Friedhofstourismus

Friedhofstourismus
Grab von Jim Morrison mit niedergelegten Blumen

Als Friedhofstourismus bezeichnet man in jüngerer Zeit eine Art des Tourismus, bei dem Friedhöfe zum touristischen Ziel werden. Er ist eine Art des Kulturtourismus.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Ursprünglich fanden Wallfahrten zu heiligen Stätten und Grabstätten von Heiligen statt. Hinzu kamen Besuche der Grabstätten bekannter Dichter wie Goethe. Der Personenkreis, deren Bestattungsstätte besucht wird, hat sich beständig erweitert.

Tourismusziele

Falcos Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof

„Friedhöfe dienen der Bestattung der Verstorbenen und der Trauerbewältigung der Lebenden. Darüber hinaus werden sie als Orte der Ruhe, Erholung und Begegnung genutzt. Sie sind kulturelles Gedächtnis der Stadt und haben gleichzeitig besondere Bedeutung für die Artenvielfalt und das Stadtklima.“

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung[1]

Geschichte

Das Aufsuchen von Grabstätten ist kein neuer Trend. Der Besuch der Grabstätten verstorbener Liebespaare durch Besucher war bereits in der Romantik im 19. Jahrhundert verbreitet, wie das Beispiel von Charlotte Stieglitz und Heinrich Wilhelm Stieglitz auf dem Sophienfriedhof in Berlin belegt.

Persönlichkeiten

Verstorbene Schauspieler, Politiker, Musiker sind für die nachkommende Generation nicht mehr als Idole erlebbar, ihre Wirkung bleibt erhalten. So werden Begräbnisstätten von Kommunen oder Vereinen als touristische Attraktion beworben und Reisen sind im Programm von Touristikunternehmen. Beispielhaft seien die Gräber von Jim Morrison auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris oder das Grab von Elvis Presley genannt, die von deren Fans aufgesucht werden. Diese Grabstätten sind auch Reiseziele von Tourismusanbietern. Die Grabpflege von Falcos Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof zählt zum Friedhofstourismus. Weitere bekannte Grabstätten finden sich in der Liste berühmter Begräbnisstätten.

Erinnerungen

Für Kriegsveteranen bieten die Kriegsgräber gefallener Kameraden ein Ziel, so wird der Arlington National Cemetery in Washington D.C. mit der Ruhestätte von über 300.000 Gefallenen auf über 81 Hektar Fläche häufig besucht. Amerikanische Kriegsveteranen besuchen die Soldatenfriedhöfe in Europa und werden dabei von Spezialreisebüros unterstützt.

Nebenplätze

Mitunter sind die Gräber nicht das eigentliche Reiseziel, sondern werden als lokale Sehenswürdigkeit mit besucht. In Santa Clara auf Kuba kann man Che Guevara als Statue vor und als Idol der kubanischen Revolution in seinem Mausoleum aufsuchen.

Kritikpunkte

Das Besuchen von berühmten Grabstätten ist eine Tradition, da hier am Grab das historische Umfeld eine gewisse Aura des Verstorbenen vermittelt. Die kulturhistorische Bedeutung der Umgebung kann weitere Erlebnisse vermitteln. Oft sind Friedhofsbesuche oder Friedhofsführungen Teil des Kulturtourismus oder auch private Ziele von Reisenden.[2]

Die kommerzielle Attraktivität kann allerdings auch zu missbräuchlichen Veranstaltungen führen. Musikveranstaltungen im Bereich der Grabstätten eines als Idol verehrten Musikers etwa sind als Störung der Totenruhe zu verstehen. Andererseits kann aber auch die Bestattung selbst zu einem Event führen, wenn nicht eine Begrenzung auf die familiäre Umgebung angestrebt wurde.

Übertragene Wortbedeutung

In abgewandelter Bedeutung des Wortes Tourismus wird auch die umfangreiche Suche nach Bestattungsplätzen so bezeichnet.

Meist ist keine Begrenzung der Begräbnisplätze auf einen bestimmten Personenkreis in Friedhofsordnungen festgelegt. Mit dieser Freizügigkeit kann der Friedhof nach anderen Kriterien als es der Pietät entspräche gewählt werden. So werden von Bestattern organisierte oder durch Privatpersonen durchgeführte Reisen für eine solche Auswahl ebenfalls mit dem Begriff „Friedhofstourismus“ umschrieben.[3]

Literatur

  • Josef Walter König: Die Grabstätten der deutschsprachigen Dichter und Denker. Ein lexikalischer Wegweiser. Corian-Verlag Wimmer, Meitingen 2000, ISBN 3-89048-316-X.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stadtgrün - Friedhöfe und Begräbnisstätten
  2. Friedhofskultur
  3. Oder dass auf der Suche nach dem günstigsten Anbieter eine Art „Friedhofstourismus“ entstehe. In:Neues Bestattungsgesetz

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