Feldeffekttransistor

Feldeffekttransistor

Feldeffekttransistoren oder FET (engl. field-effect transistor) sind eine Gruppe von unipolaren Transistoren, bei denen im Gegensatz zu den Bipolartransistoren nur ein Ladungstyp am Stromtransport beteiligt ist – abhängig von der Bauart Elektronen oder Löcher bzw. Defektelektronen. Sie werden bei tiefen Frequenzen – im Gegensatz zu den Bipolartransistoren – weitestgehend leistungs- bzw. verlustlos geschaltet. Die am weitesten verbreitete Art des Feldeffekttransistors ist der MOSFET (Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor).

Technologiequerschnitt eines n-Kanal-MOSFET

Entdeckt wurde das Prinzip des Feldeffekttransistors im Jahr 1925 von Julius Lilienfeld. Damals war es aber noch nicht möglich, einen solchen FET auch tatsächlich herzustellen. Halbleitermaterial der notwendigen Reinheit als Ausgangsmaterial kommt in der Natur nicht vor und Methoden zur Erzeugung hochreinen Halbleitermaterials waren noch nicht bekannt. Insofern waren auch die speziellen Eigenschaften von Halbleitern noch nicht ausreichend erforscht. Erst mit der Herstellung hochreiner Halbleiterkristalle (Germanium) Anfang der 1950er-Jahre wurde dieses Problem gelöst.[1] Aber erst durch die Silizium-Halbleitertechnologie (u. a. thermische Oxidation von Silizium) in den 1960er-Jahren konnten erste Labormuster des FET hergestellt werden.[2][3]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste konkrete Beschreibung eines Bauelements mit Eigenschaften ähnlich denen einer Elektronenröhre geht auf Julius Lilienfeld im Jahr 1925 zurück.[4] Zu dieser Zeit fehlten allerdings die notwendigen Technologien, diese Vorschläge zu realisieren.[5] In der Folgezeit finden sich ähnliche Versuche von Joseph Weber (1930), Holst und Geal (1936) und vor allem Hilsch und Pohl (1938), das Gitter der Elektronenröhren in Festkörpern, insbesondere in Kristallen nachzubauen, von denen jedoch auch keine Realisierungen bekannt sind.

Nachdem Lilienfeld 1928 daraufhin davon abweichend eine Konstruktion vorschlug und patentieren ließ, die dem heutigen IGFET sehr nahe kam, konstruierte der deutsche Physiker Oskar Heil 1934 den ersten Feldeffekttransistor, den er ebenfalls zum Patent anmeldete.[6]

Auch die folgende Beschreibung des ersten JFETs mit einem p-n-Übergang als Steuerung durch Herbert Mataré, Heinrich Welker und parallel dazu William B. Shockley und Walter H. Brattain erfolgte bereits 1945 und damit vor Erfindung des Bipolartransistors 1948. Wegen der raschen Fortschritte allerdings, die man mit diesen Transistoren machte, und weil sich Feldeffekttransistoren mit den damaligen Technologien und dem damaligen Kenntnisstand noch nicht wirtschaftlich fertigen ließen, wurden Feldeffekttransistoren bis in die 1960er Jahre nicht außerhalb von Laboratorien eingesetzt. Erst wegen auftretender Probleme mit den bipolaren Transistoren beschäftigte man sich ab ca. 1955 eingehender mit den Halbleiteroberflächen und entwickelte Fertigungsverfahren, die die Feldeffekttransistoren zur Serienreife brachten. Dazu zählt insbesondere die Planartechnik.

Funktionsweise

Das Grundprinzip

Im Gegensatz zu den stromgesteuerten Bipolartransistoren sind Feldeffekttransistoren spannungsgesteuerte Schaltungselemente. Die Steuerung erfolgt über die Gate-Source-Spannung, welche zur Regulation des Kanalquerschnittes bzw. der Ladungsträgerdichte dient, d. h. des Halbleiter-Widerstands, um so die Stärke eines elektrischen Stromes zu schalten oder zu steuern.

Der FET verfügt über drei Anschlüsse:

  • Source (englisch für „Quelle“, „Zufluss“)
  • Gate (englisch für „Tor“, „Gatter“)
  • Drain (englisch für „Senke“, „Abfluss“)

Beim MOSFET ist auch ein vierter Anschluss Bulk (Substrat) vorhanden. Dieser wird bei Einzeltransistoren bereits intern mit dem Source-Anschluss verbunden und nicht extra beschaltet.

Die Steuerung bzw. Verstärkung des Stromflusses zwischen Drain und Source geschieht durch gezieltes Vergrößern und Verkleinern leitender und nichtleitender Gebiete des Halbleitermaterials (Substrat). Das im Vorfeld p- und n-dotierte Halbleitermaterial wird dabei durch die angelegte Spannung bzw. das dadurch entstehende elektrische Feld entweder verarmt oder mit Ladungsträgern angereichert.

Der entscheidende schaltungstechnische Unterschied zum bipolaren Transistor besteht in der bei niedrigen Frequenzen praktisch leistungslosen Ansteuerung des FET, es wird lediglich eine Steuerspannung benötigt.

Ein weiterer Unterschied ist der Ladungstransport in dem unipolaren Source-Drain-Kanal. Diese Tatsache ermöglicht prinzipiell einen inversen Betrieb des FET, d. h., Drain und Source können vertauscht werden. Allerdings trifft das nur auf sehr wenige FETs zu, weil die meisten Typen sowohl unsymmetrisch aufgebaut sind, als auch die Anschlüsse Bulk und Source intern verbunden sind. Zudem kann der unipolare Kanal als bidirektionaler Widerstand benutzt werden und somit nicht nur Gleich-, sondern auch Wechselströme beeinflussen, was z. B. bei Dämpfungsschaltungen (Abschwächer, Muting) genutzt wird.

Je nach Art des FET kommen unterschiedliche Effekte zum Einsatz, um die Leitfähigkeit der Gebiete zu steuern. FETs weisen außerdem eine geringere Steilheit ΔIAusgangUsteuer gegenüber vergleichbaren Bipolartransistoren auf.

Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften von Bipolar- sowie Feldeffekttransistoren wurden 1984 auf Basis von MISFETs der Bipolartransistor mit isolierter Gateelektrode (englisch insulated-gate bipolar transistor, IGBT) entwickelt. Er stellt eine Kombination von Feldeffektransistor und Bipolartransistor dar, ist aber im Einsatzbereich auf höhere Betriebsspannungen limitiert.

JFET

Übertragungskennlinie n-Kanal-JFET:
Drain-Strom in Abhängigkeit von der Gate-Source-Spannung

→ Hauptartikel: JFET

Schema eines n-Kanal-JFET

Beim Junction- oder Sperrschicht-Feldeffekttransistor (JFET oder SFET) wird der Stromfluss durch den zwischen Drain und Source liegenden Stromkanal mithilfe einer Sperrschicht (vgl. p-n-Übergang) zwischen Gate und dem Kanal gesteuert. Das ist möglich, da die Ausdehnung der Sperrschicht, also die Größe der Zone, die den entgegengesetzten Leitungstyp des Kanalmaterials besitzt, von der Gate-Spannung abhängig ist (siehe auch Raumladungszone).

Analog zum Feldeffekttransistor mit isoliertem Gate (IGFET, vgl. MISFET) wird die Gruppe der Sperrschicht-Feldeffekttransistoren (JFET) auch als NIGFET (englisch non insulated-gate field-effect transistor) also Feldeffekttransitor ohne isoliertes Gate bezeichnet. Man unterscheidet im Wesentlichen folgende Feldeffekttransistorarten (ohne isoliertem Gate, NIGFETs):

MISFET

Schema eines n-Kanal-MOSFET (mit bereits ausgebildetem, leitendem Kanal zwischen Source und Drain)

Hauptartikel: MOSFET, der derzeit meist eingesetzte MISFET

Bei einem MISFET (engl. metal insulator semiconductor FET), auch IGFET (engl. insulated gate FET), wird eine Metall-Isolator-Halbleiter-Struktur dazu genutzt, mittels Inversion einen leitenden Kanal zwischen Source und Drain herzustellen. Dabei werden mit steigender Spannung UGB zwischen Gate und Bulk bzw. Substrat zuerst die Defektelektronen, d. h. die vormaligen Majoritätsladungsträger, verdrängt und es bildet sich durch Ladungsträger-Verarmung ein nichtleitendes Gebiet. Steigt die Spannung weiter, kommt es zur Inversion, das p-dotierte Substrat wird unterhalb des Gates n-leitend und bildet einen Kanal zwischen Source und Drain, dessen Majoritätsladungsträger nun Elektronen sind. Auf diese Weise steuert die Spannung zwischen Gate und Bulk den Stromfluss zwischen Source und Drain.

Aus technologischen Gründen hat sich hier die Werkstoffkombination Siliziumdioxid-Silizium durchgesetzt. Deshalb fand in den Anfangsjahren der Mikroelektronik der Begriff MOSFET große Verbreitung, und wird auch heute noch als Synonym für die Allgemeinere Bezeichnung MISFET oder gar IGFET genutzt.

Man unterscheidet im Wesentlichen folgende Feldeffekttransistorarten (mit isoliertem Gate, IGFETs):

Typen und Schaltsymbole

Grundtypen von Feldeffekttransistoren

Neben den abgebildeten Symbolen sind auch noch weitere üblich. Insbesondere im englischen Sprachraum werden die MOSFET-Typen durch einen Pfeil auf dem Source-Anschluss gekennzeichnet.[7] Hier deutet der Pfeil die technische Stromrichtung im typischen Betriebszustand an, d. h., bei einem p-Kanal-MOSFET (n-dotiertes Substrat, p-dotiertes Source und Drain, → pnp) zeigt der Pfeil vom Gate weg, bei einem n-Kanal-MOSFET (p-dotiertes Substrat, n-dotiertes Source und Drain, → npn) zum Gate hin.

Anwendungsgebiete

Der Einsatz der verschiedenen Bauformen der Feldeffekttransistoren ist vor allem abhängig von den Ansprüchen an Stabilität und Rauschverhalten. Grundsätzlich gibt es Feldeffekttransistoren für alle Einsatzgebiete, dabei werden jedoch die IGFETs eher in der Digitaltechnik eingesetzt, JFETs eher in der Hochfrequenztechnik.[8]

Leistungs-MOSFET sind Bipolartransistoren hinsichtlich Schaltgeschwindigkeit und Verlusten insbesondere bei Spannungen bis ca. 500 V überlegen. Sie werden daher in Schaltnetzteilen und Schaltreglern eingesetzt. Aufgrund der damit möglichen hohen Schaltfrequenzen (bis ca. 1 MHz) lassen sich kleinere induktive Bauteile einsetzen.

Des Weiteren sind sie in Form von so genannten „intelligenten“, das heißt mit integrierten Schutzschaltungen versehenen, Leistungsschaltern im Automotive-Bereich verbreitet. Darüber hinaus finden sie Anwendung als HF-Leistungsverstärker meist gefertigt in Bauformen mit speziellen Kennlinien und Gehäusen. Klasse-D-Audioverstärker arbeiten in den PWM-Schaltstufen mit MOSFETs.

Siehe auch

Literatur

  • Reinhold Paul: MOS - Feldeffekttransistoren. Springer, Berlin 2002, ISBN 3540558675.

Weblinks

 Commons: Field-effect Transistors – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G. K. Teal, J. B. Little: Growth of germanium single crystals. In: Phys. Rev.. 78, 1950, S. 647, doi:10.1103/PhysRev.78.637 (Proceedings of the American Physical Society; Minutes of the Meeting at Oak Ridge, March 16-18, 1950).
  2. D. Kahng: A historical perspective on the development of MOS transistors and related devices. In: Electron Devices, IEEE Transactions on. 23, Nr. 7, 1976, S. 655–657, doi:10.1109/T-ED.1976.18468.
  3. S. M. Sze, Kwok Kwok Ng: Physics of semiconductor devices. John Wiley and Sons, 2007, ISBN 9780471143239 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  4. Patent US1745175: Method and Apparatus For Controlling Electric Currents. Angemeldet am 22. Oktober 1925, Erfinder: J. E. Lilienfeld.
  5. Reinhold Paul, Feldeffekttransistoren - physikalische Grundlagen und Eigenschaften. Verlag Berliner Union [u. a.], Stuttgart 1972, ISBN 3-408-53050-5
  6. Patent GB439457: Improvements in or relating to electrical amplifiers and other control arrangements and devices. Erfinder: Oskar Heil (angemeldet in Deutschland am 2. März 1934).
  7. Innovatia Technologies - Transistors (englisch)
  8. Heinz Beneking: Feldeffekttransistoren. Springer Verlag, Berlin 1973, ISBN 3-540-06377-3.

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