kritik in Max Stirners Buch Der Einzige und sein Eigentum, das Ende Oktober 1844 erschienen war.

In Die Heilige Familie behandelt Marx Stirner jedoch noch nicht. Erst ein Jahr später, als er das Konzept des Historischen Materialismus, also die Grundlage seiner eigenen Philosophie, entworfen hatte, kritisierte er auch ihn. Marx' Stirner-Kritik Sankt Max bestreitet mehr als die Hälfte des Textkonvoluts der Deutschen Ideologie, die er jedoch nicht veröffentlichte. [6]

Einzelnachweise

  1. Siehe die „Vorrede“ zum Buch, speziell den ersten Satz
  2. Der Textanteil Marx' von ungefähr „90%” ergibt sich aufgrund der Angaben im Inhaltsverzeichnis – Band 2 der MEW und Sonderausgaben –, wo zu jedem Kapitel der Autor genannt ist.
  3. Einer von Bauers diesbezüglichen Artikeln online ("Was ist jetzt Gegenstand der Kritik?")
  4. Gleichwohl ist sie aufgrund der Wirkungsmacht von Marx fast nur noch als „kritische Kritik“ – und auch nur noch als Phrase – bekannt.
  5. Karl Marx: Die heilige Familie, VI. Kapitel online
  6. Eine material- und kenntnisreiche Studie zu dieser Phase der Marxschen Theorieentwicklung ist: Wolfgang Eßbach: Die Bedeutung Max Stirners für die Genese des historischen Materialismus (1978) , u.d.T. Gegenzüge. Frankfurt/M.: Materialis 1982; vgl. a. das Standardwerk von Eßbach: Die Junghegelianer. München: Wilhelm Fink 1988; einen Abriss bietet: Bernd A. Laska: Den Bann brechen ! - Max Stirner redivivus. Teil 1: Über Marx und die Marxforschung In: Der Einzige. Vierteljahresschrift des Max–Stirner–Archivs Leipzig, Nr. 3 (11), 3. August 2000, S. 17–24

Ausgaben

  • Originalausgabe, Literarische Anstalt (J. Rütten). Frankfurt a. M. 1845, Online-Fassung auf books.google
  • Marx-Engels-Werke, Band 2, Seite 3-223, Karl-Dietz, Berlin, Online-Fassung auf mlwerke

Weblinks

 Commons: Die heilige Familie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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