Eugene Bird

Eugene Bird

Eugene K. Bird (* 11. März 1926 in Lambert, Montana, Vereinigte Staaten; † 28. Oktober 2005 in Berlin) war ein US-amerikanischer Offizier und von 1964 bis 1972 Direktor des Kriegsverbrechergefängnisses Spandau. Nachdem die amerikanische Militärführung im März 1971 durch die Manuskripte zu dem 1974 veröffentlichten Buch Loneliest Man in the World offiziell Kenntnis von der engen Zusammenarbeit Birds mit Rudolf Heß erhielt, wurde Bird unter Hausarrest gestellt und als Kommandant des Gefängnisses entlassen.

Inhaltsverzeichnis

Militärischer Werdegang

Der am 11. März 1926 in einer Kleinstadt in Montana geborene Bird diente ab 1944 in der United States Army und nahm in Europa an den Kämpfen gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich teil. 1947 war er der ranghöchste amerikanische Wachsoldat im Kriegsverbrechergefängnis Spandau. Von 1956 bis 1959 war er als Offizier maßgeblich am Aufbau der deutschen Bundeswehr beteiligt. Von 1964 bis 1972 war er Kommandant des Gefängnisses in Spandau, in dem die sieben während des Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher zu Haftstrafen verurteilten führenden Nationalsozialisten inhaftiert waren. Seine militärische Karriere endete 1972 mit dem Abschied aus dem Militärdienst.

Kommandantur in Spandau

Über die Jahre als Kommandant des Gefängnis baute er zu dem ehemaligen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß eine enge Beziehung auf. Dieser war im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess zu lebenslanger Haft verurteilt worden und verblieb nach der Entlassung Albert Speers und Baldur von Schirachs nach der regulären Verbüßung ihrer vollen Haftstrafe, ab 1966 als einziger Insasse des Gefängnisses.

Während seiner Zeit als Gefängnisdirektor entstand das im Jahre 1974 veröffentlichte Buch Rudolf Heß: Stellvertreter des Führers,[1] das in zwölf Sprachen übersetzt wurde, in über 35 Ländern erschien und zu einem Bestseller wurde. Bird gab offen zu, den in strenger Einzelhaft inhaftierten Heß in dessen Zelle besucht zu haben. Er beschreibt im Epilog seines Buches die Gespräche mit Heß und behauptet darin, sowohl seine Vorgesetzten, wie auch seine Kollegen haben von diesen Befragungen gewusst und diese teilweise auch unterstützt. Neben der Aufarbeitung verschiedener Dokumente, drehte Bird auch einen Schmalspurfilm mit Heß, der Jahre später im Fernsehen gezeigt wurde. Im Mittelpunkt des Interesses stand für Bird die Aufarbeitung der Hintergründe des Englandfluges, den Heß 1941 unternahm. Laut Bird hatte Heß seine Beteiligung an den Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus nie bereut.[2]

Diese Vorgänge führten zur Entlassung Birds als Kommandant in Spandau, da sein Verhalten laut den alliierten Behörden einen Bruch mit den Gefängnisvorschriften bedeutet hatten. Er wurde unter Hausarrest gestellt und intensiv verhört. Bird wurde dazu gedrängt, seinen Abschied bei der US Army zu nehmen.

Leben nach 1972

Bird immigrierte mit seiner Familie endgültig nach Deutschland und ließ sich in Berlin nieder, wo er im Bezirk Zehlendorf wohnte und eine kleine Firma betrieb.

Als Rudolf Heß 1987 starb, wurde Bird im Einklang mit der Familie Heß und verschiedenen Verschwörungstheoretikern, beispielsweise dem rechtsextremen Olaf Rose, zu einem der Wortführer derer, die die offizielle Version, dass dieser Selbstmord begangen habe, bezweifeln. Seiner Ansicht nach wurde Heß von den Briten ermordet, da die Sowjetunion unter Gorbatschow die Bereitschaft gezeigt habe, Heß freizulassen. Die Briten hätten Heß aber nicht in Freiheit sehen wollen. Zudem äußerte er Zweifel, dass der zu seinem Todeszeitpunkt 93-jährige Heß physisch in der Lage gewesen wäre, Selbstmord zu begehen. Diese Ansichten sind stark umstritten.[3]

Bird war Mitglied in mehreren rechtsgerichteten Organisationen. Nach dem Informationsdienst gegen Rechtsextremismus gehörte er zudem dem evangelikalen Arbeitskreis christlicher Publizisten[4] sowie der Vereinigung 17. Juni 1953 an.[5]

Eugene Bird war verheiratet und hatte zwei Töchter. Er starb am 28. Oktober 2005 und wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf beerdigt.

Literatur

  • Eugene K. Bird: Hess. Der Stellvertreter des Führers. Englandflug und britische Gefangenschaft. Nürnberg und Spandau; Verlag Kurt Desch, München 1974; ISBN 3-420-04701-0
  • Eugene K. Bird: The Loneliest Man in The World: The Inside Story of the 30-year Imprisonment of Rudolf Hess; Secker & Warburg, London, 1974; ISBN 0-436-04290-8

Weblinks

Literatur von und über Eugene Bird im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Einzelnachweise

  1. Englische Originalausgabe: The Loneliest Man in The World: The Inside Story of the 30-year Imprisonment of Rudolf Hess; Secker & Warburg, London, 1974; ISBN 0-436-04290-8
  2. Karl-Heinz Janien: Der Häftling Nummer sieben; in: Die Zeit, 19. April 1974 Nr. 17
  3. Dokumentation von Ulrike Bremer: Hitlers Stellvertreter: Der Fall des Rudolf Heß; Erstausstrahlung im HR-Fernsehen am 11. August 2005
  4. Quellen des IDGR: Anton Maegerle: Jubiläum für christliche Publizisten; Bandnummer 20/96 S. 11, Bandnummer 4/98 S. 15, Bandnummer 2/01 S. 14 und Antifaschistische Nachrichten:„ACP“ und „AFF“ kooperieren; Mecklenburg, 8/1999
  5. Pressemitteilung der Vereinigung 17. Juni 1953 vom 13. November 2005: Ehem. US-Kommandant tot. Unter dem Namen als Eugen K. Bird wird Bird als „treuer Freund und Ratgeber“ der Vereinigung bezeichnet.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eugene K. Bird — (* 11. März 1926 in Lambert, Montana, Vereinigte Staaten; † 28. Oktober 2005 in Berlin) war ein US amerikanischer Offizier und von 1964 bis 1972 Direktor des Kriegsverbrechergefängnis Spandau. Nachdem die amerikanische Militärführung im März 1971 …   Deutsch Wikipedia

  • Bird — ist der Familienname folgender Personen: Adrian Peter Bird, britischer Genetiker Andrew Bird (Filmeditor) (* 1957), britischer Filmeditor und Übersetzer Andrew Bird (Ruderer) (* 1967), neuseeländischer Ruderer Andrew Bird (Musiker) (* 1973), US… …   Deutsch Wikipedia

  • Eugene Byrd — Eugene Bird Données clés Naissance 28 août 1975 (1975 08 28) (36 ans) Philadelphie, Pennsylvanie, (États Unis) Nationalité …   Wikipédia en Français

  • Eugene K. Bird — Infobox Military Person name=Eugene K. Bird caption=Eugene K. Bird born=11 March 1926 died=October 28 2005 placeofbirth=Lambert, Montana placeofdeath=Berlin placeofburial= placeofburial label= nickname= allegiance=United States branch=United… …   Wikipedia

  • Eugene Walter — (1921 98) should not be confused with the playwright Eugene Walter (1874 1941). Eugene Walter, 1921 March 29, 1998, was an American screenwriter, poet, short story author, actor, puppeteer, gourmet chef, cryptographer, translator, editor, costume …   Wikipedia

  • Bird (surname) — Bird is a surname, and may refer to:* Aaron Bird * Alan Bird (1906 1962), Australian politician * Albert Bird (cricketer) *Alfred Bird (1811 1878), food manufacturer and chemist *Alfred Frederick Bird (1849 1922), food manufacturer *Andrew Bird,… …   Wikipedia

  • Eugene Pintard Bicknell — Saltar a navegación, búsqueda Eugene Pintard Bicknell Nacimiento 23 de septiembre de 1859 Riverdale …   Wikipedia Español

  • Eugene Field — (1885) …   Deutsch Wikipedia

  • Eugene Chadbourne — (January 4, 1954 in Mount Vernon, New York) is an American, improvisor, guitarist and banjoist. Highly eclectic and unconventional, Chadbourne s most formative influence may be jazz [Ankeny, Jason (2008). [http://www.allmusic.com/cg/amg.dll?p=amg …   Wikipedia

  • Eugene Schieffelin — (* 29. Januar 1827 in New York; † 15. August 1906 in Newport, Rhode Island) war ein amerikanischer Arzneimittelhersteller und Vorsitzender der American Acclimatization Society. Er wurde dadurch bekannt, dass er 1890 und 1891 die bis dahin nur in… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”