Elektronischer Rechtsverkehr

Elektronischer Rechtsverkehr

Elektronischer Rechtsverkehr (meist auch ERV oder ELRV, in Österreich auch webERV) ist der Überbegriff für elektronische Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden einerseits sowie Parteienvertretern (Rechtsanwälten, Notaren, ...), Bürgern und Unternehmen andererseits.

ERV ist eine Teilmenge von E-Justice.

Inhaltsverzeichnis

Umsetzung

Deutschland

Das seit 2007 bundesweit elektronisch geführte Handelsregister ist der erste Bereich der Justiz, bei dem weite Teile der Bevölkerung mit dem elektronischen Rechtsverkehr in Kontakt kommen. Grundlage bilden hierzu die §§ 8, 9 und 12 Handelsgesetzbuch (HGB) und die Handelsregisterverordnung (HRV).

Österreich

Ausgehend von einer Zivilrechtsreform zur Vereinheitlichung des Mahnwesens Ende der 1980er und Einführung der Verfahrensautomation Justiz wurde in Österreich am 1. Jänner 1990 der Elektronische Rechtsverkehr (kurz ERV) für die Übermittlung von Anträgen an Bezirksgerichte gestartet. Die Initiatoren dafür waren einerseits das Bundesministerium für Justiz und andererseits die Österreichische Rechtsanwaltschaft. Von Beginn an wurde das Service durch die damalige Radio Austria AG (jetzt Telekom Austria) technisch betrieben.

In der ersten Phase waren ausschließlich Mahnklagen zur elektronischen Einbringung gestattet. Über mehrere Ausbauschritte hinweg – begleitend von den entsprechenden gesetzlichen Änderungen – wurden im Jahr 1995 Exekutionsanträge, 1996 formlose Anträge und Klagen in arbeitsgerichtlichen Verfahren sowie 2003 Klagen an Gerichtshöfe implementiert. Seit Mitte 1999 werden gerichtliche Erledigungen an die Teilnehmer im ERV übermittelt. Anfänglich war der Empfang freiwillig, seit Mitte 2000 ist dieser verpflichtend. Der Erfolg des Systems zeichnet sich dadurch aus, dass bis Ende 2007 etwa 50 Millionen Anträge und Erledigungen übermittelt worden sind.

Kernfunktionalität im ERV ist die Weiterverarbeitung der elektronisch erfassten Daten. Daher werden die Anträge und Erledigungen in strukturierter Form übermittelt. Dateien von Textverarbeitungsprogrammen sind nicht zulässig, pdf-Dateien nur als Beilage. Fax-Übermittlungen gelten nicht als Elektronischer Rechtsverkehr. Sowohl die Gerichts-EDV als auch die bei ERV-Teilnehmern eingesetzten Anwendungen bieten den Import und die Weiterverarbeitung neuer Daten und sparen Zeit in der Administration der gerichtsanhängigen Verfahren.

Die rechtliche Basis ist im §89 ff Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) definiert. Die Details werden in der Verordnung zum Elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006) geregelt. Um nach zögerlichem Beginn die Akzeptanz zu steigern, wurde mit Jänner 1997 eine finanzielle Unterstützung mit der Erhöhung des Rechtsanwaltstarifs für elektronische eingebrachte Anträge geschaffen (§23a Rechtsanwaltstarifgesetz).

Waren beim Start ausschließlich Rechtsanwälte berechtigt, den ERV zu verwenden, so gibt es heute keine Einschränkungen im Teilnehmerkreis. Für Rechtsanwälte ist die Verwendung des ERV seit 1999 verpflichtend.

Im November 2001 wurde der ERV von der Europäischen Kommission mit dem eGovernment-Label „Good Practice“ ausgezeichnet.

Trotz verschiedener Weiterentwicklungen über die Jahre war Anfang des 21. Jahrhunderts die verwendete Technologie nicht mehr zeitgemäß. Des Weiteren wurde durch das Redesign der Verfahrensautomation Justiz ab Ende der 1990er die Gerichts-EDV vollständig neu gestaltet. Nach ausgiebiger Konzeptions- und Pilotphase startete 2007 der neue webERV und damit die Ablöse des Vorläufersystems. Mit 31. Dezember 2008 hat Telekom Austria das Service des ERV eingestellt. Für die Übermittlung steht daher nur noch der webERV zur Verfügung. Siehe dazu auch den ausführlichen Artikel webERV.

Siehe auch: Dokumenteneinbringungsservice.

Weblinks


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