- Dispersionsfarbe
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Als Dispersionsfarben bezeichnet man zähflüssige Anstriche, die aus einer chemischen Dispersion (meistens einer Emulsion) aus Binde- und Lösungsmitteln, Farbmitteln (meistens Pigmenten) und Zusatzstoffen bestehen. In diesem allgemeinen Sinn handelt es sich bei der Mehrzahl der flüssigen Anstriche (Lacke, Farben) um Dispersionen. Umgangssprachlich ist damit handelsübliche Wandfarbe gemeint, wie sie palettenweise in jedem Baumarkt steht. Genau genommen handelt es sich dabei allerdings um Kunstharzdispersionsanstriche.
Daneben gibt es auf dem Markt noch ähnlich aufgebaute Produkte, die statt synthetischen und mineralölhaltigen Zutaten vor allem Pflanzenöle verwenden und als Naturdispersionsfarben bezeichnet werden.
Inhaltsverzeichnis
Wirtschaftliche Bedeutung
In Deutschland wurden im Jahr 2008 etwa 890.000 Tonnen Dispersionsfarben und -lacke produziert. Der Gesamtverkaufswert dieser Produkte betrug 1,28 Milliarden €. Die produzierte Menge verteilt sich auf Dispersionsfarben für die Innenanwendung (70 %), Dispersionsfarben für die Fassadenanwendung (18 %) und Dispersionslacke (12 %). Bezogen auf den Verkaufswert der Produkte betragen die Anteile 53 %, 20 % und 27 %.[1]
Kunstharzdispersionsanstriche
Kunstharzdispersionsanstriche (auch Kunststoffdispersionsanstriche, -farben, oder -dispersionen) sind Wandanstriche, die in der Regel aus einer Dispersion aus Kunstharz und Wasser bestehen. Für den Innenbereich sind sie in der DIN EN 13300 normiert, solche für den Außenbereich in der DIN EN 1062.
Bestandteile
Hauptbestandteile sind typischerweise Wasser als Verdünnungsmittel, aus Mineralöl gewonnene Kunstharze oder ähnliche Kunststoffe als Bindemittel, Farbstoffe oder Pigmente, für Weiß meist Titandioxid sowie Füllstoffe wie Calciumcarbonat, Silikate und Quarzmehl. Zusätzlich kommen Hilfsstoffe (sogenannte Additive) zum Einsatz, die die technologischen und Anwendungseigenschaften verbessern. Solche Zusätze sind beispielsweise Stabilisatoren, Entschäumer, Verdickungsmittel, Konservierungsmittel, Lösungsmittel. Bei den verwendeten Kunstharzen handelt es sich um Acrylate oder Polyvinylacetat (mit dem letzteren werden die sogenannten Latexfarben produziert). Kunstharzdispersionswandfarben mit besonders hoher Wasserfestigkeit, für den Außen- und Fassadenbereich sowie für Feuchtbereiche im Hausinneren enthalten einen erhöhten Anteil an Kunstharz. Auch Kunstharzdispersionsfarben mit dekorativen Zusätzen wie Glitter werden oft als Latexfarben bezeichnet.
Feste Farbe
Neben flüssiger Kunstharzdispersionsfarbe gibt es thixotrope (sogenannte kompakte) Anstriche, bekannt unter dem Namen Feste Farbe®. Durch ihre Thixotropie sollen sie beim Streichen weniger klecksen und spritzen. Kompakte Farben haben an Marktbedeutung verloren, da sie sich aufgrund der viskosen Eigenschaften schwer streichen lassen.
Abtönung
Mit Vollton-, Abtönfarbe oder Pigmentpräparationen lassen sich weiße Dispersionsfarben einfärben. Pigmentpräparationen sind vordispergierte, bindemittelfreie Produkte, die allein verwendet keinen Film bilden. Solche Zusätze werden meist für automatische Systeme, sogenannte Tönsysteme verwendet. Es existieren jedoch auch wenige Hersteller, die Pigmentpräparationen für den professionellen Bereich anbieten.[2] Vollton- und Abtönfarben sind fertige Anstrichmittel, die Filmbildner enthalten. Vollton- und Abtönfarben werden üblicherweise für die manuelle Abtönung im „Do-it-yourself“-Bereich verwendet.
Fertig abgetönte Farben sind mittlerweile in allen Fach- und Baumärkten erhältlich. Die Farben werden entweder vor Ort computergesteuert gemischt (Point-of-Sale-Tinting) oder aber bereits ab Werk abgetönt (In-Plant-Tinting oder Werkstönung) angeliefert. In manchen Ländern, wie den Vereinigten Staaten, ist das Point-of-Sale-Tinting zum Standard geworden. Im Handel nicht nur in Baumärkten, sondern auch in Einzelhandelsketten wie Wal-Mart. Speziell die Tönung kleiner Mengen erfordert eine hohe Dosiergenauigkeit, sowie eine exakte Einstellung der verwendeten Pigmentpräparationen. Prinzipiell können manuell und automatisch dieselben Pigmente verwendet werden, so dass dasselbe Echtheitsniveau der resultierenden Farbtöne erreicht wird. In der Praxis ist man jedoch bei Dosierautomaten auf eine begrenzte Auswahl von Pigmenten angewiesen, die darüber hinaus alle angebotenen Produktarten abdecken müssen. Die Farbtongenauigkeit von automatischen Dosiersystemen hängt stark von der Anzahl und der Art der vorgegebenen Pigmente ab, sowie von den im Mischer hinterlegten Farbtonformulierungen.[3][4]
Umweltverträglichkeit
Das Umweltbundesamt bescheinigt Kunstharzdispersionsfarben im Allgemeinen eine hohe Umweltverträglichkeit. Für die Kennzeichnung mit dem Blauen Engel gilt für Innenprodukte neben anderen Grenzen ein Grenzwert von max. 700 ppm VOC (Volatile Organic Compounds)[5]. Diese Begrenzung ist weitaus niedriger als die von der EU in der sogenannten Decopaint-Richtlinie vorgegebene Grenze von 100 g/l (ab 2007) und 30 g/l (ab 2010)[6][7]. Bei Systemen, die mit dem Blauen Engel gekennzeichnet werden, kann davon ausgegangen werden, dass nahezu keine flüchtigen Stoffe abgegeben werden.
Hygienische Aspekte
Dispersionsfarben enthalten in der Regel Konservierungsmittel und auch Biozide. Diese können bei der Anwendung zu allergischen Reaktionen führen. Mithilfe geeigneter mineralischer Zusätze können Farben auch ohne Biozide stabilisiert werden. Sie sind dann hygienisch unbedenklicher und werden zur Herstellung (Beschichtung) von Lebensmittelverpackungen (Lebensmittelzulassung) verwendet. Im Handel sind diese Farben erhältlich und entsprechend gekennzeichnet und vorzugsweise als Wandfarben für Kinderzimmer oder Krankenhäuser geeignet.
Naturdispersionsanstriche
Naturdispersionsanstriche oder -farben bieten die gleichen Vorteile wie Kunstharzdispersionsanstriche, bestehen aber ausschließlich oder zum größten Teil aus natürlichen, nicht-synthetischen Zutaten - wobei der Unterschied zwischen natürlich und künstlich typischerweise fließend ist. Typischerweise wird Kunstharz durch Pflanzenöle wie Leinöl oder Rizinusöl, und das Titandioxid durch mineralische Pigmente ersetzt. Naturdispersionsfarben sind in der Regel teurer als herkömmliche Farben auf Kunstharzbasis. Sie weisen teils eine niedrigere, teils aber auch eine höhere Luftbelastung auf als vergleichbare Kunstharzdispersionen.
Eigenschaften
Nach dem Auftrag entsteht im Raum ein leichter Geruch des Naturöls, der jedoch nach einiger Zeit (bei guter Lüftung) nachlässt. Ob er als angenehm oder unangenehm empfunden wird, hängt von der individuellen Wahrnehmung ab. Das Naturöl (vor allem Leinöl) kann zu einer Vergilbung führen, dabei werden weiße Wände gelbstichiger. Diese Umfärbung geschieht gleichmäßig und fällt so kaum auf. Das Entstehen von Staubrändern an Bilderrahmen ist deutlich geringer als bei Kunstharzdispersionen, da keine statische Aufladung entsteht.
Emulsionsfarben
Weil die Begriffe Dispersionsfarbe und Kunstharzdispersionsfarbe mittlerweile nahezu synonym gebraucht werden, werden andersartige Dispersionsanstriche als Emulsionsfarben bezeichnet. Die bekannte Plakafarbe von Pelikan wird vom Hersteller nach dem verwendeten Bindemittel beispielsweise als Casein-Emulsionsfarbe bezeichnet.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Produktionsstatistik für Farben und Lacke in Deutschland im Jahr 2008; Farbe und Lack 06/2009; Seite 12
- ↑ http://www.mixol.de/de/techninfo/abtoenprogramm/allgemein/allgemein_index.html
- ↑ H.-A. Brand; Passen die Pasten; Farbe & Lack 03/2005
- ↑ Frischzellenkur für die Mischanlage; Farbe & Lack 04/2007
- ↑ RAL UZ 102
- ↑ Richtlinie 1999/13/EG
- ↑ Richtlinie 2004/42/EG
Kategorien:- Beschichtung (Baustoff)
- Farbmitteltechnik
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