Diederich Heßling

Diederich Heßling

Der Untertan ist ein Roman von Heinrich Mann. Das Manuskript wurde zwei Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 abgeschlossen. Der Roman erschien aber erst 1918 und provozierte nach seiner Veröffentlichung heftige Kontroversen.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der Roman erzählt von Diederich Heßling als Beispiel für einen bestimmten Typ Mensch in der damaligen deutschen Gesellschaft. Heßling ist obrigkeitshörig, feige und ohne Zivilcourage. Er ist ein Mitläufer und Konformist. Heinrich Mann erzählt mit ironischer Distanz Heßlings Lebensgeschichte von dessen Kindheit bis hin zur Sicherung seiner Stellung in der wilhelminischen Gesellschaft. Er wird dargestellt als Stammtischagitator, Herr über einen Betrieb und damit Kämpfer gegen das Proletariat, Beherrscher der Familie und intriganter Kumpan des im Grunde verhassten Sozialdemokraten Napoleon Fischer. An eine Kette solcher Episoden, denen Zitate aus Kaiserreden als Leitfaden dienen, wird Heßling einerseits als Tyrann dargestellt, dem die Hierarchie der Gesellschaft des Kaiserreichs Macht verschafft, andererseits als Untertan, der von der „Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus“ geprägt ist und unter ihm leidet.

Heßling identifiziert sich mit den Weltmachtambitionen der radikalen Nationalen, die den kommenden Weltkrieg herbeiwünschen. Bei der Einweihung eines kaiserlichen Denkmals, in der sich Heßling selber als Bürger der Zeit beschreibt, wird die Ordnung durch ein apokalyptisch anmutendes Gewitter aufgelöst. Als kritischen Gegensatz zu Heßling lässt Heinrich Mann als Darstellung des verkümmernden Liberalismus den Vater eines Freundes, den 1848er-Revolutionär Buck, im Angesicht Heßlings sterben.

Das Vorwort

„Dieses Buch wurde im Juli 1914 vollendet.“

Heinrich Mann beschrieb sehr deutlich, aus welchen Einstellungen heraus Deutschland in den verhängnisvollen Weltkrieg getrieben wurde.

Intention

Der Untertan persifliert die wilhelminische Epoche und besticht durch seine genaue Analyse der Situation der damaligen Zeit. Heinrich Mann diagnostiziert die nationalistische Politik sowie die Machtverhältnisse seiner Epoche unter der Regierung Wilhelms II.

Kritik

Während Thomas Mann seinem Bruder „ruchlosen Ästhetizismus“ vorwarf, lobte Kurt Tucholsky das Buch als „Herbarium des deutschen Mannes“. Die Debatte um die Repräsentativität des Untertan als Sinnbild des Wilhelminischen Reiches erhielt Auftrieb in den 1980er Jahren, als Hans-Ulrich Wehler (unterstützt von Ossip K. Flechtheim) die These formulierte, dass „kein Historiker [die Rolle des meinungsbildenden akademischen Bürgertums bei der Verbreitung eines so radikalen, antidemokratischen Nationalimus im Deutschen Kaiserreich] so eindringlich beschreiben konnte“ wie Heinrich Mann.

Adaptionen

Bildende Kunst

Der Maler Karl Hubbuch schuf 1923 eine gleichnamige Lithographie.

Film

1951 wurde der Roman von Wolfgang Staudte mit Werner Peters in der Hauptrolle erfolgreich verfilmt. Regisseur und Hauptdarsteller erhielten dafür den Nationalpreis der DDR. Staudtes Film wurde in der Bundesrepublik der Adenauer-Ära erst 1956 und auch dann nur in einer um 11 Minuten gekürzten Fassung freigegeben. Erst etwa dreißig Jahre später wurde er auch dort ungekürzt gezeigt. siehe: Der Untertan (Film)

Hörspiel

Der Westdeutsche Rundfunk produzierte den Roman 1971 als Hörspiel (Länge: 349 Minuten) in der Bearbeitung von Walter Andreas Schwarz und unter der Regie von Ludwig Cremer. Die Hauptrollen übernahmen Heinz Drache als Diederich Heßling und Heiner Schmidt und Walter Andreas Schwarz als Erzähler. Weitere Hauptfiguren sprachen: Heinz von Cleve: Herr Heßling, Irmgard Först: Frau Heßling, Walter Jokisch: Herr Göppel und Veronika Bayer: Agnes Göppel.

Literatur

Ausgaben

  • Heinrich Mann, Der Untertan, Frankfurt a.M. 2008 ISBN 978-3-596-13640-7

Sekundärliteratur

  • Schlewitt, Jörg, Heinrich Mann: Der Untertan. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 348). Hollfeld: Bange Verlag 2005. ISBN 978-3-8044-1741-0
  • Emmerich, Wolfgang, Heinrich Mann. Der Untertan, München 1980.
  • Alter, Reinhard, Heinrich Manns Untertan - Prüfstein für die "Kaiserreich-Debatte"?, in: Geschichte und Gesellschaft, 17(1991), S.370-389.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Diederich Hahn — Christian Diederich Hahn (* 12. Oktober 1859 in Osten (Oste); † 24. Februar 1918 in Hamburg Barmbek) war ein zunächst nationalliberaler, später konservativer deutscher Politiker und führender Funktionär und anti großkapitalistischer,… …   Deutsch Wikipedia

  • Diederich Hahn — Dr. Diederich Hahn Christian Diederich Hahn (né le 12 octobre 1859 à Osten (Oste) et décédé le 24 février 1918 à Hamburg Barmbek) est un homme politique et fonctionnaire allemand, national libéral à ses débuts avant de devenir …   Wikipédia en Français

  • Die Armen — Heinrich Mann im Jahr 1906 Die Armen ist ein Roman von Heinrich Mann. Der Text wurde im Sommer 1916 in Oberbayern konzipiert, bis zum April 1917 in München geschrieben und erschien im August desselben Jahres. Der Roman handelt 1913 und 1914 bis… …   Deutsch Wikipedia

  • Le Sujet de l'Empereur — Couverture de l édition allemande Le Sujet de l Empereur (en allemand Der Untertan) est un roman d Heinrich Mann écrit deux mois avant le déclenchement de la Première Guerre mondiale. Sommaire …   Wikipédia en Français

  • Le sujet de l'Empereur — Couverture de l édition allemande Le Sujet de l Empereur (en allemand Der Untertan) est un roman d Heinrich Mann écrit deux mois avant le déclenchement de la Première Guerre mondiale …   Wikipédia en Français

  • Der Untertan — ist ein Roman von Heinrich Mann. Das Manuskript wurde einen Monat vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 abgeschlossen. Der Roman erschien von Januar 1914 bis kurz nach Kriegsbeginn als Vorabdruck in Fortsetzungen in der Zeitschrift Zeit im… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Untertan (Film) — Filmdaten Deutscher Titel Der Untertan Produktionsland DDR …   Deutsch Wikipedia

  • El súbdito — Saltar a navegación, búsqueda Der Untertan Título El súbdito Ficha técnica Dirección Wolfgang Staudte Reparto Werner Peters como Diederich Hessling Paul Esser como Regierungspräsident von Wulckow Renate …   Wikipedia Español

  • Mensur (Studentenverbindung) — Georg Mühlberg: Auf die Mensur (um 1900, Paukanten mit Korbschläger und großem Abstand) …   Deutsch Wikipedia

  • Aktiver — Eine Studentenverbindung oder auch Studentenkorporation ist ein Verband von derzeitigen und ehemaligen Studenten einer Universität, Hochschule oder ähnlichen Institution, der Brauchtum und gewachsene Traditionen pflegt.[1] In Österreich und der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”