- Engadiner Haus
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Das Engadinerhaus ist eine Bauernhaus-Typ aus dem Engadin, dem Vinschgau und dem Tiroler Oberinntal.
Typisch für das Engadinerhaus sind die wuchtigen Steinmauern, die oftmals mit der Sgraffito- Technik verziert sind, die tiefen Fensterfluchten, der Erker und die beiden Eingangstore.
Es handelt sich um ein dreistöckiges Wohnstallhaus.
Der untere Torbogen führt in die Cuort, einen gedeckten Stallhof, der den Zugang zum Viehstall im hinteren Gebäudeteil, zum Hühnerstall und zu Vorratskellern unter der Küche erschließt . In der Court befindet sich der Misthaufen, Wagen, und Schlitten. Das ganze Untergeschoss ist aus dicken Bruchsteinmauern gebaut und mit Balken und Bohlen aus Lärchenholz überdeckt.
Das obere Tor, das genügend groß für ein beladenes Heufuder ist, führt in den Sulér, den Vorraum für die Erdgeschossräume, der gleichzeitig Zufahrt zur Scheune über dem Stall ist. Im Sommer dient der Sulér oft auch als Esszimmer. Längs des Sulér befindet sich auf der Eingangsseite die Stüva, die Wohnstube, dahinter die Küche (Chuschina)und eine Vorratskammer (Chombra oder Chomineda). Der Küchenboden ist auf gleicher Ebene wie der Sulér, die Stüva liegt ein oder zwei Stufen höher. Gegenüber dem Eingangstor führt ein weiteres Tor zum Eral, einer festen Brücke von der aus die Quartas, die Heubühnen erreicht werden können. Die Quartas nehmen die gesamte Breite und Höhe des Hauses ein und haben oft eine grössere Grundfläche als der Wohnteil. Sie werden nur über diesen erschlossen.
Das Obergeschoss wird auch durch ein abschliessbares Treppenhaus auf der Rückseite des Suler erreicht. Dort befindet sich die Stüva sura, die obere Stube, der Prunkraum des Hauses.
Der Sulér war im Bauernhaus traditionell Arbeitsraum, oft auch Tenne, und diente im Sommer auch als Esszimmer. In vornehmeren Häusern hatte der Sulér als Eingangsraum auch repräsentative Funktionen. Im Holztor, das nur bei der Heuernte ganz geöffnet wird, befindet sich eine zweiteilige Türe, deren oberer Teil im Sommer offen steht.
Die Stüva ist mit Arvenholz getäfelt wird durch einen von der Küche aus bedienten Ofen geheizt und war ursprünglich der einzige geheizte Raum im Haus. Über der Stüva befindet sich die Chombra da durmir, die Schlafkammer, die über eine Ofenstiege und Falltüre erreichbar ist. In der traditionellen Stüva war der hintere Teil des Ofens durch ein Gitter oder einen Vorhang abgetrennt und diente zum Trocknen der Kleider und Schuhe sowie als Ankleideraum vor der nicht geheizten Schlafkammer. Der Wand entlang führte eine Bank, dazu gehörten ein Tisch und Stabellen zur Einrichtung. Neben der Stubentüre findet sich schon in den ältesten Häusern ein Büfett, auf dessen unterem Teil sich ein Handwaschbecken aus Zinn befindet.
Das Engadiner Haus ist wie die meisten traditionellen alpenländischen Bauformen vom Verschwinden bedroht. Besonders im Oberinntal wurde es größtenteils durch Hotelbauten im sog. "Alpenländischen Stil" ersetzt. Im Engadin und im Vinschgau werden zwar auch keine neuen Engadiner Häuser mehr gebaut, doch hier achtete man rechtzeitig auf den Erhalt der malerischen Ortsbilder, wodurch die Dörfer ihr typisches Aussehen in unsere Zeit hinüberretten konnten. Im Vinschgau bemüht man sich, die Engadiner Bauform zu bewahren und modernen Wohnwünsche anzupassen, wodurch sich diese Häuser gut in die Landschaft integrieren.
Literatur
I. U. Könz: Das Engadiner Haus, Schweizer Heimatbücher, Bündner Reihe, zweiter Band, 1966, Verlag Paul Haupt, Bern
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