Eric Berne

Eric Berne

Eric Berne, geboren als Eric Lennard Bernstein, (* 10. Mai 1910 in Montréal; † 15. Juli 1970) war ein US-amerikanischer Arzt und Psychiater. Er entwickelte die Transaktionsanalyse (TA) als psychotherapeutisches Verfahren, das er aus der Psychoanalyse ableitete.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Berne wurde am 10. Mai 1910 als Eric Lennard Bernstein in Montréal in Kanada geboren. Er war der Sohn des Mediziners David und der Journalistin Sara Gordon Bernstein. Sein Vater starb 1921 und hinterließ Sara mit Eric und seiner fünf Jahre jüngeren Schwester Grace.

Berne besuchte die McGill University in Montréal, an der er 1931 graduierte und 1935 den Dr. med. erwarb. Während des Studiums schrieb er unter Pseudonymen für verschiedene Studentenzeitungen. Nach dem Abschluss nahm er ein Praktikum in Psychiatrie an der Yale University auf, wo er bei Dr. Paul Federn Psychoanalyse studierte. Er schloss seine Ausbildung 1938 ab und wurde 1939 amerikanischer Staatsbürger. 1943 änderte er seinen Namen in Eric Berne. In den 60er Jahren schaffte er den schriftstellerischen Durchbruch.

Berne war von 1942 bis 1945 mit Elinor McRae (zwei Kinder), von 1949 bis 1964 mit Dorothy DeMass Way (zwei Kinder) und von 1967 bis 1970 mit Torre Peterson verheiratet.

Das psychiatrische Werk

Projekt Intuition

Berne beschäftigte sich zehn Jahre mit Intuition im diagnostischen Prozess. Sein Interesse dafür entstand, als er in der Position eines Armee-Psychiaters die Akten tausender Armee-Entlassener zu bearbeiten hatte und dabei zu seiner eigenen Unterhaltung ein kleines Spiel erprobte: Er stellte den Männern die Fragen „Sind Sie nervös?“ und „Waren Sie schon einmal bei einem Psychiater?“ und versuchte, aus den Antworten den Beruf des Betreffenden zu erraten. Besonders bei Mechanikern und Bauern lag er richtig. Die Erfahrungen und Entdeckungen, die er dabei machte, schrieb er in einer Reihe von Aufsätzen zum Thema Intuition nieder.[1] Die Arbeiten führten zum Konzept der Transaktionsanalyse.

Konzept Transaktionsanalyse

Als Arzt hatte Berne gelernt, Psycho-Pathologisches zu diagnostizieren, seine Patienten aus dem Blickwinkel der Psychiatrie einzuordnen und ihnen allein auf Grund seiner ärztlichen Position vorzuschreiben, wie sie sein sollten. Es war ihm ungewohnt und passte auch nicht zu seiner vorgeschriebenen Rolle, seiner unmittelbaren Wahrnehmung zu vertrauen und sie entsprechend in seine praktische Arbeit einzubeziehen. An diesem Punkt hörte er auf, „die alte Melodie zu paraphrasieren,“ und begann, „den Patienten richtig zuzuhören“. So konnte er seine Erkenntnisse über Intuition in die therapeutische Arbeit integrieren. Statt die Begriffe und Kategorien des gelernten Psychiaters anzuwenden und jemanden zum Beispiel zum schweren Fall latenter Homosexualität oder zu einem paranoiden Schizophrenen zu erklären, stimmte er sich ganz auf die betreffende Person ein und machte er sich mit Hilfe seiner Intuition ein Bild von ihr.

Entdeckung der Ich-Zustände

Schließlich entdeckte Berne, dass in jedem Menschen ein ego image aus der Kindheit steckt. Er nannte die ego images Ich-Zustände (ego states). Später unterschied er den Ich-Zustand aus der Kindheit vom Ich-Zustand des Erwachsenen, den die betreffende Person nach außen hin darstellt und der für den Außenstehenden am deutlichsten sichtbar ist. Schließlich unterschied er zwei Ich-Zustände des Erwachsenen: einen, den er das Erwachsenen-Ich (adult ego state) nannte und als rational einordnete, und einen zweiten, nicht notwendigerweise rationalen, das Eltern-Ich (parent ego state), das er als von den Eltern abgeleitet auffasste.

Ego image als Basiskonzept

In der Folge nutzte er das ego image in seiner therapeutischen Praxis. Er konnte feststellen, dass er mit seinen unmittelbaren Erkenntnissen (Intuitionen) zu den Gefühlen und Erfahrungen seiner Patienten eine viel wirksamere und hilfreichere Beziehung aufbaute als durch diagnostische Begriffe, wie er es als Psychiater bislang gewohnt war. Es gelang ihm, bei jedem Patienten ein ego image zu erfassen, das sich auf dessen Kindheit bezog. So konnte er in jede Anamnese schrittweise die Selbstbilder des Patienten als Kind einbeziehen. Die Kindheits-Selbstbilder der Patienten lassen sich gemäß Berne durch wenige Worte umreißen, etwa „Ein kleines blondes Mädchen steht vor einem umzäunten Garten voller Gänseblümchen“ bei einer Frau oder „ein Junge auf dem Beifahrersitz, während sein Vater mit Höchstgeschwindigkeit fährt“ bei einem Mann.

Vervollständigte Theorie

Berne setzte seine Beobachtungen bei Patienten fort und gewann immer mehr Abstand von den Inhalten seiner früheren Ausbildung. Er entdeckte die Bedeutung von Streicheleinheiten und Zeitstrukturierung und beobachtete Transaktionen, Spiele, Zeitvertreib und schließlich Skripts. Gegen Ende der 1960er Jahre war seine Theorie fast vollständig entwickelt. Er verzichtete schließlich ganz auf die übliche psychiatrische Diagnose. Gemäß einem Witz von ihm über die Art und Weise, in der Personen diagnostiziert werden, bezeichnet man sie als passiv-abhängig, wenn sie weniger und als Soziopathen, wenn sie mehr Initiative zeigen als der Therapeut. Theoretisch blieb Berne immer mit der Psychoanalyse verbunden; mit den Jahren verlor sie für sein Denken jedoch an Bedeutung. In seiner Gruppenarbeit hatte sie schließlich gar keine Bedeutung mehr.

Konzept des menschlichen Verhaltens und der Heilung

Ursprünglich war er der Meinung, dass die Transaktionsanalyse lediglich helfen könne, zwischenmenschliches Verhalten besser zu steuern (social control), d.h. das Ausagieren zu steuern, wohingegen die Psychoanalyse die echte therapeutische Arbeit zu leisten imstande sei. Allmählich kam er zu der Ansicht, dass die Transaktionsanalyse bei der Heilung des Patienten die Hauptrolle spiele und lediglich der schwierige Vorgang der Skriptanalyse psychoanalytischer Technik vorbehalten sei. Schließlich führte er auch die Skriptanalyse ohne psychoanalytische Methoden aus. Sein psychoanalytischer Hintergrund wurde nur noch bei gelegentlichen Falldarstellungen erkennbar.

Therapie gestörter Sexualität

In seiner Vorlesungsreihe zu Spielarten und Spielregeln der Liebe stellt Berne die Partnerbeziehung zwischen Mann und Frau von verschiedenen Seiten als ein Kind-Kind-Verhältnis dar. Er warnt vor sexuellen Kontakten mit Minderjährigen, beklagt das häufige Übergehen sexueller Empfindungen in Aggressionen und Krieg und postuliert als Heilmittel dafür ein Konkurrieren um die beste Sorge für die Nachkommen.

Werke

  • Transaktionsanalyse der Intuition. 4. Auflage. Junfermann, Paderborn 2005, ISBN 978-3-87387-003-1
  • Die Transaktionsanalyse in der Psychotherapie. 2. Auflage. Junfermann, Paderborn 2006, ISBN 978-3-87387-423-7
  • Grundlagen der Gruppenbehandlung. 1. Auflage. Junfermann, Paderborn 2005, ISBN 978-3-87387-424-4
  • The mind in action. Simon & Schuster, New York 1947.
  • Games People Play. Grove Press Inc., New-York 1964, ISBN 0-345-41003-3
  • Spiele der Erwachsenen. Rowohlt, Reinbek 1970. rororo, ISBN 3-499-61350-6
  • Sex in Human Loving. 1971.
  • Spielarten und Spielregeln der Liebe. Psychologische Analyse der Partnerbeziehung. Aus dem Amerikan. übertr. von Edelgard und Gerd Stöhr. Rowohlt, Reinbek 1994, ISBN 3-499-16848-0
  • What Do You Say After You Say Hello? Transworld Publ. Ltd UK, 1972, ISBN 0-552-09806-X
  • Was sagen Sie, nachdem Sie Guten Tag gesagt haben? Fischer, Frankfurt am Mai 1983, ISBN 3-596-42192-7 (formal falsche ISBN)

Literatur

  • Claude Steiner: Wie man Lebenspläne verändert. 11. Auflage. Junfermann, Paderborn 2005, ISBN 978-3-87387-192-2
  • Elizabeth W. Jorgensen: Eric Berne, master gamesman: a transactional biography. Grove, New York 1984, ISBN 0-394-53846-3

Quellen

  1. John M. Dusay 1971

Weblinks


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