Labormedizin

Labormedizin

Die Laboratoriumsmedizin („Labormedizin“) ist ein diagnostisches Fachgebiet der Medizin an der Schnittstelle zu naturwissenschaftlichen Fächern wie z. B. der Chemie oder Molekularbiologie.

In Deutschland gibt es eine spezielle ärztliche Weiterbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin, während das Fach in Großbritannien z. B. der Pathologe alsPathologist“, in Frankreich der Biologe alsBiologistvertritt. Im Rahmen der Harmonisierung der europäischen Weiterbildungsordnungen wird an einer Vereinheitlichung gearbeitet, die aber wegen langer nationaler Traditionen mit entsprechenden Berufsordnungen nicht einfach sein dürfte.

Inhaltsverzeichnis

Tätigkeitsfelder

Laborärzte sind fächerübergreifend für nahezu alle medizinische Disziplinen, v.a. aber für die Allgemeinmedizin und Innere Medizin tätig. Sie erstellen Laborbefunde für die Diagnostik und Stadieneinteilung von Krankheiten, Verlaufs- Therapiekontrolle sowie die Prävention. Neben der eigentlichen Analytik organisieren sie Probenvorbereitung inkl. Transport ins Labor (Präanalytik) sowie die Rückübermittlung der Laborbefunde zum anfordernden Arzt inkl. Datenfernübertragung und Beratung (Postanalytik).

Schwerpunkte der laborärztlichen Tätigkeit sind u. a. Klinische Chemie und Immunchemie, Hämatologie (Erkrankungen des Blutes) und Hämostaseologie (Störungen der Blutgerinnung), Mikrobiologie und Infektionsserologie, Transfusionsmedizin und Humangenetik. Für einige dieser Disziplinen gibt es eigene Facharzt- oder Zusatzbezeichnungen sowie naturwissenschaftliche Zertifikate (z. B. Klinischer Chemiker).

Der Facharzt für Laboratoriumsmedizin

Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Laboratoriumsmedizin tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildungszeit:

Auf die Labormedizin anrechenbar sind

Drei Jahre dürfen bei einem niedergelassenen Arzt abgeleistet werden.

Im Normalfall kommt ein Patient mit dem Laborarzt kaum persönlich in Kontakt, es sei denn für Blutentnahmen und Gewinnung anderer Untersuchungsmaterialien wie z. B. Knochenmark, Gehirn- und Gelenkflüssigkeiten, Sperma und Stuhl. Allerdings bieten Laborärzte oft Schulungen und Beratungen an, z. B. im Rahmen der Blutzuckerselbsttestung, Humangenetik, Tropen- oder Präventivmedizin.

Statistiken

Registrierte Laborärzten in Deutschland am 1. Januar 2001
  • Am 1. Januar 2001 waren 1.223 Fachärzte für Laboratoriumsmedizin registriert, von denen 466 niedergelassen waren. 324 übten keine ärztliche Tätigkeit aus.
  • Die Laboratoriumsmedizin unterliegt nicht der Zulassungssperre im Rahmen der kassenärztlichen Bedarfsplanung.

Nur 160 von über 2000 Krankenhauslaboratorien werden von Laborärzten geleitet (Stand 2005). Die übrigen unterstehen in der Regel einem Facharzt für Innere Medizin, in dessen Auftrag eine Medizinisch-Technische Assistentin oder ein Klinischer Chemiker tätig ist. Niedergelassene Laborarztpraxen müssen dagegen immer von einem Facharzt für Laboratoriumsmedizin geleitet werden.

Wie auch in anderen Facharztbereichen nimmt die Zahl der Laborärzte durch die Überalterung der Bevölkerung und den Nachwuchsmangel in der Medizin derzeit ab.

Normalbereiche

Normalbereiche werden typischerweise an einer großen Zahl von offensichtlich Gesunden erhoben. Als so genannte Normalwerte gibt man die Ober- und Untergrenzen des Bereichs an, in dem sich 95 % aller Messwerte befinden. Ein Wert außerhalb des Normalbereichs bedeutet deshalb nicht automatisch, dass die entsprechende Person krank ist, ganz im Gegenteil: Jeder 20. Wert muss definitionsgemäß bei Gesunden außerhalb der angegebenen Grenzen liegen.

Da die Normalbereiche auch stark von der verwendeten Methodik, der untersuchten Population etc. abhängen, sind die in dieser Tabelle aufgeführten Grenzwerte nur als Anhaltswerte zu verstehen. Für die Bewertung von Laborbefunden ist die spezifische Tabelle des jeweiligen Arztes gültig und im Zweifelsfall eine persönliche ärztliche Interpretation erforderlich.

Referenzbereiche und Entscheidungsgrenzen

Umgekehrt weisen alle Normalbereiche mehr oder weniger starke Überlappungen mit den Werten auf, die bei Kranken erhalten werden. Ihre Messwerte hängen z. B. von Art, Stadium, Schwere und Behandlung der jeweiligen Erkrankung ab: So besagt der Spiegel des Tumormarkers PSA z. B. durchaus etwas über die Gesamtgröße der Prostata, jedoch so gut wie nichts über die gut- oder bösartigen Ursachen einer eventuellen Vergrößerung. Um eine optimale Trennung zwischen Gesunden und Kranken zu erhalten, benötigt man deshalb für jede medizinische Fragestellung spezielle Referenzbereiche und Entscheidungsgrenzen: Möchte man z. B. bei der Testung einer Blutkonserve eine HIV-Verseuchung unbedingt ausschließen, so wird man die obere Entscheidungsgrenze des Tests extrem niedrig setzen (selbst auf die Gefahr hin, dass viele scheinbar verdächtige Proben dadurch verworfen werden müssen), während man für denselben Test bei einer Reihenuntersuchung einen vergleichsweise höheren Grenzwert ansetzen wird, um Gesunde nicht mit falschem AIDS-Alarm zu konfrontieren.

Anhaltswerte

Klinische Chemie

Wert Allgemein Frau Mann Einheit
Natrium 135145 mmol/l
Kalium 3,65,0 mmol/l
Calcium 2,22,6 mmol/l
Chlorid 95110 mmol/l
Magnesium 0,71,0 mmol/l
Glucose 3,335,55 mmol/l
Harnstoff-N 2045 mg/dl
Kreatinin 0,81,2 0,91,4 mg/dl
Kreatinin-Clearance >85 >95 ml/min
Harnsäure 2,06,8 mg/dl
Gesamteiweiß 6,08,0 g/dl
Triglyceride 60180 mg/dl
Cholesterin 140200 mg/dl
Eisen 60160 80180 μg/dl
Ferritin 35217 23110 35217 μg/l
Myoglobin ca < 70 1956 2198 ng/ml
Troponin 0,010,08 ng/ml
Bilirubin gesamt < 1,2 mg/dl
Fructosamin 2,02,8 mmol/dl
Bilirubin direkt <0,3 mg/dl
Osmolalität 280300 mosm/kg
HDL >42 >35 mg/dl
LDL <155 mg/dl
Ammoniak 2065 2880 μg/dl
Lactat <16 mg/dl
Blutalkohol 0
Phosphor 2,54,6 mg/dl
Hämoglobin 12-15,5 14-17,5 g/dl

Enzyme

Alle Enzym-Aktivitäten (Analysen mit der Einheit U/l) sind temperaturabhängig.

In Deutschland gelten seit dem 1. April 2004 die neuen Referenzwerte bei 37 °C.

Wert Allgemein Frau Mann Einheit
ALT/GPT (25 °C) <19 <23 U/l
ALT/GPT (37 °C) <50 U/l
AST/GOT (25 °C) <15 <19 U/l
AST/GOT (37 °C) <52 U/l
Alkalische Phosphatase (25 °C) 60170 70175 U/l
Alkalische Phosphatase (37 °C) <105 <130 U/l
CHE (25 °C) 35008500 U/l
CHE (37 °C) 490012000 U/l
CK (37 °C) <167 <190 U/l
Gamma-GT (25 °C) 418 628 U/l
Gamma-GT (37 °C) <39 <66 U/l
LDH (25 °C) 266500 U/l
LDH (37 °C) <245 U/l
Lipase (37 °C) <60 U/l
Pankreas-Amylase (37 °C) <53 U/l

Gerinnung

Wert Einheit
Quick 70100  %
INR 1,00
PTT 2636 s
PTZ 1421 s
Fibrinogen 180350 mg/dl
AT3 70120  %
PFA-Verschlusszeit, Collagen/Epinephrin 85165 s
PFA-Verschlusszeit, Collagen/ADP 71118 s

Differentialblutbild

Leukozyten, allgemein 4-10 /nl
Neutrophile Granulozyten, stabkernig 35  %
Neutrophile Granulozyten, segmentkernig 5070  %
Basophile Granulozyten 01  %
Eosinophile Granulozyten 24  %
Lymphozyten 2045  %
Monozyten 28  %
Anisozytose negativ
Polychromasie negativ
Retikulozyten 715

Entzündungsfaktoren

Wert Allgemein männlich weiblich Säuglinge
CRP < 0,5 < 1,0 mg/dl
α-1-Antitrypsin 83199 mg/dl
Fibrinogen 150450 < 1,0 mg/dl
Blutsenkung < 15 < 25 mm/h

Medikamente

Digoxin 0,82,0 mikrog/l
Digitoxin 1030 mikrog/l
Theophyllin 820 mg/l

Hormone und Diabetes mellitus

FT3 2,25,5 pg/ml
FT4 0,61,8 ng/dl
TSH basal 0,42,5 mU/l
TRH-Test 225 mU/l
Beta HCG < 10 I.U./l
Insulin 1,610,8 mU/l
Insulin OGTT
Fructosamin 2,02,8 mmol/dl
HbA1c 4,26,2  %

Tumormarker

  • PSA    < 4,0 ng/ml
  • CEA    < 5,0 ng/ml
  • AFP    < 8,3 IU/ml
  • CA 19-9    < 3740 kU/l

Blutgasanalyse

pH 7,377,45
pCO2 3545 mmHg

Proteine

IgE <100 IU/ml
IgG 7001600 mg/dl
IgA 70400 mg/dl
IgM 40230 mg/dl
Transferrin 200360 mg/dl

Elektrophorese

Albumin 55,368,9  %
Alpha1-Globulin 1,65,8  %
Alpha2-Globulin 5,911,1  %
Beta-Globulin 7,913,9  %
Gamma-Globulin 11,418,2  %

Richtwerte im Urin

  • Leukozyten < 25     Leu/μl (bzw. Einheit Gpt/l [= Giga-Parts pro liter])
  • Erythrozyten < 2 Erythrozyten/μl
  • Plattenepithelien  bis 15 pro Gesichtsfeld
  • Rundepithelien  keine
  • Bakterien  keine
  • Nitrit    0    mg/dl
  • pH-wert   4,67,5
  • Eiweiß   < 10 mg/dl
  • Glucose  0 mg/dl
  • Keton   0 mg/dl
  • Bilirubin   0 mg/dl
  • Urobilinogen   0 mg/dl
  • Stuhl auf Blut      negativ

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schweizerische Union für Labormedizin — Die Schweizerische Union für Labormedizin (SULM) ist die Dachorganisation aller Schweizer Gesellschaften die im Bereich der Labormedizin aktiv sind. Sie wurde 1990 gegründet und bezweckt „als Dachverband die schweizerischen Institutionen und… …   Deutsch Wikipedia

  • Haematokrit — zwei Blutproben, rechts frisch abgenommen, links mit sedimentierten zellulären Bestandteilen. Dieser Anteil stellt den Hämatokrit dar Hämatokrit (Abkürzung: Hct, Hkt oder Hk) bezeichnet den Anteil aller zellulären Bestandteile am Volumen des… …   Deutsch Wikipedia

  • Hematocrit — zwei Blutproben, rechts frisch abgenommen, links mit sedimentierten zellulären Bestandteilen. Dieser Anteil stellt den Hämatokrit dar Hämatokrit (Abkürzung: Hct, Hkt oder Hk) bezeichnet den Anteil aller zellulären Bestandteile am Volumen des… …   Deutsch Wikipedia

  • Hämatokritwert — zwei Blutproben, rechts frisch abgenommen, links mit sedimentierten zellulären Bestandteilen. Dieser Anteil stellt den Hämatokrit dar Hämatokrit (Abkürzung: Hct, Hkt oder Hk) bezeichnet den Anteil aller zellulären Bestandteile am Volumen des… …   Deutsch Wikipedia

  • Laboratoriumsmedizin — Die Laboratoriumsmedizin („Labormedizin“) ist ein diagnostisches Fachgebiet der Medizin an der Schnittstelle zu naturwissenschaftlichen Fächern wie z. B. der Chemie oder Molekularbiologie. In Deutschland gibt es eine spezielle ärztliche… …   Deutsch Wikipedia

  • Packed cell volume — zwei Blutproben, rechts frisch abgenommen, links mit sedimentierten zellulären Bestandteilen. Dieser Anteil stellt den Hämatokrit dar Hämatokrit (Abkürzung: Hct, Hkt oder Hk) bezeichnet den Anteil aller zellulären Bestandteile am Volumen des… …   Deutsch Wikipedia

  • Blutuntersuchung — Die Laboratoriumsmedizin („Labormedizin“) ist ein diagnostisches Fachgebiet der Medizin an der Schnittstelle zu naturwissenschaftlichen Fächern wie z. B. der Chemie oder Molekularbiologie. In Deutschland gibt es eine spezielle ärztliche… …   Deutsch Wikipedia

  • Creatinin — Strukturformel Allgemeines Name Kreatinin Andere Namen 2 Amino 1 methylimidazolidin 4 on 2 Amino 1,5 di …   Deutsch Wikipedia

  • Kreatinin — Strukturformel Allgemeines Name Kreatinin Andere Namen …   Deutsch Wikipedia

  • Laborwert — Die Laboratoriumsmedizin („Labormedizin“) ist ein diagnostisches Fachgebiet der Medizin an der Schnittstelle zu naturwissenschaftlichen Fächern wie z. B. der Chemie oder Molekularbiologie. In Deutschland gibt es eine spezielle ärztliche… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/819090 Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”