Fernsehballett

Fernsehballett
Im großen Festumzug anlässlich des 750-jährigen Berliner Stadtjubiläums tanzt das Ballett des DDR-Fernsehens, 1987.
Das Fernsehballett auf Jubiläumstour in Berlin (Oktober 2008)

Das Deutsche Fernsehballett des MDR ist das bekannteste TV-Showballett Europas.

Am 1. April 1962 legte Ballettmeister und Tanzsolist Günter Jätzlau im Auftrag des Deutschen Fernsehfunks der DDR den Grundstein für das Fernsehballett. Zuerst wurden acht Tänzerinnen engagiert, bis 1967 vergrößerte sich das Ensemble auf zwanzig Mitglieder. Gastchoreographen bestimmten die Weiterentwicklung neben der bestehenden Führungsriege.

Durch die Verpflichtung von Walter Schumann, vorher Solist und Choreograph am Friedrichstadtpalast Berlin, wurden 1967 weitere Tänzerpersönlichkeiten gefördert. Darunter befanden sich auch Emöke Pöstenyi und Susan Baker, die als Solistenpaar (in Anlehnung an die Kessler-Zwillinge aus Westdeutschland) vielfach auftraten. Außerdem wurde in dieser Zeit ein größerer Ballettsaal in Betrieb genommen, Musik- und Ballettmeister sowie Kostümbildner wurden angestellt, und ein neues Fertigungsatelier für die Kostüme des Ensembles entstand.

Nach 1975 trat der Nachwuchs in der Sparte Choreographie seinen Dienst an. So entwarfen die ehemaligen Solisten des Fernsehballetts, Ferenc Salmayer und Emöke Pöstenyi, ein neues Profil des Tanzensembles. Sie lieferten ein Grundgerüst für die heutige Arbeit des Fernsehballetts. In Ein Kessel Buntes, der Samstagabendshow des DDR-Fernsehens, tanzten sie regelmäßig neben nationalen und internationalen Stars. Ab 1982 traten neue Solisten wie Ophelia Vilarova und Maik Damboldt die Nachfolge an, die einen großen Wiedererkennungswert beim Publikum hatten. 1989 wurde André Höhl für das Ballett engagiert.

Nach dem Zerfall der DDR 1990 war zunächst unklar, wie es um die Existenz des Fernsehballetts des DDR-Fernsehens stand. Bei der Verleihung des Telestar richtete Emöke Pöstenyi einen Appell an die Verantwortlichen aus der Unterhaltungsbranche und löste damit Diskussionen aus. Ende Dezember 1991, kurz vor der Abschaltung des DDR-Fernsehens am 31. Dezember des Jahres, bot der Fernsehdirektor des neu gegründeten MDR-Fernsehens eine Erhaltung des Fernsehballetts und Anbindung an seinen ARD-Sender an. Ein Glücksfall war die Verpflichtung weiterer Gesellschafter, die sich finanziell am Ballett beteiligen wollten.

Im Januar 1992 ging das Fernsehballett des DDR-Fernsehens in der MDR Deutsches Fernsehballett GmbH auf. Seit Juli 1992 ist das Unternehmen selbst verantwortlich für die Finanzen. Im November des gleichen Jahres beging das Ensemble seinen 30. Geburtstag. Der bisherige Standort des Fernsehballetts in Berlin-Johannisthal musste zu dem Zeitpunkt geräumt werden. Der Sender Freies Berlin (heute Rundfunk Berlin-Brandenburg) stellte in seinem Fernsehzentrum an der Masurenallee in Berlin-Westend Ende Mai 1992 einen Ballettsaal zur Verfügung, der bis heute Sitz und Probebühne des Ensembles ist.

Das Tanzensemble trat verstärkt in den Shows des MDR auf, es folgten einige Engagements auch von Seiten des Privatfernsehens. Sie tanzten bei Thomas Gottschalk in seiner Late Night Show bei RTL, außerdem gab es ein ARD-Portrait mit dem Namen Alles balletti. Bei Live-Auftritten zeigte sich das Ensemble unter anderem in der ersten Modeoper Mimi – La Bohème. Seit dem 1. Januar 1996 ist Knut Vietze Geschäftsführer beim MDR Deutschen Fernsehballett. Zur gleichen Zeit wurde die drefa Filmatelier GmbH als Mitgesellschafter aktiv. Die Tänzerinnen und Tänzer traten auch in ARD-Spielfilmproduktionen wie dem TatortBei Auftritt Mord auf. Der Dreiteiler Tanz auf dem Vulkan zeigte die tanzenden Ensemblemitglieder auch als Schauspieler. In dieser Produktion waren auch Marlène Charell, Klausjürgen Wussow, Daniela Ziegler und Sonja Kirchberger dabei.

Im Jahr 1996 überschritt das Fernsehballett erstmals die Gewinnschwelle. Die Reichweite der Sendungen, an denen das Tanzensemble mitwirkte, steigerte sich damals auf 122 Millionen Fernsehzuschauer. 1997 gab es auch ein Tango-Special für das MDR, unter anderem mit dem seit 1992 als Solist tanzenden André Höhl. Der MDR übertrug 1999 seine Geschäftsanteile am Deutschen Fernsehballett an die DREFA Media Holding GmbH, die eine Tochtergesellschaft des Senders ist. Im gleichen Jahr war das Ensemble zum ersten Mal seit der Wende schuldenfrei. Bis heute sehen über 140 Millionen Menschen im Jahr das Deutsche Fernsehballett des MDR in den unterschiedlichsten Produktionen im Fernsehen und auf der Bühne. Regelmäßig treten sie auch in der ARD beim Fest der Volksmusik von Florian Silbereisen und in den MDR-Galas von Petra Kusch-Lück auf. Im Oktober und November 2008 trat das Fernsehballett seine erste eigene Tournee World of Dance zum 45-jährigen Bestehen des Ensembles in 13 deutschen Auftrittsorten an. Unter den Titeln Tanzpalast (2009) und STEPS – die Perfektion der Bewegung (2010) folgten weitere Tourneen.

Im Oktober 2011 führte der Auftritt von sechs Ensemblemitgliedern in Grosny auf der Geburtstagsfeier des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, dem schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, zu Kritik.[1][2] In Folge wurde Bodo Bergmann, der Geschäftsführer des Fernsehballetts, von der Gesellschafterversammlung des Senders abgemahnt.[3]

Das Fernsehballett bei einer Showprobe mit Uta Bresan für Musik für Sie - Dessau 2007

Auszeichnungen

  • 1991 Telestar – für Emöke Pöstenyi (Choreographie Fernsehballett)
  • 1992 Goldene Kamera – für das Fernsehballett
  • 1994 Statue des Paul-Klinger-Sozialverein – für den Zusammenhalt des Fernsehballetts nach 1989
  • 1995 Nominierung für die Goldene Rose von Montreux – für das ARD-Portrait über das Ballett
  • 1995 Goldene Antenne des Int. Fernsehfestivals von Blugoevgrad in Bulgarien – für das Ensemble
  • 2003 Krone der Volksmusik – für das Fernsehballett

Einzelnachweise

  1. MDR-Fernsehballett tanzte für Kadyrow, sueddeutsche.de, 16. Oktober 2011
  2. Beinchen hoch für Brüderchen Diktator, Spiegel Online, 16. Oktober 2011
  3. Wegen Tschetschenien abgemahnt, Online-Ausgabe der TAZ vom 26. Oktober 2011

Weblinks


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