Edmund Kiss

Edmund Kiss

Edmund Kiss (* 1886; † 1960) war ein deutscher Autor und Architekt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Edmund Kiss studierte Architektur und behauptete auch Archäologie studiert zu haben (wofür es aber keine Belege geben soll). Im ersten Weltkrieg wurde der mit einer Körpergröße von 2,10 m auffällig groß gewachsene Kiss als Soldat mehrfach verwundet und mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse ausgezeichnet. Nach dem Krieg wurde er Architekt und ließ sich im westfälischen Münster nieder, wo er sich für die Welteislehre Hörbigers zu interessieren begann.[1]

Schriftstellerische Tätigkeit

Bereits Ende der 20er Jahre gewann Kiss ein Preisgeld von 20.000 Reichsmark in einem Autoren-Wettbewerb. Mit diesem Geld finanzierte er sich 1928 einen längeren Aufenthalt in Bolivien. Hier erforschte er auf den Spuren Arthur Posnanskys die Ruinenstädte auf der Insel Marajo und am Titicacasee, das Mausoleum Puma Punku sowie die Sternwarte Kalasaya.[2] Während dieser Zeit, in der er nach unbestätigten Angaben auch als Leiter eines Museums in La Paz tätig war,[3] festigte sich seine Überzeugung einer uralten arisch-atlantischen Kultur, die sich bis nach Südamerika erstreckte. Veröffentlicht wurden die Erkenntnisse des Forschers, denen zufolge die Südamerikanischen Frühkulturen von nordischen Menschen beeinflusst waren, in einem Aufsatz, „Nordische Baukunst in Bolivien“ in der Zeitschrift „Germanien“, Jahrgang 1937, sowie in seinem Buch „Das Sonnentor von Tihuanaku und Hörbigers Welteislehre“. Zu Beginn der 30er Jahre wurde Kiss durch einen auflagenstarken Weltentstehungsroman einem größeren Publikum bekannt („Das gläserne Meer“, 1930), dem ersten Teil einer Tetralogie über Atlantis („Die letzte Königin von Atlantis“ 1931, „Frühling in Atlantis“, 1933, „Die Singschwäne von Thule“, 1937). Zu diesem Zeitpunkt war Kiß bereits überzeugter Anhänger der Welteislehre, die er in seinen Romanen durch die Beschreibung der durch Mondeinstürze ausgelösten Naturkatastrophen plastisch verbildlichte, obgleich er in mehreren Artikeln der Zeitschrift Germanien durchaus nüchterne wissenschaftliche Abhandlungen über Themenkreise des germanischen Brauchtums verfasste - etwa einen Artikel über „Altgermanische Bodenvorratswirtschaft“ - die keinerlei Bezug zur WEL aufweisen. Anders präsentierte sich Kiss in seinen Büchern, in denen er die Mondeinsturzszenarien Hörbigers mit der Atlantis-Überlieferung Platos und der Vorgeschichte der Germanen verband. Schon 1933 erschien seine Kampfschrift für die Welteislehre, in der er die neue Lehre leidenschaftlich verteidigte.

Tätigkeit im "Dritten Reich"

Im Jahre 1936 gehörte Kiss zu den Mitunterzeichnern des Pyrmonter Protokolls. Kurz danach erging eine Anweisung Himmlers, Kiss inoffiziell durch das Ahnenerbe in seinen Forschungen zu unterstützen.[4] Als dem damaligen Reichsführer während eines Fluges über das libysche Hochland Strandlinien auffielen, die für ihn ein möglicher Beweis der Welteislehre waren, ersuchte er Kiß eine Forschungsreise nach Libyen zu unternehmen. Anfang 1939 begab sich Kiss auf seine Forschungsreise nach Abessinien. Im Februar 1939 erreichte er zusammen mit einem Assistenten und einem Kameramann die unter italienischer Verwaltung stehende Hauptstadt Libyens, Tripolis. Dort wurden ihm vom italienischen Gouverneur ein LKW sowie ein Flugzeug zur Verfügung gestellt. Innerhalb von zwei Wochen trug Kiss mit seinen Begleitern eine Reihe von Indizien für die einstmalige Existenz von gewaltigen Wassermassen in der libyschen Sahara zusammen, die für ihn nur mit der Hörbigerschen Theorie erklärt werden konnten.[5] Kurz vor Antritt der Reise war der Abenteurer auf Anweisung Himmlers und begleitet von einem positiven Gutachten des SD-Professors Franz Alfred Six im Jahr 1938 offiziell in das Amt Ahnenerbe übernommen worden,[6] obwohl seine publizierten Forschungsergebnisse umstritten waren und er somit auch nicht zur angestrebten Steigerung des wissenschaftlichen Anspruchs des Ahnenerbe beitragen konnte. Vor seiner Übernahme in das Ahnenerbe wurde Kiss jedoch ebenso wie Wiligut bereits als Mitglied des persönlichen Stabes Himmlers geführt.[7]

Neben der bedingungslosen Unterstützung der WEL trat Kiss ebenfalls für die Echtheit der Ura-Linda-Chronik ein - überdies vertrat er in einem kurz zuvor erschienendem Buch über das „Sonnentor von Tihuanaku“ (1937) die Ansicht einer Millionen Jahre alten Kultur in Südamerika was auch nicht gerade auf Zustimmung der herrschenden Wissenschaft stoßen konnte.[8] Der Versuch Himmlers, Kiss an der „Tibet-Forschungsreise Ernst Schäfers 1938/39“ zu beteiligen, um insbesondere Forschungen zur Welteislehre durchführen zu können, scheiterte jedoch. Mit Verweis auf die schwindende wissenschaftliche Reputation der Expedition lehnte Schäfer die Teilnahme des Welteisforschers ab. In seinen unveröffentlichten Memoiren hielt Schäfer über Kiss fest, dass dieser behauptet habe, am Titicaca-See „Welthäfen von Außerirdischen“ gefunden zu haben.[9] Für das Jahr 1940 war eine Expedition nach Südamerika geplant, die unter Leitung von Kiß Grabungen in Bolivien, Peru und Kolumbien durchführen und dabei Erkenntnisse aus Knochen- und Kalksegmenten, Fauna und Flora sowie aus Strandlinien und kinematographischen Aufnahmen gewinnen sollte. Für diese Expedition, die sich aus Archäologen, Zoologen, Botanikern, Astronomen, Karthographen, Geologen sowie einem Filmteam zusammensetzen sollte, waren bereits modernste Geräte bereitgestellt worden: Zur Durchforschung des Titicaca-Sees nach alten Ruinen stand ein Tiefsee- Photographie-Gerät zur Verfügung und die Firma Zeiss stellte ein Luftbild-Aufnahmegerät bei, mit dem prähistorische Strukturen aufgespürt werden sollten. Unter Verweis auf die Kriegslage wurde die Expedition Anfang 1940 offiziell abgesagt.[10] Trotz der Überlegung, die Forschungsreise nach einem schnellen Sieg Deutschlands kurzfristig nachholen zu können, war die endgültige Absage Ende 1941 besiegelt. Kiß selbst war bereits im Oktober 1939 im Range eines Hauptmanns in den aktiven Wehrdienst berufen worden.[11]

Nachkriegszeit

Nach vierjährigem Kriegseinsatz und anschließendem Dienst im Wachbataillon am Führerhauptquartier Wolfsschanze geriet Kiss 1945 in alliierte Kriegsgefangenschaft und wurde ins Gefangenenlager Dachau bei München überstellt. Von hier gelangte er in ein Internierungslager bei Darmstadt, aus dem er aufgrund seines durch eine frühere Malariaerkrankung rapide abfallenden Gesundheitszustandes 1947 entlassen wurde. 1948 wurde er in einem Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft und gegen die Zahlung einer Geldstrafe von 501 DM freigesprochen.[12]

Literatur

  • Michael H. Kater, Das Ahnenerbe der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. 3. Aufl. München 2006.
  • Dennis Krüger, Das okkulte 3. Reich. SS-Forschungsprojekte zwischen Germanenkunde, Okkultwissenschaften und Geheimwaffentechnologie.Bottrop 2011.
  • Peter Mierau, Nationalsozialistische Expeditionspolitik. Die deutschen Asienexpeditionen. München 2006.
  • Heather Pringle, The Master Plan. Himmlers Scholars and the Holocaust. New York 2006.
  • Rüdiger Sünner, Schwarze Sonne- Entfesselung und Mißbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik. TB. Freiburg 1999.
  • Franz Wegener, Das atlantidische Weltbild – Nationalsozialismus und neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis. Gladbeck 2000.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pringle (2006), S. 178 f.
  2. Bestätigung finden diese Angaben sowohl bei Hans Behm (Vorwort zu "Das gläserne Meer" 1930) sowie bei Sünner (1999), der Kiss Aufenthalt in Südamerika für das Jahr 1928 ansetzt.
  3. vgl. dazu Krüger (2011), S. 159
  4. Kater (2006), S. 52 zit. nach Denkschrift Kiss, T-580, 207/733 (alte Signatur!)
  5. siehe dazu Pringle (2006), S. 374
  6. Kater (2006) ,S. 69
  7. Sünner (1999), S. 46
  8. siehe dazu Krüger (2011), S. 160
  9. Mierau (2006), S. 342
  10. Kater (2006), S. 69
  11. Mierau (2006), S. 345
  12. vgl. Pringle (2006), S. 310

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