Eisenmangel

Eisenmangel
Klassifikation nach ICD-10
E61.1 Eisenmangel
D50.0 Eisenmangelanämie nach Blutverlust (chronisch)
Posthämorrhagische Anämie (chronisch)
D50.1 Sideropenische Dysphagie
Kelly-Paterson-Syndrom
Plummer-Vinson-Syndrom
D50.8 Sonstige Eisenmangelanämien
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Eisenmangel oder Sideropenie (griechisch σίδηρος síderos „Eisen“ und πενία, penía „Mangel“) bedeutet einen Mangelzustand des Organismus an Eisen. Ein Eisenmangel ist häufig symptomlos. Treten die Symptome eines Eisenmangels vor der Anämie auf, spricht man von Sideropenie.

Inhaltsverzeichnis

Häufigste Ursachen

Die häufigsten Ursachen des Eisenmangels sind Mangelernährungen und Blutungen.

Säuglinge, die Milchersatzprodukte auf Kuhmilchbasis erhalten, zumindest wenn diese nicht mit Eisen angereichert sind, sind stärker gefährdet als gestillte Säuglinge, denn Kuhmilch ist eisenärmer als menschliche Muttermilch und weist eine deutlich schlechtere Resorptionsrate auf. Entgegen landläufiger Meinung erkranken Vegetarier nicht häufiger an Eisenmangelanämie als Mischköstler. Dabei sind im Zweifel Ovo-Lakto-Vegetarier stärker gefährdet als Veganer, da Kuhmilchprodukte nicht nur eisenarm sind, sondern ebenso wie Eier die Eisenresorption hemmen. Häufig wird behauptet, dies sei der Grund, warum Kalbfleisch so hell sei: Die Tiere werden in einem Alter, in dem sie in der Natur längst angefangen hätten zu äsen, fast ausschließlich mit Milch gefüttert. So bleibt ihnen der Eisengehalt des Grases und anderen Blattmaterials unzugänglich, und sie werden anämisch. Die Farbe des Fleisches ist jedoch hauptsächlich abhängig vom Gehalt an Myoglobin. Da Muskelzellen aber, im Gegensatz zu Erythrozyten, nicht nach 120 Tagen erneuert werden müssen, bleibt der Myoglobin-Gehalt des Muskels über lange Zeit konstant. Die Farbe des Fleisches ist daher eher abhängig von anderen Faktoren, wie genetischer Disposition, Alter, Bewegung und Schlachtgewicht.

Blutungen kommen bei Männern und Frauen häufig im Magen-Darm-Trakt, häufig auch als Blutungen von Tumoren vor, bei jungen Frauen kann auch eine zu starke Menstruation Ursache der Eisenmangelanämie sein. In der Schwangerschaft ist der Eisenbedarf sogar um fast 100 % erhöht. Auch regelmäßige Blutspender haben einen erhöhten Bedarf, da durch die Entnahme von etwa einem halben Liter Blut auch ca. 250 mg Eisen verloren gehen.

Krankheiten, die mittels häufiger, regelmäßiger Aderlässe behandelt werden wie etwa die Polycythaemia vera verursachen bei den Patienten gleichfalls einen Eisenmangel.

Symptome und Folgeerkrankungen

Folgende Symptome und Folgeerkrankungen gelten als typisch:[1]

Untersuchungsmethoden

Maßgeblich zum Ausschluss oder Beweis von Eisenmangel ist die Bestimmung des Ferritinwerts im Blut. Der Eisenwert ist hierfür nicht geeignet, weil er zu sehr schwankt.[2]

Behandlung

Lebensmittel Eisen (mg/100 g)
Petersilie, getrocknet 97,8
Grüne Minze, getrocknet 87,5
Brennnesseln, getrocknet 32,2
Schweineleber 22,1
Thymian, getrocknet 20,0
Zuckerrübensirup 13,0
Kakaopulver 12
Kürbiskerne 11,2
Schweineniere 10,0
Hirse 9,0
Sojabohnen 8,6
Leinsamen 8,2
Kalbsleber 7,9
Amaranth 7,6
Pfifferlinge 6,5
Blutwurst 6,4
Sonnenblumenkerne 6,3
Weiße Bohnen 6,1
Austern 5,8
Leberwurst 5,3
Aprikosen, getrocknet (geschwefelt) 5,0
Erbsen 5,0
Knäckebrot 4,7
Haferflocken 4,6
Spinat 4,1
Brennnessel 4,1
Corned Beef 4,1
Haselnuss 3,8
Vollkornbrot 3,3
Rindfleisch 3,2
Schweinefleisch 3,0
Geflügel 2,6

Vermehrtes Angebot von Eisen

Durch eine eisenreiche Ernährung kann einer Unterversorgung vorgebeugt werden. Sofern eine ausreichende Versorgung allein aus der Nahrung sichergestellt werden kann, ist eine Einnahme von Eisenpräparaten nicht anzuraten, denn diese können leicht überdosiert werden. Immer wieder kommt es auch zu schweren Vergiftungen, wenn kleine Kinder an solche Präparate gelangen und sie in großen Mengen zu sich nehmen. Ab ca. 500−1000 mg verzehrtem Eisen kann ein Kleinkind schwerwiegend vergiftet werden, 2000 bis 3000 mg können tödlich sein. Diesen Gehalt weisen bereits 20−30 hochdosierte (100 mg/Dosis) Kapseln oder Tabletten auf. Derartige Dosen lassen sich nicht durch die normale Nahrung erreichen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine Eisenzufuhr je nach Alter und Geschlecht von 10 mg - 12 mg/Tag. Für die Stillzeit werden 20 mg, während der Schwangerschaft 30 mg/Tag empfohlen. Bei Eisenmangel nimmt die Eisenaufnahme im Darm zu, bei hoher Eisenaufnahme sinkt sie ab. Bei zu hoher Eisenaufnahme kann diese körpereigene Regulierung allerdings nicht vor Eisenüberladung und/oder Vergiftung schützen.

Zu den Folgen der erhöhten Aufnahme eisenhaltiger Verbindungen im pflanzlichen Organismus siehe Eisentoxizität.

Verbesserte Resorption von Eisen

Eine indische Studie an 54 unter Eisenmangel leidenden vegetarischen Kindern zeigte, dass Eisenmangel durch verbesserte Vitamin-C-Zufuhr behandelt werden kann. Nachdem − ohne sonstige Änderung der Ernährungsgewohnheiten − 60 Tage lang zu Mittagessen und Abendessen 100 mg Vitamin C (Ascorbinsäure) zugegeben wurden, trat bei allen Probanden der mit Vitamin C versorgten Gruppe eine deutliche Besserung des Hämoglobinstatus ein. Die Mehrzahl dieser Kinder wurde sogar vollständig gesund.[3]

Die Menge von 100 mg Vitamin C ist beispielsweise in ca. 200 ml frisch gepresstem Orangensaft, 100 g Brokkoli oder wenigen Streifen roter Paprika enthalten, jedoch reicht auch die Hälfte aus, um eine große Steigerung der Resorption zu bewirken. Allerdings nur, wenn zwischen dem Verzehr von ascorbinsäurehaltigen Lebensmitteln und eisenreichen Lebensmitteln höchstens einige Stunden vergehen, das Vitamin C sich also noch im Verdauungstrakt befindet. Optimal ist die Einnahme zur gleichen Mahlzeit.

Förderstoffe der Eisenresorption

Allgemein sind dies also vor allem die Inhaltsstoffe von Früchten und Fruchtgemüsen sowie Kohlgemüse.

Hemmstoffe der Eisenresorption

Medikamentöse Therapie

Ein Eisenmangel kann mit Tabletten behandelt werden. Diese Tabletten enthalten Eisen in zweiwertiger Form (Fe2+, meist etwa 50−100 mg pro Tablette) und sollten typischerweise nüchtern 1- bis 2-mal täglich mit etwas Abstand zu den Mahlzeiten eingenommen werden. Hauptnebenwirkung solcher Tabletten sind mögliche gastrointestinale Beschwerden (Bauchschmerz). Falls diese Nebenwirkung auftritt, sollten verschiedene Tabletten-Präparate ausprobiert werden, da diese erfahrungsgemäß unterschiedlich gut vertragen werden. Außerdem färbt sich der Stuhlgang während der Einnahme von Eisentabletten dunkel, da der größte Teil des Eisens wieder ausgeschieden wird. Wenn ein ausgeprägter Eisenmangel besteht, müssen Eisentabletten über mehrere Monate hinweg täglich eingenommen werden, da sich die Eisenspeicher des Körpers nur langsam wieder füllen. Falls Eisentabletten nicht vertragen werden oder das Eisen im Darm nicht genügend resorbiert wird, kann Eisen auch als Infusion zugeführt werden. Hier gibt es verschiedene Formulierungen, z. B. als Eisengluconat oder Eisen(III)-hydroxid-Saccharose-Komplex (40−200 mg Eisen pro Infusion) oder neuerdings auch als Eisen-Carboxymaltose (500−1000 mg Eisen pro Infusion). In der Regel sind mehrere Infusionen zur Behebung des Eisenmangels nötig.

Vegetarische Ernährung und Eisen

Die wichtigsten Eisenquellen bei nichtvegetarischer Ernährung stellen Fleisch, Wurst und Leber dar, denn Milch und Eier hemmen die Aufnahme. Weißmehlprodukte weisen bei zwar guter Resorptionsrate einen Eisengehalt von nur ca. 10 % des Gehalts in Vollkornmehl auf.

Vegetarier benötigen andere Eisenquellen. Eine Vielzahl pflanzlicher Nahrungsmittel enthält mitunter sehr viel Eisen, vor allem Gewürze (wie getrockneter Koriander, Petersilie, schwarzer Pfeffer und Zimt), Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Ölsaaten (z. B. Sesam und Mohn) und Nüsse. Beispielsweise enthalten weiße Bohnen und Sojabohnen auf 100 kcal bis zu achtmal so viel Eisen wie Rindfleisch, Zimt sogar mehr als die zwanzigfache Menge. Gleichzeitig reagiert Nonhäm-Eisen, wie es in pflanzlichen Lebensmitteln, Milch und Eiern vorkommt, stärker auf gleichzeitig in der Nahrung aufgenommene Förder- und Hemmstoffe sowie auf die Regulationsmechanismen des Körpers.

Durch mikrobielle Fermentation wird der Phytinsäuregehalt von Lebensmitteln reduziert, wodurch die Resorptionsrate von Eisen und Zink steigt. Deswegen sind unter Hefeteigführung und speziell Sauerteigführung gebackene Vollkornbrote eine bessere Eisenquelle als mit mineralischen Backtriebmitteln hergestellte Brote.

Beispiele für Kombinationen mit gutem Eisenangebot und Gehalt an Stoffen, die die Eisenresorption fördern
  • Bohneneintopf (eisenreiche Hülsenfrüchte) mit Kartoffeln und Paprika (ascorbinsäurehaltig)
  • Bohnenpfanne mit Sauerkraut (Ascorbinsäure + Milchsäure)
  • Vollkorn-Sauerteigbrot (eisenreich, Milchsäure) mit Hagebuttenmarmelade (Ascorbinsäure + Zucker)
  • Hummus enthält Kichererbsen, Sesam und oft Petersilie (alle eisenreich) + Zitronensaft (Ascorbinsäure)

Literatur

  • A. Draper, E. Wheeler: The diet and food choice of vegetarians in Greater London. Centre of Human Nutrition, London 1989.
  • B. Anderson, et al.: The iron and zinc status of long-term vegetarian women. In: American Journal of Clinical Nutrition. 6/34/1981, S. 1042–1048 PMID 7234735.
  • S. Seshadri, A. Shah, S. Bhade: Haematologic response of anaemic preschool children to ascorbic acid supplementation. Hum Nutr Appl Nutr. 1985 Apr;39(2) PMID 4019257.
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2007.

Einzelnachweise

  1. Herold: Innere Medizin. Köln 2007, S. 24.
  2. Thomas, Lothar et. al: Neue Parameter zur Diagnostik von Eisenmangelzuständen: Schlusswort. In: Dtsch Arztebl 2005; 102 (42): A-2878. Bundesärztekammer, 25. August 2009, abgerufen am 20. September 2010 (pdf, 35 kB): „Ferritin ist bei Verdacht auf Eisenmangel immer zu bestimmen; der Eisenwert (ist) zur Diagnose der Eisenmangelanämie obsolet“.
  3. S. Seshadri, A. Shah, S. Bhade: Haematologic response of anaemic preschool children to ascorbic acid supplementation. Hum Nutr Appl Nutr. 1985 Apr;39(2):151–4. PMID 4019257.

Siehe auch

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