Esenshamm

Esenshamm
Esenshamm
Stadt Nordenham
Koordinaten: 53° 27′ N, 8° 26′ O53.4485578.4402030Koordinaten: 53° 26′ 55″ N, 8° 26′ 25″ O
Höhe: 0 m ü. NN
Einwohner: 1.200
Eingemeindung: 1974
Postleitzahl: 26954
Vorwahl: 04731

Das Dorf Esenshamm gehört zu der Stadtgemeinde Nordenham im niedersächsischen Landkreis Wesermarsch.

Zum Dorf werden auch die Orte Esenshammer Altendeich, Esenshammer Oberdeich, Esenshammergroden, Butterburg, Havendorf und Bulterweg gezählt.

Der Ortsname Esenshamm setzte sich erst vor ca. 300 Jahren durch, vorher war der Ort als Esemissen, Esensem oder auch als Esenshaim bekannt. Wahrzeichen des Dorfes ist die 1300–1352 erbaute Kirche, die der friesische Häuptling Hayo Husseken als Festung für sich und als Zufluchtsort für einige Vitalienbrüder ausbaute und nutzte.

Esenshamm gilt als eine Hochburg der Friesensportarten Boßeln und Klootschießen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mittelalter

Wann sich das heutige Esenshamm gebildet hat ist unbekannt, vermutlich entstand der Ort durch die Verbindung mehrerer Sommerdeiche im zehnten bis elften Jahrhundert. Esenshamm gehörte im Mittelalter zur autonomen friesischen Landesgemeinde Rüstringen, der terra Rustringie. Nach außen hin wurden die Landesgemeinden durch die redjeven vertreten. Im Juni 1220 schließen 16 Rüstringer Vertreter einen Vertrag mit der Stadt Bremen, um die Rechtssicherheit zu erhöhen und den Handelsverkehr zu regeln. Zu ihnen gehören auch Boyco de Haventhorpe (Havendorf) und Everardus de Esmundeshem (Esenshamm).[1]

Den Höhepunkt als regionales Machtzentrum auf der Butjadinger Halbinsel erlebte Esenshamm unter dem Häuptling Hayo Husseken, der als ein mächtiger Edelmann seiner Zeit galt, vermutlich aber seinen Reichtum der Zusammenarbeit mit den Vitalienbrüdern verdankt, denen er seinen Grund und Besitz als Basis für Angriffe auf die Handelsschiffe der Hanse zur Verfügung stellte.

Hayo Husseken ließ zu seinem Schutz die neu erbaute Esenshammer Kirche zur Festung ausbauen und ließ einen breiten Wehrgraben um sie herum anlegen. Seine Heirat mit der Adeligen Jarste Wiemken sicherte ihm die Gunst von Edo Wiemken dem Älteren, einem der einflussreichsten friesischen Häuptlinge aus dem Geschlecht der Papinga. Husseken schloss Bande mit den anderen regionalen Häuptlingen, wie Lübbe Ommeken, Didde Eggesen zu Golzwarden, Ebke Kampes zu Blexen oder auch die Häuptlinge Ede und Ebke Herings. Diese Häuptlinge, vorwiegend Bierbauern, wandten sich aber bereits um 1380 wieder von Hayo Husseken ab und unterwarfen sich teilweise den Bremern.

Zum Fall Esenshamms kam es zwischen 1380–1384, als Husseken Wiemkens Schwester Jarste verstieß (angeblich wegen ihrer „unendlichen Hässlichkeit“) und seine Geliebte heiratete. Edo Wiemken soll vor Wut rasend gewesen sein und willigte einem Bündnis mit Oldenburg und Bremen ein. Das Bündnis formierte ein großes Heer, welches mit enormer Belagerungsmaschinerie und Blieden (große Steinschleudern) bestückt war. Dem Heer standen außerdem neben 1000 Kavalleristen auch noch dieselbe Zahl Fußvolk zur Verfügung. Während sich auf dem Marsch auf Esenshamm alle Häuptlinge südlich von Rodenkirchen ergaben und ihre Wehranlagen preisgaben, verbündete sich der abtrünnige Lubbe Onneken (ehemals Häuptling von Rodenkirchen) sogar mit dem Heer. Trotz dieser Übermacht stellte sich Husseken mit seiner kleinen Heerschar friesischer Kämpfer dem Kampf. 14 Tage wurde Esenshamm belagert und Tag und Nacht unter Beschuss genommen. Nachdem, Überlieferungen zufolge, 5 Lasten Pfeile und andere Geschosse verschossen waren, Kirche und Friesenheim arg „zusammengeschmolzen“ waren und der Hunger an den Belagerten zerrte, ergab sich Husseken den Bremer Stadtherren und bat um deren Gnade und hoffte nicht an Wiemken ausgeliefert zu werden, was diese tatsächlich anfangs auch nicht taten.

Nach der Auflösung des gemeinschaftlichen Heeres allerdings ließ man Husseken zurück und bekam von Wiemken dafür die Herrschaft über Esenshamm überlassen. Wiemken ließ Husseken in seine Burg nach Jever (die spätere Sibetsburg) zerren, dort tagelang hungern und foltern bevor er ihm als Todesstrafe mit einem Strick aus feinem Haar bei lebendigem Leib zuerst Teile des Fleisches von den Knochen abtrennen ließ und schlussendlich in der Körpermitte durchsägen ließ. Alle anderen regionalen Häuptlinge schworen daraufhin aus Angst Wiemken die Treue. Die Kirche zu Esenshamm wurde von den Bremern daraufhin als Festung untauglich gemacht, ihr Turm gestutzt, der Graben größtenteils zugeschüttet und alle anderen Festungsanlagen demontiert. Während die Bremer nun ab 1406 mit dem Bau der Festungsanlage „Friedeburg“ in Atens begannen diente Esenshamm ab jetzt als Basis für die Erbauer. Erst im späten 15. Jahrhundert fiel Esenshamm wieder an die Friesen unter Sibeth Papinga, erlangte aber nie wieder seine alte militärische Bedeutung zurück.

1500–1933

Bereits 1514 fiel Esenshamm an die Grafschaft Oldenburg (später Herzogtum, Großherzogtum und nach dem Ersten Weltkrieg Freistaat). Im Rahmen der Sächsischen Fehde griffen die vereinigten Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und der Graf von Oldenburg Butjadingen und Stadland an, das unter den Einfluss Graf Edzards I. von Ostfriesland geraten war und eroberten beide Gebiete. Zunächst kamen Esenshamm und Abbehausen als Allodium in oldenburgischen Besitz, 1517 musste Graf Johann V. das Gebiet als Lehen von Herzog Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel nehmen. Nach einem 1515 gescheiterten Aufstand der Butjadinger Bauern veräußerten die welfischen Herzöge nach und nach ihren Besitz an den Oldenburger Grafen, so dass 1523 Butjadingen endgültig oldenburgisch wurde.

Esenhamm war immer noch eine der größten regionalen Ortschaften, geprägt durch überdimensional viele Landeigner und dadurch vermutlich auch dauerhaft wohlständig. Davon zeugt zum Beispiel eine Erfassung der Gewerbetreibenden aus dem Jahre 1815: 106 Landeigner, 47 Heuerlinge oder Kötter, zwei Handelsleute, 13 Schuster, sieben Schneider, vier Schmiede, ein Kleinschmied, fünf Zimmerleute, drei Böttcher, ein Glaser, ein Rademacher, ein Maler, ein Uhrmacher, zwei Maurer, fünf Leineweber, ein Dachdecker, zwei Kahnschiffer, ein Fährmann und ein Musikant.

Viele Nachnamen im Ort belegen noch heute die Menge der Gewerbetreibenden. Darüber hinaus hat sich bis auf einigen Ziegeleien keinerlei Industrie in Esenshamm angesiedelt.

1933 bis heute

Aufgrund der nicht vorhandenen Industrie und auch mangels sonstiger strategischer Bedeutung wurde Esenshamm im Gegensatz zur restlichen nördlichen Wesermarsch weitestgehend von Kriegsschäden verschont. So behielt es seinen alten Charakter als Wohnort bei. Nahezu alle Esenshammer Einwohner arbeiten in den landwirtschaftlichen Betrieben im näheren Umfeld oder in der Großindustrie in der nördlichen Wesermarsch.

Infolge der Gemeindereform 1974 verlor Esenshamm seinen Gemeindestatus, der Ortskern, die Ortsteile Havendorf & Enjebuhr wurden der Stadtgemeinde Nordenham angeschlossen, die Ortschaften Kleinensiel und Havendorfersande wurden der Gemeinde Stadland angeschlossen. In den 1970er-Jahren wurde in der Nachbargemeinde Stadland das Kernkraftwerk Unterweser errichtet, welches 1978 ans Netz ging. Da das Gebiet, auf dem es gebaut wurde, zuvor noch zur Gemeinde Esenshamm gehörte, wurde das Kernkraftwerk lange Zeit fälschlicherweise als KKW Esenshamm bezeichnet. Noch heute kann man in Esenshamm alle Stufen der Besiedelung der Wesermarsch erkennen: Einzelhöfe, Reihendörfer, geschlossene Ortschaften auf erhobenen Wurten und moderne Siedlungen.

Tourismus und Nahverkehr

In Esenshamm existieren mehrere Pensionen mit ausreichend Betten. Außerdem vermieten viele Privat-Pensionen Zimmer an Reisende. Zu Revisionszeiten des Kernkraftwerkes ist allerdings in der Regel vieles ausgebucht, ebenso zur Sail in Bremerhaven sollte man frühzeitig buchen.

Industrie und Wirtschaft

Es befindet sich keine Industrie in Esenshamm. In dem im Zuge des Wesertunnelbaus geschaffenem Gewerbegebiet "Wesertunnel" haben sich bisher eine Zimmerei und ein Bauunternehmen angesiedelt. Im Gespräch ist die Ansiedlung eines großen Logistik-Unternehmens im Gewerbegebiet. Im Norden des Ortes zwischen Ortskern und Hoffe baut derzeit die Rhön Klinikum AG ein neues Krankenhaus.

Bildung und Schule

Esenshamm verfügt über einen Kindergarten und eine Grundschule. Aufgrund eines Mangels an Neuschülern soll die Grundschule 2014 geschlossen werden. Damit gäbe es erstmals seit 1593 keine Schule mehr im Ort.

Sport

Seit über 100 Jahren ist Esenshamm eine Hochburg der Klootschießerbewegung. Der über 150 Mitglieder zählende Verein bietet die Sportarten Klootschießen, Boßeln und Schleuderballweitwurf an. Außerdem noch sehr aktiv ist der fast 150 Jahre alte Turnverein Esenshamm. Er bietet die Sportarten Turnen, Badminton, Fußball, Faustball, Laufen, Tischtennis und Walking sowie Ballspiele für Kinder an.

Vereine am Ort

Literatur & Quellen

  • Friedrich Wilhelm Brandt: Fähren der Unterweser, ISBN 3-89442-159-2
  • A. Graf Finckenstein: Die Geschichte Butjadingens und des Stadlandes bis 1514, ISBN 3-87358-076-4
  • Wolfgang Günter [u.a.]: Nordenham. Die Geschichte einer Stadt, hrsg. im Auftrag der Stadt Nordenham von Eila Elzholz, Isensee-Verlag, Oldenburg 1993 – ISBN 3-89598-153-2
  • Pastor Toenniessen: Geschichte der Gemeinde Esenshamm
  • Jens Schmeyers: Die letzten freien Friesen, ISBN 3-927697-47-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinrich Schmidt, Der Raum Nordenham in Mittelalter und Reformationszeit, in: Wolfgang Günther (u.a.), Nordenham. Geschichte einer Stadt, Oldenburg 1993, S. 81-160, S. 100. Die Quelle ist ediert: Bremer Urkundenbuch I, Nr. 119.

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