Wohnstallhaus

Wohnstallhaus

Als Wohnstallhaus bezeichnet man ein Gebäude, das zumindest die beiden Funktionen Wohnen und Stall vereint, aber auch weitere Funktionen, wie zum Beispiel Tenne, Scheune oder Bergeraum beherbergen kann. In der Regel ist dies also ein Bauernhaus, in dem der Bauer mit seiner Familie und seinem Vieh unter einem Dach wohnt. Ein Bauernhof, in dem alle Funktionen unter ein und demselben, eine konstruktive Einheit bildendem Dach vereint sind, nennt man auch ein Einhaus.

Rekonstruktionsverusch eines frühmittelalterlichen Wohnstallhauses (Alamannen-Museum Vörstetten)
Rekonstruktionsversuch eines bronzezeitlichen Wohnstallhauses als Modell im Dänischen Nationalmuseum

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

In der einfachsten Form ist das Wohnstallhaus auf derselben Ebene organisiert. Weitere Möglichkeiten bietet eine vertikale Trennung, etwa in der Art, dass sich die Wohnräume über den Stallräumen befinden.

Diese Wohnform scheint früher bei den Bauern in Europa weit verbreitet gewesen zu sein. Vielleicht war einer der Gründe, mit dem Vieh unter einem Dach zu leben, ihre Nutzung als zusätzliche Wärmequelle. Dies erfolgte trotz der Belästigungen, etwa durch den Geruch.

Ebenso denkbar ist, zumindest in nördlicheren Breiten, dass im Winter das Vieh so leichter erreichbar und kontrollierbar war. Die mit dem Vieh anfallende Arbeit konnte aufgrund der Lichtquelle des Herdfeuers auch abends erledigt werden ohne das Haus verlassen zu müssen.

Deutschland

Schematische Skizze eines eisenzeitlichen Wohnstallhauses nach Grabungsfunden auf der Feddersen Wierde

Seit der Eisenzeit verbreitete sich in der norddeutschen Tiefebene ein aus den Wohnstallbauten der Bronzezeit entwickeltes Langhaus mit Wohnteil und angrenzenden Viehboxen. Durch das Aufstallen immer größerer Viehbestände wurden die Bauten immer länger. Solche eisenzeitlichen Langhäuser hat man erstmals in großer Anzahl auf der Wurt Feddersen Wierde bei Cuxhaven ausgegraben. Inzwischen lässt sich dieser Haustyp von Holland bis nach Südjütland nachweisen (Bauweise siehe Pfostenhaus)

Aus ihm hat sich das Hallenhaus, volkstümlich als Niedersachsenhaus bezeichnet, entwickelt. Dieses ist in der norddeutschen Tiefebene von den Niederlanden bis in die Danziger Bucht und mit der südlichen Grenzlinie der Mittelgebirge verbreitet.

Südlich schließt sich das Ernhaus an, welches ebenfalls als Wohnstallhaus vorkommt und in vielen Unterarten vom Rhein bis jenseits der Weichsel Verbreitung fand. Schon früh hat es bei diesem Typ aber auch Varianten mit einer Trennung der Funktion gegeben, so dass bei diesen Bautypen der Stall und die Scheune als eigene Gebäude ausgegliedert wurden oder gar nie Bestandteil des Wohnhauses geworden waren.

Das Schwarzwaldhaus ist wohl eine modernere Entwicklung eines Wohnstallhauses, wobei hier die Funktionen (besonders in Hanglagen) auch über zwei Etagen verteilt sind. Ebenso ist der Haubarg in Nordfriesland eine moderne Entwicklung der frühen Neuzeit aus dem ostfriesischen Gulfhaus.

Britische Inseln

Auch in England hat es einen ganz ähnlichen Haustyp gegeben, von dem sich Reste im Südwesten erhalten haben. Etwa in den Longhouse-Varianten von Dartmoor in Cornwall oder in Wales. In Irland gibt es ähnliche "byre-dwellings", allerdings scheint sich hier die Feuerstelle an eine Giebelwand gelehnt zu haben.[1] Im nordwestlichen England wird dieser Typ in der Landschaft Cumbria ebenso beschrieben.[2]

Arabien

Die alten "Hochhäuser" in Süd- und Südwestarabien gehören ebenfalls zu der vertikal organisierten Gruppe. Die bekanntesten Beispiele befinden sich in den jemenitischen Städten Sana'a und Schibam.[3] Weitere Bauten findet man noch im Saudischen Asir und zumindest in historischer Zeit wohl auch im gesamten Hedschas.

Abgrenzung

Die in der ganzen Welt verbreiteten verschiedenen Formen der Hofhäuser mit ihren jeweiligen Varianten gehören wohl nicht dazu, da sich beide Funktionen dort nicht unter derselben Dachkonstruktionen befinden sondern oft kunstruktiv weitgehend selbständige Einheiten bilden die lediglich dieselbe das ganze Grundstück umfassende Außenmauer nutzten (z. B. Atriumhaus, Patiohaus u. a.).

Im ostasiatischem Raum weit verbreitet sind Stelzenhäuser. Bei vielen dieser Hausformen werden Haustiere traditionell zwischen den Stelzen unter den Häusern gehalten. Selbst wenn diese zu immer festeren Bestandteilen wurden, so werden diese Ställe in der Regel als Anbauten betrachtet und die Häuser daher nicht als Wohnstallhäuser bezeichnet.

Einzelnachweise

  1. Traditionelle ländliche Bauformen in Irland mit Grundrissen (englisch)
  2. Erwähnung von Langhäusern in Cumbria mit einer Grundrißskizze (englisch)
  3. Architecture, Modernity, and Preservation: The Tower House of Sana'a, Yemen, By Richard Brooks Jeffery; Sechster Abschnitt.

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