- Dom von Siena
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Der Dom von Siena (ital. Cattedrale di Santa Maria Assunta) ist die Hauptkirche der Stadt Siena in der Toskana. Heute ist das aus charakteristischem schwarzem und weißem Marmor errichtete Bauwerk eines der bedeutendsten Beispiele der gotischen Architektur in Italien.
Inhaltsverzeichnis
Baugeschichte
Der Dom entstand aus einer dreischiffigen romanischen Basilika. Heute präsentiert sich der Bau immer noch als solche, jedoch mit gotisch erhöhtem und eingewölbtem Mittelschiff, kompliziertem, mehrschiffigen Querhaus und einem gotischen Chor. Romanisch blieb die unregelmäßig sechseckige Kuppel über der Vierung, die für viele der Unregelmäßigkeiten des Baues verantwortlich ist. Baubeginn war 1229. 1263 wurde der Dom größtenteils fertiggestellt. Die Errichtung des rund 77 m hohen Glockenturms zog sich noch bis ins Jahr 1313 hin.
Eine letzte Vergrößerung wurde 1339 begonnen, aber wegen Geldmangel und Problemen mit der Statik nie zu Ende geführt; heute sind nur Nordseitenschiff und Fassade des „Duomo Nuovo“ zu sehen, die die Großartigkeit des unvollendeten Plans andeuten. Die Kirche, die den heutigen Dom als Querhaus weitergenutzt hätte, sollte in den Dimensionen Alt St. Peter, damals eine der größten Kirchen der Welt, übertreffen. 1357 wurden nach dem Wüten der Pest in Siena die Arbeiten an der Kathedrale eingestellt.
Als Gründe dafür werden in der Literatur Dürreperioden, Hungersnöte, Bankkonkurse und Seuchen, außerdem die Unzulänglichkeit des Bodens angegeben.[1][2] So ganz ausreichend scheinen diese Erklärungen aber nicht zu sein, denn ungefähr gleichzeitig haben sich die Florentiner entschlossen, ihren unfertigen Dom mit einer Kuppel von ungeheuerer Größe zu bekrönen, von der man damals nicht wusste, wie das zu schaffen sein würde. Florenz war damals eine sehr selbstbewusste Stadt, die sich viel zutraute, Sienas Glanzzeit und Kraft waren vorbei. Außerdem konnte eine große Stadt wie Florenz die Folgen der Pest besser überwinden als eine kleine wie Siena.
Architektur
Fassade
Die dreiachsige Westfront mit spitzen Dreiecksgiebeln ist dekoriert durch eine Reihe von Säulen, Statuen und eingelegtem Marmor. Sie soll von Giovanni Pisano begonnen worden sein, datiert aber tatsächlich nach 1370. Sie wurde 1380 vollendet und erinnert an die frühere, von Orvieto begonnene Fassade 1310.
Die häufig in der Literatur zu lesende angebliche „Übernahme des französischen Skulpturenprogramms“ ist ohne weiteres so nicht stichhaltig. Das gotische Skulpturenprogramm in Frankreich und Deutschland ist auf die gesamte untere Hälfte der Fassade verteilt, mit Schwerpunkt an den Eingangsportalen, also auf der Bodenebene. Bei den italienischen gotischen Fassaden fangen die Figuren erst im Obergeschoss an und hängen dadurch über. Man hat fast den Eindruck als sei die Kirche als romanisches Bauwerk konzipiert und begonnen worden und man habe sich erst ab dem zweiten Obergeschoss entschieden, gotisch weiterzubauen.
Der Campanile stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und ist in Anlehnung an pisanisch-lombardische Glockentürme der Romanik gestaltet.
Innenausstattung
Kanzel und andere bildhauerische Werke
Augenfällig unter den Kunstschätzen im Inneren ist die achteckige Kanzel von Niccolò Pisano (oder Nicola Pisano) von 1266 bis 1268. Sie ruht auf Säulen, die von Löwen gestützt werden. Zahlreiche Statuen und Bas-Reliefs von Renaissance-Künstlern, wie die Pecci-Grabplatte von Donatello, zieren die Altäre und Kapellen.
Mosaikfussboden
Der Bodenbelag der Kathedrale ist in seiner Art nahezu einmalig. Es handelt sich um kunstvoll gravierte Marmorplatten, sowie um Intarsienarbeiten in Farbe und Schwarzweiß. Vom 14. bis hin ins 16. Jahrhundert entstanden hier nach Entwürfen von 40 zum Teil heute noch berühmter Künstler ihrer Zeit mehr als 50 Panele, die den ganzen Fußboden des Doms bedecken. Es werden Szenen mit biblische Themen, aber auch Allegorien zu Weisheit und Tugenden aus der Antike dargestellt, sowie weiter auch Propheten und Sibyllen als gemeinsame Künder des Messias. Als eine der schönsten Arbeiten können unterhalb der Kuppeln, die Szenen aus der Geschichte von Abraham, Moses und Elija gelten, sie stammen von Domenico Beccafumi, der auch andere Szenen gestaltete.
Chorgestühl und Fenster
Das Chorgestühl ist ebenfalls erwähnenswert: die älteren Partien (aus dem originalen Chor) sind mit Intarsienarbeiten verziert; die anderen aus dem 16. Jahrhundert sind nach Zeichnungen von Riccio geschnitzt.
Das Chorfenster (heute befindet sich das Original im Dommuseum) wurde von Duccio di Buoninsegna entworfen.
Piccolomini-Bibliothek
Die Piccolomini-Bibliothek, die an den Dom angrenzt, wurde von Kardinal Francesco Piccolomini (später Pius III.) zu Ehren seines Onkels Pius' II. gegründet. Hier befinden sich Pinturicchios berühmte Fresken mit Szenen aus dem Leben des späteren Papstes und eine Sammlung von Chorbüchern (auf gemeißelten Tischen) mit Malereien von Sieneser und anderen Künstlern.
Baptisterium
In das Baptisterium San Giovanni, das in den Substruktionen des Domchores eingerichtet ist (1325 war der Anbau fertig), tritt man über eine äußere Flucht von Marmortreppen von 1451. Die schöne, aber unvollständige Fassade, wurde von Giovanni di Mino del Pellicciaio 1382 entworfen. Im Inneren befindet sich ein Taufbecken mit Bronze-Reliefs von Donatello, Ghiberti, Jacopo della Quercia und anderen Bildhauern des 15. Jahrhunderts. Die Fresken der Gewölbe führte der Sieneser Maler Vecchietta aus.
Museo dell’Opera del Duomo
Die Opera del Duomo enthält neben dem Fenster des Domchores auch Duccios berühmte Madonna, die 1308-1311 für die Kathedrale gemalt wurde, sowie andere Kunstwerke, die aus dem Kontext der Kathedrale stammen. Durch das Museum kann man die Fassade des „Duomo Nuovo“ betreten, der nie vollendet wurde (s.o.).
Literatur
- Enzo Carli: „Der Dom von Siena und das Dommuseum“. Scala, Florenz 1999. ISBN 9788881174775
- Bruno Santi: „Der Marmorboden des Domos von Siena“. Scala, 1982. ISBN 9788881174836
- Alessandro Cecchi: „Die Libreria Piccolomini im Dom von Siena“. Scala, 1982.
Einzelnachweise
- ↑ Keller, Harald: Die Kunstlandschaften Italiens [1960]. Frankfurt a.M. 1983, S. 129 und S. 299: Im Pestjahr verlor Siena ¾ seiner Einwohner, u.a. den Dombaumeister
- ↑ Toman, Rolf (Hrsg.): Die Kunst der Gotik. Architektur – Skulptur – Malerei. Köln 1998, S. 254
Weblinks
Commons: Dom von Siena – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien43.31758333333311.328694444444Koordinaten: 43° 19′ 3″ N, 11° 19′ 43″ OKategorien:- Kathedrale in Italien
- Gotisches Bauwerk in der Toskana
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