Emil Pirchan

Emil Pirchan
Emil Pirchan in München ca 1915

Emil Pirchan (* 27. Mai 1884 in Brünn, Mähren; † 20. Dezember 1957 in Wien) war ein österreichischer Bühnenbildner, Maler, Architekt und Schriftsteller.

Leben

Der Sohn des akademischen Malers und letzten Rahl-Schülers Emil Pirchan d.Ä. (* 18. Mai 1844 in Katharein bei Wranau im Bezirk Brünn, † 22. Juni 1928 in Wien) und Karoline, geb. Edle von Sternischtie (* 21. Mai 1864 in Priesenitz bei Brünn, † 19. April 1945 in Wien) studierte in Wien an der Akademie der bildenden Künste bei Otto Wagner Architektur.

Er wurde für hervorragende Leistungen mit der goldenen Fügermedaille und dem Meisterpreis der Akademie ausgezeichnet. 1908 übersiedelte er nach München, arbeitete als Architekt, baute Einfamilienhäuser, entwarf Ausstellungsbauten und Wohnungseinrichtungen. Gleichzeitig war er als Gebrauchsgraphiker tätig, machte Buchillustrationen, Plakate etc., insgesamt ca. 1500 gedruckte Arbeiten.

1913 gründete Pirchan eine eigene Kunstschule für Bühnenbild und Gebrauchsgraphik in München. Im selben Jahr kam es zur Hochzeit in Hohenschwangau mit Johanna Diel (* 20. Oktober 1887 in München, † 27. April 1974 in Zürich) aus dem Verlagshaus Oldenbourg. 1918 wurde er zum Ausstattungsdirektor der Bayerischen Staatstheater ernannt. 1921 erfolgte die Berufung in dieser Eigenschaft an die Staatstheater nach Berlin. Nun begann eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Regisseuren Leopold Jessner und Max von Schillings.

Zu der Zeit, als Pirchan anfing, Bühnenbilder zu entwerfen, gab es den „Bühnenbildner“ im heutigen Sinne noch nicht. Meist setzten Maler, Architekten oder Bühnenarbeiter mehr oder weniger gekonnt die Anweisungen des Regisseurs bildlich um. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Zusammenarbeit von Regisseur und Ausstatter üblich. Pirchan griff bei seinen Bühnenbildern die Einflüsse des Expressionismus auf, er arbeitete mit Farbsymbolik, verwendete starke Farben.

Pirchan kann als Wegbereiter des modernen Bühnenbildes in Deutschland bezeichnet werden, das in den berühmten Inszenierungen (Wilhelm Tell, Marquis von Keith, Richard III. und Othello) der 1920er und 1930er Jahre gipfelte. Zugleich war es Pirchans persönliche Tragik, dass diese richtungsweisenden und viele andere Bühnenbilder beeinflussenden Ausstattungen am Beginn seiner Arbeit als Bühnenbildner lagen. Er war auch in den nächsten Jahrzehnten als Bühnenbildner sehr erfolgreich, aber konnte den enormen Erfolg der frühen Jahre nicht mehr wiederholen. Er war offen gegenüber neuen Bühnentechniken und Beleuchtungsmethoden und arbeitete auch mit den neuen Medien Film und Fernsehen.

1927 wurde er Dozent an der staatlichen Musikhochschule für darstellende Kunst in Berlin, wo er Bühnenbildkunst und Kostümlehre unterrichtete. 1930 übersiedelte er nach Prag als Ausstattungschef des Deutschen Theaters. Gleichzeitig erhielt er eine Professur an der Deutschen Musikakademie für die Bühnenbildklasse. 1936 wurde er als Professor an die Akademie der bildenden Künste nach Wien berufen. Er übernahm die Leitung der Meisterschule für Bühnenbildnerei und arbeitete als Bühnenbildner am Burgtheater und der Staatsoper.

Neben der Theaterarbeit von rund 500 Gesamtausstattungen von Opern, Schauspielen, Revuen, Balletten, Operetten, Filmen etc. in Europa, Nord- und Südamerika verfasste Pirchan viele Bücher, sowohl Fachliteratur zur Bühnenmalerei, Kostümkunde, zum Maskenmachen und Schminken, als auch Künstlermonographien und Romane.

Emil Pirchan war einer der bedeutenden Gestalter der Angewandten Kunst des deutschsprachigen Raumes im frühen 20. Jahrhundert. Seine Entwürfe für Theater, Oper und Film, seine zahlreichen Plakate, Illustrationen und Graphiken waren wegweisend.

1959 wurde die Pirchangasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.

Schriften

  • Emil Pirchan: Bühnenbrevier. Theatergeschichten, Kulissengeheimnisse, Kunstkuriosa aus allen Zeiten und Zonen. Mit 200 Abbildungen und Kunstdrucktafeln. Wilhelm Frick, Wien 1938.
  • Emil Pirchan: Künstlerbrevier. Vom Arbeiten, Leben und Lieben der Maler, Bildhauer und Baumeister aus zwei Jahrtausenden in aller Welt. Mit 300 Abbildungen. Wilhelm Frick. Wien 1939.
  • Emil Pirchan: Harald Kreutzberg. Wilhelm Frick, Wien 1941, ³1956.

Weblinks


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