- Francis L. Carsten
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Francis Ludwig Carsten (* 25. Juni 1911 in Berlin; † 23. Juni 1998 in London) war ein deutsch-britischer Historiker.
Der Sohn eines Augenarztes jüdischer Herkunft begann nach dem Abitur ein Studium der Rechtswissenschaft in Berlin und in Heidelberg. Obwohl er 1933 das Referendarsexamen bestand, emigrierte er aufgrund der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1936 zuerst nach Paris, wo er unter dem Einfluss von Norbert Elias historische Forschungen zur Geschichte Preußens begann. Von Paris ging es schließlich über Amsterdam im Jahr 1939 weiter nach London. 1942 promovierte Carsten über das Thema The development of the Manorial System – Grundherrschaft und Gutsherrschaft in Northeastern Germany to the Seventh Century in Oxford. Von 1947 bis 1960 war er Lecturer am Westfield College der Universität London, wo er sich mit einer Reihe von Aufsätzen als Preußenexperte einen Namen machte und 1954 sein erstes Buch mit dem Titel The Origins of Prussia veröffentlichte.
Sein nachfolgendes Werk Princes and Parliaments gilt als bahnbrechende Studie. In ihr versuchte Carsten zu zeigen, dass die Ständeversammlungen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts keineswegs erzkonservative, dem absolutistischen Fortschritt im Wege stehende Institutionen gewesen waren. Mochte ihr Egoismus der sie dominierenden aristokratischen und städtischen Oligarchien auch stark sein, waren sie zugleich auch Verteidiger der Freiheiten der breiten Bevölkerung gegen die zunehmenden Übergriffe und Ambitionen der Fürsten.
Im Jahr 1961 wurde Carsten zum Professor der Universität London ernannt. Dort lehrte er Europäische Geschichte und begann seine Untersuchungen zur Rolle der Reichswehr in der Weimarer Republik. 1988 wurde er emeritiert. Nach seiner Emeritierung folgten Biographien zu sozialdemokratischen Politikern wie August Bebel und Eduard Bernstein.
Schriften (Auswahl)
- Widerstand gegen Hitler. Die deutschen Arbeiter und die Nazis, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-458-16806-0.
- Eduard Bernstein: 1850–1932. Eine politische Biographie, München 1993, ISBN 3-406-37133-7.
- August Bebel und die Organisation der Massen, Berlin 1991, ISBN 3-88680-371-6.
- Geschichte der preußischen Junker, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-518-11273-2.
- Die erste österreichische Republik im Spiegel zeitgenössischer Quellen, Wien (u.a.) 1988, ISBN 3-205-05087-8.
- War against War. British and German Radical Movements in the First World War, London 1982, ISBN 0-71343697-2
- Die Entstehung Preußens, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-35081-X.
- Faschismus in Österreich. Von Schönerer zu Hitler, München 1978, ISBN 3-7705-1408-4.
- Revolution in Mitteleuropa: 1918–1919, München 1977, ISBN 3-7705-1480-7.
Literatur
- Volker Berghahn: Francis L. Carsten 1911–1998 [Nachruf]. In: Geschichte und Gesellschaft 25, 1999, S. 504–510.
- Wilhelm Sternfeld, Eva Tiedemann: Deutsche Exilliteratur 1933–1945. Eine Bio-Bibliographie. Schneider, Heidelberg/Darmstadt 1962.
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