Frankfurter Verlagsanstalt

Frankfurter Verlagsanstalt

Die Frankfurter Verlagsanstalt (FVA) ist ein deutscher literarischer Buchverlag. Sie hatte zwei gleichnamige Vorläufer. Der heute bestehende Verlag wurde 1987 gegründet und wird seit 1994 von Joachim Unseld geführt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1920 bis 1938

Erstmals wurde eine „Frankfurter Verlags-Anstalt AG“ 1920 gegründet. Der Verlag etablierte sich in Frankfurt am Main (Grüneburgweg 98) und in Berlin. Schwerpunkte des Verlagsprogramms waren Architektur, Städtebau sowie Kunstgewerbe. Der Verlag veröffentlichte auch von 1921 bis 1936 das „Städel-Jahrbuch“ des Frankfurter Städelschen Kunstinstituts. Auf Grund der Nürnberger Gesetze wurde der Verlag 1938 liquidiert.

1951 bis 1953: Kogon und Andersch

Die zweite Frankfurter Verlagsanstalt wurde 1951 von Eugen Kogon und Alfred Andersch gegründet. Das Programm bestand zunächst im Wesentlichen aus umgebundenen Beständen des Stockholmer Exilverlags Neuer Verlag. Im Umkreis der von Kogon herausgegebenen Frankfurter Hefte erschienen Werke von Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann u. a.

Schwerpunkt waren junge Autoren der deutschen Nachkriegsliteratur. In Anlehnung an die von Andersch betreute Sendereihe Abendstudio erschien die Buchreihe studio frankfurt mit Erstveröffentlichungen von Ingeborg Bachmann (1953 erschien ihr erster Gedichtband Die gestundete Zeit), Heinrich Böll, Arno Schmidt und Wolfgang Hildesheimer. Wegen Geldmangels musste die Reihe nach einem Dutzend Bänden eingestellt werden, bald darauf war auch der Verlag am Ende.

1987 bis 1994: Schöffling und Löffler

Am 30. Januar 1987 erfolgte die dritte Gründung durch Ida und Klaus Schöffling als „Frankfurter Verlagsanstalt GmbH“. Der Verlag veröffentlichte in einem literarisch ambitionierten Programm vorwiegend zeitgenössische Autoren wie Eva Demski, Reinhard Kaiser, Jan Koneffke, Burkhard Spinnen, Ror Wolf, Valery Larbaud und Sylvia Plath. Doch schon 1994 drohte wieder das Aus: Henner Löffler, stiller Teilhaber und Finanzier des Verlags hatte vor dem Hintergrund drohender Verluste ohne Rücksprache mit den Autoren die Gesellschaftsverhältnisse geändert, was zu einem Eklat führte: am 8. November 1992 verließen die Autoren geschlossen den Verlag. In der gemeinsamen Erklärung der Autoren heißt es:

„Die Frankfurter Verlagsanstalt ist am 30. Oktober 1992 für uns Autoren überraschend von einem ihrer Gesellschafter und Geschäftsführer zu 100% übernommen worden. Der Diplomkaufmann Henner Löffler ist seitdem der alleinige Besitzer und für die Verlagsarbeit Verantwortliche. Mit Klaus Schöffling, Ida Schöffling und Ulrich Sonnenberg scheiden alle aus, die in den letzten fünf Jahren die Frankfurter Verlagsanstalt zu dem machten, was sie für uns Autoren ist: ein Verlag, in dem ein geistiges und menschliches Klima herrschte, das jeden von uns auf besondere Art und Weise zur literarischen Arbeit anregte, der das Entstehen unserer Werke kenntnisreich begleitete und sie mit Kompetenz und Engagement präsentierte und vertrat. Wir hatten in der alten Frankfurter Verlagsanstalt einen literarischen Verlag gefunden, auf den wir nicht verzichten möchten. Wir sehen keine Möglichkeit, das, was die alte Frankfurter Verlagsanstalt war, unter völlig veränderter Leitung wiederzuerkennen und erklären ausnahmslos, daß wir in der jetzigen FVA-Frankfurter Verlagsanstalt-Henner Löffler GmbH keine weiteren Werke veröffentlichen werden.“[1]

Am 22. Februar 1993 teilte Löffler mit, die FVA an den Zürcher Haffmans Verlag verkauft zu haben. Der Haffmans Verlag führte den Vertrieb weiter, doch neue Publikationen erschienen nicht mehr.

Seit 1994: Joachim Unseld

Am 1. Oktober 1994 übernahm Joachim Unseld die FVA von Haffmans. Herstellung und Vertrieb blieben zunächst bei Haffmans. Unseld, der Sohn des Suhrkamp-Verlegers Siegfried Unseld und ursprünglich dessen designierter Nachfolger, hatte sich wenige Jahre zuvor mit seinem Vater entzweit. Nun begann er ohne Autoren und mit nur noch wenigen Rechten die FVA von Grund neu aufzubauen. Zur Frankfurter Buchmesse 1995 erschien das erste Programm mit dem Debüt von Ernst-Wilhelm Händler, der Erzählsammlung Stadt mit Häusern, sowie einer sechsbändigen Werkausgabe von Ror Wolf. Das Verlagskonzept und -programm fanden bei der Presse freundliche Aufnahme. Ab 1996 begann man, statt eines Frühjahrsprogramm die Bemühungen des Verlags auf jeweils ein einzelnes Buch zu konzentrieren, das „Frühjahrsbuch“. Erstes dieser Frühjahrsbücher war der Roman Die Zinkwanne von Margaret Mazzantini.

Schwerpunkte und Autoren

Die neue FVA unter Unseld positionierte sich ganz bewusst als finanziell unabhängiger, literarischer Kleinverlag mit allen dadurch implizierten Risiken und Problemen. Dazu Unseld:

„Im Herbst 1995 haben wir unser erstes Programm vorgestellt. Seither haben wir uns verpflichtet, nur wenige ausgesuchte Bücher neuer herausragender Autoren zu veröffentlichen und an die Stelle ‚viel zu vieler‘ austauschbarer Bücher, ein kleines aber dezidiert junges und literarisches Programm mit wirklich lohnender Qualität zu setzen. Dabei ist es geblieben.“[2]

Zu den Autoren des Verlages zählen: Alfred Andersch, Claire Beyer, Silvio Blatter, Nora Bossong, Elisabeth Bronfen, Anthony Burgess, Antonio Delfini, Eva Demski, Lucía Etxebarria, Dieter M. Gräf, Ernst-Wilhelm Händler, Christa Hein, Peter Henning, Ted Hughes, Zoë Jenny, Marcus Jensen, Reinhard Kaiser, Tanja Kinkel, Bodo Kirchhoff, Olivia Kleinknecht, Menis Koumandareas, Chris Kraus, Rita Kuczynski, Thomas Kunst, José Lezama Lima, Gert Loschütz, Margaret Mazzantini, Nikola Anne Mehlhorn, Klaus Modick, Quim Monzó, Besnik Mustafaj, Sergi Pàmies, Christoph Peters, Sylvia Plath, Marion Poschmann, Minka Pradelski, Jochen Schimmang, Arno Schmidt, Annette Seemann, Edith Sitwell, Volker Spierling, Thomas von Steinaecker, Thomas Strittmatter, David Thomson, Jean-Philippe Toussaint, Michael Wallner, Thomas Weiss, Wolfgang Weyrauch, Leonard Woolf

Einzelnachweise

  1. Börsenblatt Nr. 91 vom 13. November 1992, S. 6
  2. „Verlegerisches Konzept und Literarisches Verlegen heute“

Weblinks


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