- Franz Muller
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Franz Muller (* um 1814; † 14. November 1864) hieß ein in London ansässiger Schneider deutscher Herkunft, der im November 1864 für den sogenannten „Eisenbahn-Mord“ (es war die erste Mordtat im Abteil eines Zuges auf englischem Boden) gehängt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Der Eisenbahn-Mord
Am 9. Juli 1864 kurz nach 22 Uhr wurde der siebzigjährige Bankangestellte Thomas Briggs in einem Zug der North London Railway zwischen den Bahnhöfen Bow und Hackney ermordet und aus dem Zug geworfen. Der Mörder bemächtigte sich Briggs’ goldener Uhr samt Kette, seiner goldgefassten Brille und seines Hutes, wobei der Mörder seinen eigenen Hut am Tatort zurückließ.
Von Beginn an stieß diese Tat auf öffentliche Anteilnahme, da die britische Presse ausführlich berichtete. Hohe Belohnungen wurden ausgesetzt, um den Mörder zu fangen – es galt zu verhindern, dass sich der Reisende nicht einmal mehr in der abgeschlossenen Welt eines Zuges vor Gewaltverbrechen sicher sein konnte.
Inspector Tanners Ermittlungen
Inspector Richard Tanner („Dick Tanner“), einer der ersten hauptamtlichen „Detektive“ von Scotland Yard, schaffte es binnen elf Tagen, einen Juwelier namens John Death in Cheapside aufzuspüren, der die gesuchte Uhr samt Kette gegen eine andere Uhr getauscht hatte. Der Kunde hatte die neue Uhr in einem Karton mitgenommen, der John Deaths Stempel trug. Ebendieser Karton tauchte im Haushalt einer Zimmerwirtin wieder auf, deren Mieter – Franz Muller, ein aus Deutschland stammender Schneider – kürzlich heimlich und überstürzt abgereist war. Mullers Zimmerwirtin identifizierte den im Abteil gefundenen Hut als jenen, den ihr Mieter zur fraglichen Zeit „verloren“ haben wollte. Franz Muller hatte seiner Wirtin geschrieben, dass er an Bord des Segelschiffs „Victoria“ mit Ziel New York gegangen wäre.
Die „City of Manchester“
Zusammen mit einigen Zeugen des Mordes, die den Flüchtigen identifizieren sollten, begab sich Tanner am 20. Juli 1864 an Bord des Inman Line-Dampfers RMS City of Manchester, um eher in New York zu sein als der Mordverdächtige. Noch auf der Pier wurde Franz Muller verhaftet (die Legende berichtet, schon beim Einlaufen sei die „Victoria“ von kleinen Booten angelaufen worden, aus denen Neugierige „Hallo, Mörder Muller, wie geht es dir?“ und Ähnliches gebrüllt hätten). Am 16. September 1864 trafen Tanner und sein Gefangener wieder in London ein.
Prozess und Hinrichtung
Der folgende Prozess erregte heiße Kontroversen in der englischen Gesellschaft. Während die meisten Zeitgenossen Mullers Urteil begrüßten, äußerten andere Beobachter Zweifel an manchen Zeugenaussagen bzw. deren Auslegung. Besonders in Preußen wurde das ganze Verfahren kritisch verfolgt. König Wilhelm I. von Preußen versuchte, den Todesspruch in eine Gefängnisstrafe umwandeln zu lassen, doch sein Ansinnen wurde abschlägig beschieden. Im letzten Augenblick erst soll er, wie Augenzeugen gehört haben wollen, seine Tat (auf deutsch) gestanden haben. Franz Mullers Hinrichtung war eine der letzten öffentlichen Exekutionen (die letzte fand 1868 statt).
Literatur
- Jürgen Thorwald: Die gnadenlose Jagd. Zürich 1973
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