Elektronentanz

Elektronentanz

Die Barkhausen-Kurz-Schwingung, auch Gill-Morell-Schwingung, unter Radioamateuren früher auch unter dem Begriff elektrischer Elektronentanz bekannt, ist eine Form der Anregung von Hochfrequenzschwingungen im Frequenzbereich zwischen einigen 10 MHz bis zu einigen GHz in Elektronenröhren. Die Bezeichnung leitet sich von dem deutschen Physiker Heinrich Barkhausen und Karl Kurz ab, die diesen Effekt erstmals 1917 beschrieben.[1] Röhren mit dieser Eigenschaft werden auch als Bremsfeldröhren bezeichnet.

Die Bremsfeldröhre stellt im Wesentlichen eine Triode dar, deren Steuergitter auf positivem und deren Anode auf schwach negativem Gleichspannungspotential gegenüber der Kathode gehalten wird. Die von der Kathode ausgehenden Elektronen werden vom positiven Gitter so stark beschleunigt, dass sie über das Gitter hinaus in den Raum zwischen Gitter und Anode eintreten. In diesem Zwischenraum verhalten sich die Elektronen „wie in die Höhe geworfene Bälle“ und bilden eine Raumladungszone.

Die Elektronen mit der höchsten Eintrittsgeschwindigkeit halten sich am längsten im Raum zwischen Gitter und Anode auf, denn sie kommen der Anode am nächsten, bevor sie von deren negativem Potential zum Gitter zurück reflektiert werden. Wird zwischen Gitter und Anode ein Schwingkreis oder ein ähnlicher Resonator geschaltet, dessen Eigenfrequenz mit der mittleren Laufzeit der Elektronen zwischen Gitter und Anode und zurück korrespondiert, so entsteht eine gruppierte Elektronenpendelbewegung zwischen Gitter und Anode, die Schwingungen im Schwingkreis angeregt.

Je nach Energiebilanz (Dämpfung) und Phasenverschiebung (Resonanzfrequenz) werden diese Schwingungen aufrecht erhalten und es kann Hochfrequenzenergie ausgekoppelt werden. Anregungsbedingung ist dabei eine Schwingkreisphase gegenüber der Elektronenlaufzeit, welche so gerichtet ist, dass die pendelnden Elektronengruppen maximal abgebremst werden. Aus diesem Zusammenhang ist die treffende Bezeichnung Bremsfeldröhre abgeleitet. Von diesem Oszillatorsystem kann günstigstenfalls soviel Hochfrequenzenergie ausgekoppelt werden, wie sie der Energieabgabe der pendelnden Elektronen (kinetische Energie) beim Abbremsen im Schwingkreiswechselfeld entspricht. Frequenzbestimmend ist dabei hauptsächlich die Laufzeit, weniger die Schwingkreisphase. Letztere ist hauptsächlich leistungsbestimmend und daher auf maximale Ausgangsleistung einzustellen.

Praktisch dürfte die nutzbare Oszillatorleistung nur wenig über 1 Watt hinausgegangen sein. Aufgrund der elektrodenspannungsabhängigen Elektronengeschwindigkeit (und damit Laufzeit) ist die erzeugte Frequenz auch sehr stark betriebsspannungsabhängig, hauptsächlich von der Gitterspannung. Dabei besteht Proportionalität zwischen angeregter Frequenz und der Wurzel aus der angelegten Gitterspannung.

Eine praktische Bedeutung hat die Bremsfeldröhre nie erlangt, sieht man einmal von einigen „Störeffekten“ ab. So konnten Zeilenendröhren in Fernsehgeräten unter bestimmten Fehlerbedingungen zu Barkhausen-Kurz-Schwingungen angeregt werden. Erkenntlich war das Fehlerbild auf dem Bildschirm als senkrechte schmale Gardinen am Bildrand über die ganze Bildhöhe. Die Barkhausen-Kurz-Schwingungen können auch als hochfrequenter Störeffekt bei älteren Glühlampen mit langen, glatten Glühfäden ohne Wendel auftreten. Glühlampen für Netzspannung ohne Wendel wurden in der Anfangszeit der elektrischen Beleuchtung gefertigt. Die Barkhausen-Kurz-Schwingung in der Lampe kann dann in der Nähe der Glühlampe zu Störungen in Rundfunkempfängern führen.

Die Bremsfeldröhre kann vom Wirkprinzip her als Urtyp aller Laufzeitröhren bezeichnet werden. Das gemeinsame kennzeichnende Merkmal dieser Röhrengruppe ist die Hochfrequenzverstärkung oder -anregung durch Modulation der Dichte bzw. Laufzeit des Elektronenstromes. Als wichtigste Vertreter der Weiterentwicklung seien das Klystron (Reflexklystron als Oszillator und Mehrkammerklystron als Verstärker), das Magnetron als Leistungsoszillator und die Wanderfeldröhre als Verstärker genannt. Von praktischer Bedeutung sind heute nur noch Magnetrons hauptsächlich in Radaranwendungen und Küchengeräten (Mikrowellenherd) sowie Wanderfeldröhren insbesondere als Sendeverstärker in allen gängigen Kommunikations- und Fernsehsatelliten.

Literatur

  • Heinrich Barkhausen: Elektronenröhren. 4. Auflage. S.Hirzel, Leipzip 1931. 

Einzelnachweise

  1. Barkhausen, H. und Kurz, Karl: Die kürzesten, mit Vakuumröhren herstellbaren Wellen. In: Physikal. Zeitschrift. 21, Nr. 1, Leipzig 1920, S. 1 -6. 

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