- Domnapf
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Der Domnapf, selten auch Domschüssel, ist eine steinerne Schale vor dem Kaiserdom zu Speyer (Rheinland-Pfalz), die bei jeder Neuwahl eines Bischofs „für das gesamte Volk“ mit Wein gefüllt wird. Der Napf fasst 1580 Liter.
Inhaltsverzeichnis
Inschrift
Der Domnapf wurde vermutlich 1294 errichtet; urkundlich erwähnt wurde er erstmals 1314. Im Jahre 1490 erhielt er seine jetzige Form und wurde mit einer lateinischen Inschrift umrahmt.
Er trägt das Wappenrelief des Hochstifts Speyer mit Maria, der „Patrona Spirensis“, der neben der Stadt auch der Dom geweiht ist. Das 1972 erneuerte Messingband mit dem lateinischen Text fasst die Bedeutung des Domnapfs zusammen:
- Lateinischer Originaltext
„Quid velit haec, relegas, ut lanx cavus ille catinus; Dum novus antistes procerum comitante caterva – Urbem hanc intrat eques, huc Bacchi munera fundit; Virginis a templo cleri simul ecclesiarum – Terminus et limes, stat libertatis asylum; Et fit confugium, portus et ara reis. 1490“
- Übersetzung in Prosa
„Du magst überlegen, was diese Schale, einem hohlen Napf vergleichbar, wohl will: Sobald ein neuer Vorsteher (Bischof), begleitet von der Schar seiner Würdenträger, in diese Stadt einreitet, gießt er die Gaben des Bacchus (Wein) hinein. Vom Tempel der Jungfrau (Mariendom) wie auch des Kirchenklerus aus (gesehen) steht sie (die Schale!) als Grenze, Schutzwall und Hort der Freiheit. Und für Angeklagte sei sie Zuflucht, Hafen und Altar. 1490“
- Übersetzung in Reimen
(bewusst antiquierte deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1982)
„Hier leset männiglich, ihr lieben Leute,
was dieser Napf, die Schüssel hohl, bedeute:
So oft ein Bischof, hoch zu Ross,
begleitet von fürnehmem Tross,
erstmals in diese Stadt sich wendet,
er seinen Willkommtrunk hier spendet.
Vorm Münster Unsrer Lieben Frau
im Napfe Mark und Grenzmal schau.
Von geistlicher Immunität
als ein Asyl der Freiheit steht.“Bedeutung
Der Domnapf trennte die Freie Reichsstadt Speyer vom Hoheitsgebiet des Bischofs. Deshalb flüchteten in der Reichsstadt Verurteilte in die Bischofsstadt, denn dort galt bischöfliches Recht.
Von der Schüssel aus wurden aber auch Urteile vollstreckt: „Böszüngige Weiber“ und untreue Männer, fast nackt, mussten unter dem Gespött der Bevölkerung einen sogenannten Schandstein am Hals vom Domnapf über etwa 700 Meter bis zum Altpörtel, dem westlichen Stadttor, tragen. Auch der Pranger war damals neben dem Domnapf aufgestellt. Im Jahre 1361, berichtet der Chronist, schnitt man dort gar einem Gotteslästerer die Zunge ab.
950-jähriges Domjubiläum
Anlässlich der Feiern zum 950-jährigen Domjubiläum wurde der Napf erstmals 2011 wieder gefüllt, wozu aus Hygienegründen eine Plastikschale eingebracht wurde, die 1000 l fasste. Den Wein spendete eine ehemals zum Hochstift gehörende Weinbaugemeinde.
Weblinks
49.3172972222228.4412166666667Koordinaten: 49° 19′ 2″ N, 8° 26′ 28″ O
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