Faust (Lenau)

Faust (Lenau)
Titelblatt des Erstdruckes

Faust. Ein Gedicht ist ein Drama von Nikolaus Lenau, das wesentlich radikaler als Goethes Faust ist. Es entstand 1836 zur Zeit des Biedermeier.

„Faust ist zwar von Goethe geschrieben, aber deshalb kein Monopol Goethes, von dem jeder andere ausgeschlossen wäre. Dieser Faust ist Gemeingut der Menschheit.“

Lenau: 27.November 1833, Brief

Inhaltsverzeichnis

Form

Lenau verwendet eine sehr bildhafte Sprache, die Emotionen transportiert, bzw. unterstreicht. Der Text teilt sich in Dialoge (Dramatik) und Erzählpassagen (Epik). Das Werk entstand 1833 bis 1835 als Gegensatz zu Goethes Faust. Inhaltlich und sprachlich ähnelt es Goethes Faust, aber Lenau interpretiert den Fauststoff anders, sein Faust weicht wesentlich vom Vorbild ab.

Personen

Faust

Lenaus Faust unterscheidet sich stark von seinem Vorbild. Sein Faust steht nicht für alle Menschen, sondern ist ein Spiegelbild seines Schöpfers, der zwischen einem bitter empfundenen Atheismus und einem Pantheismus schwankte, den Zweifel verzehrten und der zeitlebens das Gefühl hatte, von aller Welt und allen menschlichen Bindungen ausgeschlossen zu sein. Faust ist ein schwacher Mensch, der sich leicht beeinflussen lässt. Er wird zum Werkzeug Mephistopheles.

Mephistopheles

Der Teufel ist hier allmächtig und untersteht nicht wie bei Goethe Gott. Er ist die personifizierte Intelligenz, ohne jedes Gefühl und Emotion. Mephisto manipuliert Faust geschickt, dieser kann seinen Fängen nicht entkommen. Er ist Philosoph und Aufklärer. Im Gegensatz zu Goethes Figur gewinnt er.

Inhalt

Faust ist ein Mann von tiefem Gemüt und reinem Willen. Der Teufel verspricht, ihn zur Erkenntnis und Wahrheit zu führen, wenn er sich ihm anvertraue. Faust unterzeichnet den Vertrag und ist bereit eine Bibel ins Feuer zu werfen. Schwieriger als die Abwendung von Gott wird für ihn die Lösung von der Natur, in der er vorher die Geheimnisse der Schöpfung zu finden glaubte.

Mephisto stürzt ihn in Lust, wahre Liebe und schließlich Mord, doch diese Erfahrungen überdecken seine Einsamkeit nur kurzfristig. Er stellt fest, dass ihm sogar die „Freundin“ Natur fremd geworden ist, deshalb trennt er sich von seiner Heimat und dem Grab seiner Mutter, er will in die „Einsamkeit des Meeres“. Mephisto hält Faust die völlige Autonomie des Ichs als höchste Freiheit vor Augen. Faust triumphiert über den Sturm auf dem Meer und ist niemandes Untertan, doch er muss erkennen, dass er völlig vereinsamt ist und ersticht sich. Zum Schluss ist er zu der Ansicht gelangt, er sei nur ein Traum Gottes und niemals von diese getrennt und könne sich demnach ein Messer „in das Herz träumen“, ohne dass das von Belang sei. Mephisto, der das letzte Wort hat, widerspricht dem, nachdem sich Faust erstochen hat; er habe nun endgültig über Faust triumphiert.

Interpretation

Faust sehnt sich nach Gott, der ihn hält und versteht, will aber gleichzeitig unabhängig und selbst gottgleich sein. Aus diesem Konflikt entsteht die Sehnsucht nach dem Untergang. Lenaus Faust schwankt wie sein Vorbild zwischen zwei Polen, zwischen Atheismus und Pantheismus, zwischen Zivilisation und Natur, usw. Gott rettet ihn aber nicht, diese Erkenntnis macht das Werk hoffnungslos und traurig. Es reflektiert den Weltschmerz Lenaus. Sein Faust ist vielmehr eine Möglichkeit für Lenau sich selbst auszudrücken, als wie Goethes Werk ein Denkanstoß für die Menschheit.

Musik

Die Episode um den Tanz in der Dorfschenke inspirierte Franz Liszt zu einem seiner bekanntesten Soloklavierwerke, dem Mephisto-Walzer Nr. 1.

Ausgaben

Weblinks

Digitalisierter Volltext von Faust.Ein Gedicht bei Zeno.org


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