- Diogenes-Syndrom
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Als Diogenes- oder Vermüllungssyndrom, selten auch als Syllogomanie (griechisch συλλογομανία, Aussprache [jeweils altgriechische nach deutscher Tradition] süllogomanía, von συλλογή, süllogé, „Sammlung“ und μανία, manía, „Besessenheit“, „Wildheit“, „Manie“) wird eine komplexe psychische Störung bezeichnet, die zunächst durch eine Vernachlässigung der eigenen Erscheinung (Körperpflege), des Wohnbereichs, sozialen Rückzug und die Ablehnung von Hilfe durch andere gekennzeichnet ist.[1] Nicht alle Betroffenen schämen sich dieses Zustands, und nicht immer sammelt sich dabei Müll in der Wohnung an.[2]
Inhaltsverzeichnis
Namensgebung
Der Begriff „Vermüllungssyndrom“ wurde 1984 vom Hamburger Arzt und Psychoanalytiker Peter Dettmering eingeführt.
Im deutschen Sprachraum wird vor allem in der Laienpresse von einem Messie-Syndrom - von englisch mess, „Unordnung“, „Schwierigkeiten“ gesprochen; dazu das substantivierte Adjektiv messy, Plural messies .
Die Benennung des Vermüllungssyndroms nach Diogenes von Sinope (um 391/399–323 v. Chr.) ist insofern problematisch, als dem kynischen Philosophen eine solche Symptomatik nicht nachgewiesen werden kann. Er ist lediglich bekannt für seine Bedürfnislosigkeit und seine skeptische Haltung gegenüber gesellschaftlichen Konventionen und den Errungenschaften der Zivilisation.
„Ob es sich bei dem ‚Messietum‘ und dem Vermüllungs-Syndrom um das Gleiche handelt oder lediglich um zwei Phänomene mit einigen Überschneidungen und Berührungspunkten, ist unter Experten strittig.“ [3]
Symptomatik
Die Diagnose Vermüllungssyndrom beschränkt sich auf jene extremen Fälle, bei denen die Defizite in der Fähigkeit, die eigene Wohnung in Ordnung zu halten, ein Ausmaß annehmen, dass mehr oder weniger die gesamte Wohnung des Betroffenen mit Müll und wertlosen Gegenständen gefüllt ist bzw. „zuwächst“, da nichts mehr weggeworfen wird. Menschen, die an einem Vermüllungssyndrom leiden, haben die Fähigkeit verloren, wertlose Gegenstände auch emotional als solche zu erkennen und sich von ihnen zu trennen. Vielmehr horten sie unterschiedslos nahezu alles, was einmal in die Wohnung gelangt, meistens mit dem Vorsatz, irgendwann einmal aufzuräumen. Dies gelingt ihnen jedoch nicht.
Derartige Fälle machen ein Einschreiten der Behörden erst möglich, wenn es zur objektiven Einschätzung einer Fremd- oder Selbstgefährdung kommt, beispielsweise, wenn eine Krankenhauseinweisung auch dem Betroffenen klar macht, dass eine ausreichende Selbstversorgung ohne Annahme von Hilfe unmöglich geworden ist und eine Vertrauensbasis zu fachlich versierten Behandlern und Unterstützern aufgebaut werden konnte. Erst dies entlastet die Betroffenen wirklich, die damit aus einer für sie in der Regel beschwerlichen Situation befreit werden können.
Eine medizinisch bedeutsame Folge kann sein, dass die Zehennägel so weit auswachsen und sich dabei in Richtung Fußsohle verkrümmen, dass ein Gehen nicht mehr möglich ist.
Labormedizinisch können verschiedenste Mangelzustände nachzuweisen sein: Eisenmangel bis hin zur Eisenmangelanämie, Folsäure-, Vitamin B12-, Vitamin D-, Protein- und Albuminmangel, Hypokaliämie und Dehydratation.
Ursachen
Die dem Diogenes-Syndrom potenziell zu Grunde liegenden psychischen Störungen sind mannigfaltig. Es kann sich um eine Störung der exekutiven Funktionen im Rahmen einer Suchterkrankung, Zwangskrankheit, Depression, Persönlichkeitsstörung oder anderer psychischer Erkrankungen handeln. Demenz, Schizophrenie und das Prader-Willi-Syndrom sind hier zu nennen.
Therapie
Grundsätzlich richtet sich die Therapie nach der zugrundeliegenden Erkrankung oder Störung. In Fällen von Zwangs- und Impulsstörungen bietet sich u. a. eine kognitive Verhaltenstherapie an. [4] Jene Patienten, denen eine demenzbedingte Frontalhirnsymptomatik zugrunde liegt[5], dürften davon weniger profitieren.
Sonstiges
Der Schriftsteller E. L. Doctorow (* 1931) beschreibt in seinem Roman "Homer & Langley" die wahre Begebenheit von zwei Brüdern, die 1947 in einer zugemüllten New Yorker Villa umkamen.[6]
Literatur
- Andrés Herrán; José Luis Vázquez-Barquero: Treatment of Diogenes syndrome with risperidone, in: Aging, neuropsychology, and cognition 6 (1999), S. 96–98.
- Werner Hofmann: Das Diogenes-Syndrom. Leben zwischen allerlei Krimskrams, in: Geriatrie-Praxis 4 (1992), S. 59–60.
- Manuel Montero-Odasso; Marcelo Schapira; Gustavo Duque: Is collectionism a diagnostik clue for diogenes syndrome?, in: International journal of geriatric psychiatry]20 (2005), S. 709–711.
- Burton V. Reifler: Diogenes syndrome. Of omelettes and souffles, in: Journal of the American Geriatrics Society 44 (1996), S. 1484–1485.
Einzelnachweise
- ↑ Reyes-Ortiz CA.: Diogenes syndrome: the self-neglect elderly, in: Compr Ther. 2001
- ↑ Clark AN et al.: Diogenes syndrome. A clinical study of gross neglect in old age, in: Lancet. 1975
- ↑ Volker Faust: Einsam unter Müll, Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Gesundheit
- ↑ Arnd Barocka, Dietmar Seehuber und Dieter Schone: Die Wohnung als Müllhalde, in: MMW – Fortschritte der Medizin Nr. 45, 2004
- ↑ Beauchet O, et al.: Diogenes syndrome in the elderly: clinical form of frontal dysfunction? Report of 4 cases., in: Rev Med Interne. 2002
- ↑ Kiepenheuer & Witsch, 2011
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