Fanarioten

Fanarioten

Als Phanarioten (griechisch Φαναριώτες) werden im weiteren Sinne alle Istanbuler Griechen bezeichnet, die heute nur noch wenige tausend Köpfe zählen. Während auch nach dem Ersten Weltkrieg und der Gründung der Republik Türkei 1923 noch zahlreiche Griechen in Istanbul lebten, setzte nach dem sogenannten „Pogrom von Istanbul“ am 7. September 1955 ein massiver Exodus ein.

Unter der Bezeichnung Phanarioten versteht man im engeren Sinne, insbesondere in den Ländern des ehemaligen Osmanischen Reichs auf dem Balkan, einen kleinen Kreis wohlhabender und politisch einflussreicher byzantinischer, bzw. osmanischer Adelsfamilien, die im Osmanischen Reich des 17./18. Jahrhunderts die Oberschicht in Phanar, einem Stadtteil Konstantinopels, bildeten.

Vor allem griechische Kaufleute und Priester von adliger byzantinischer Herkunft, die wirtschaftlichen Wohlstand und politischen Einfluss erworben hatten, ließen sich im äußersten Nordwesten Konstantinopels nieder, wo sich die griechischen Interessen konzentrierten. Der Ökumenische Patriarch hatte hier ein Haus in der Nähe der ihm überwiesenen Kirche St. Georg erbaut und sein Hauptquartier eingerichtet (nachdem die Hagia Sophia in eine Moschee umgewandelt worden war). Die Griechen galten im Osmanischen Reich bis zum griechischen Unabhängigkeitskrieg als besonders loyale nichtmuslimische Untertanen. Später schließen sich auch bulgarische und hellenisierte bulgarische Familien den Phanarioten an.

Inhaltsverzeichnis

Phanariotenzeit

Unter der Phanariotenzeit wird die Epoche zwischen 1711 (Moldau) bzw. 1715 (Walachei) und 1821 verstanden, als die moldauischen und walachischen Bojaren nicht mehr das Recht hatten einen Fürsten aus ihren Kreisen zu wählen. [1] In dieser Zeit wurden die Phanarioten durch das Osmanische Reich zu Gospodaren der Walachei und Moldawiens ernannt, übernahmen wichtige Posten in Armee und Regierung und wurden zum Teil in europäischen Ländern als Botschafter tätig. Die Phanariotenzeit endet mit der Erbebung unter Tudor Vladimirescu bzw. Alexander Ypsilantis im Jahre 1821.

Die Phanarioten im griechischen Freiheitskampf

Zu den griechischen Freiheitskämpfen der 1820er Jahre trugen sie in doppelter Hinsicht bei: Das Recht zur Steuereintreibung bei den Christen, für die Phanarioten zuständig waren, wurde häufig zur eigenen Bereicherung missbraucht, indem bei den christlichen Völkern der Provinz, Griechen wie Nichtgriechen, immer höhere Abgaben erhoben wurden. Allerdings verfolgten nicht alle Phanarioten diese Praxis, einige trugen maßgeblich zur Finanzierung des Aufstands bei. Es gab unter den Freiheitskämpfern etliche Phanarioten, die im Kampf für die Ideale eines unabhängigen demokratischen Nationalstaats eine tragende Rolle gespielt haben. Unter anderem gehört auch Alexander Ypsilantis zu ihnen. Dennoch waren es ironischerweise gerade weite Teile der gebildeten Schichten der Griechen, die der aufgeklärten Idee des eigenen Nationalstaates nach französischem Vorbild nicht viel abgewinnen konnten.

Alexandros Mavrokordatos (1791-1865), griechischer Premierminister

Nachdem der griechische Staat seine Unabhängigkeit erlangt hatte, spielten Phanarioten im neu gegründeten Staatswesen wichtige Rollen. Mit Alexandros Mavrokordatos stellten sie den ersten griechischen Premierminister.

Bedeutende phanariotische Familien

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Ernst, Herbert Ernst Weigand, Martin-Dietrich Glegen, Christian Schmitt, Wolfgang Schweickard: Romanische Sprachgeschichte, S. 1615 ff., Die Phanariotenzeit, Walter de Gruyter, 2006, ISBN 3110171503

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