Friedhofszwang

Friedhofszwang
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Unter Friedhofszwang wird eine Vorschrift verstanden, die es verbietet, die physischen Reste eines toten Menschen (also den Sarg mit Leiche oder die Urne mit Asche) an einem anderen Ort als auf einem Friedhof aufzubewahren. Im Falle der Feuerbestattung ergeben sich Alternativen für den Friedhofszwang. So ist eine sogenannte Seebestattung möglich, ergänzt wird dieses durch den Einsatz der „Asche zur freien Verfügung“.

Inhaltsverzeichnis

Grundlage

Insbesondere aus hygienischen Gründen wurde die in vielen Kulturen genutzte Erdbestattung auf besondere Flächen verwiesen. Aus naheliegenden Gründen wurden in christlicher Tradition zunächst die Verstorbenen auf den Kirchhöfen, meist in der Nähe der Kirche der Gemeinde bestattet. Mit zunehmender Bevölkerungsdichte wurden die benötigten Flächen knapp. Das allgemeine Landrecht in Preußen von 1806 bestimmte, dass die Bestattungsflächen außerhalb der bewohnten Flächen der Städte sind. Auf Grund der üblichen Erdbestattung war auch die Bestattungspflicht und eine Sargpflicht verbunden.

Insbesondere wird durch den Friedhofszwang verboten, dass die Asche zur freien Verfügung gleichsam als „Souvenir“ bei seinen Hinterbliebenen verbleibt.

Die Naturbestattung wird durch den Friedhofszwang jedoch nicht ausgeschlossen, ist aber an eine pietätsgenehmigte Fläche, zumeist ein Waldgebiet, als Begräbnisort gebunden.

Staaten und ihre Bestimmungen

Deutschland

Ein Friedhofszwang besteht in Deutschland für die Erdbestattung, und insbesondere auch für die Asche von Toten. Zuwiderhandlungen können hier rechtliche Folgen nach sich ziehen. In Deutschland fand diese Vorschrift ihre Weiterschreibung im Feuerbestattungsgesetz von 1934. In Deutschland ist deshalb die Mitnahme der Urne vom Krematorium nicht gestattet. Weder ein Leichnam noch die Kremationsasche dürfen außerhalb eines Friedhofes bestattet werden, sondern sind in einem Grab beizusetzen.[1]

In Deutschland regeln die Bestattungsgesetze, wie mit den Verstorbenen zu verfahren ist. Ein wichtiger Bestandteil ist der sogenannte Friedhofszwang. Dieser schreibt vor, dass eine Beerdigung außerhalb eines Friedhofsgeländes nicht zulässig ist. Ausnahmen bilden lediglich die Seebestattung und die Baumbestattung in einem Friedwald. Nach deutschem Recht ist es den Angehörigen nicht möglich, selbst über die sterblichen Überreste des Verstorbenen zu verfügen, auch wenn diese es wünschen.

Der Friedhofszwang wurde in Preußen durch das preußische Allgemeine Landrecht festgeschrieben. Jetzt lockert das Land Berlin mit dem „Gesetz zur Integration und Partizipation“ durch die Abschaffung der Sargpflicht. Diese Regelung ist an keine bestimmte Religion gebunden. Voraussetzung ist aber, dass auf dem Friedhof ein Grabfeld für die sarglose Bestattung ausgewiesen wird. Die Entscheidung über die Ausweisung entsprechender Grabfelder liegt in der Zuständigkeit der jeweiligen Friedhofsträger. § 18 des Berliner Bestattungsgesetzes soll dahingehend geändert werden: „abweichend von der Pflicht…, in einem Sarg zu bestatten, können Leichen aus religiösen Gründen auf vom Friedhofsträger bestimmten Grabfeldern in einem Leichentuch ohne Sarg erdbestattet werden“.[2]

In Deutschland wird bereits seit einigen Jahren über eine mögliche Lockerung des Friedhofszwangs diskutiert. Es gibt eine zunehmende Zahl von Befürwortern. Gerade für den wachsenden Markt an Alternativbestattungen wie der Felsbestattung oder der Almwiesenbestattung würde dies eine Erleichterung bedeuten. Bislang gehen einige deutsche Bundesbürger den Umweg über Nachbarländer mit weniger restriktiver Gesetzgebung. Dies ist jedoch illegal und kann rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Eine dieser Konsequenzen kann eine Zwangsbestattung sein. Die Kosten dafür sind von den Angehörigen zu tragen.[3]

Unter dem Eindruck dieser Debatten und angesichts der Tatsache, dass der Friedhofszwang international die Ausnahme ist, gab es immer wieder Bestrebungen für eine Lockerung dieses Zwangs. In Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Baden-Württemberg wurden bereits neue, teils flexiblere Bestattungsgesetze erlassen, die jedoch bislang keine Abkehr von diesen Vorschriften bedeuteten. In Schleswig-Holstein und Thüringen, sowie im Land Salzburg und in Vorarlberg wird noch diskutiert.

Österreich

Auch in Österreich und so in Italien besteht die Vorschrift Bestattungen auf bestimmten Flächen durchzuführen.

Schweiz

In der Schweiz wurde der Friedhofszwang mittlerweile zum Teil abgeschafft oder gelockert. Dort darf über die Asche so lange verfügt werden, wie der Angehörige diese für die Trauerbewältigung benötigt. Die Dauer ist nicht gesetzlich limitiert.[4]

Weitere Staaten

In vielen Staaten, so in den Niederlanden, der Schweiz, Großbritannien oder den USA kann nach der Feuerbestattung zumindest die Asche von Toten an beliebigen Orten beigesetzt oder verstreut werden. Die grundlegende Überlegung besteht hierfür darin, dass die eigentliche Bestattung mit der „Entwidmung des Toten“ bereits im Krematorium durch Feuer erfolgt.

Kritik am Friedhofszwang

Kritiker des durchgängigen Friedhofszwangs sehen einen unzulässigen Eingriff des Staates in das private Verhältnis zwischen Toten und Hinterbliebenen. Der Friedhofszwang verletzt dadurch Art. 2 des Grundgesetzes sowie Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Diese Rechte gewähren die freie Entfaltung der Persönlichkeit und verlangen die Achtung des Privat- und Familienlebens. Zwar schränkt gesetzlichen Grundlage die Freiheitsrechte der Bürger ein, diese müsste aber durch den Schutz höherer oder zumindest gleichwertiger Rechtsgüter begründbar sein. Gelten für Erdbestattungen Rechte des Gesundheitsschutzes, so geht von Asche jedoch keinerlei Gefahr aus. Da nur in Deutschland, Österreich und Italien ein solch rigoroser Friedhofszwang herrscht, dürfe rechtsvergleichend klar sein, dass gleich- oder höherwertige Rechtsgüter zur Rechtfertigung der Freiheitseinschränkung nicht existierten. Die wahren Gründe für den Friedhofszwang lägen eher in verdeckten finanziellen Erwägungen. Der Begriff der Totenruhe sei ein abstrakter Begriff, der seinen Sinn verliert, sobald der Verstorbene etwas anderes verfügt hat. Bei Organsspendern, Plastinationen, Obduktionen, Exponaten für die medizinische und chirurgische Lehre, sowie nach Ablauf der Grabliegezeiten ist die Totenruhe ohnehin schon widersprüchlich ausgelegt. Insbesondere wenn mit islamischen oder jüdischen Gebräuchen verglichen wird, die eine ewige Ruhepflicht kennen.

Befürworter halten dagegen, dass die Zugänglichkeit zur Asche gesetzlich geschützt sein müsse, notfalls auch gegen einen erklärten Willen des Verstorbenen, um jedermann einen persönlichen Abschied zu ermöglichen. Außerdem könne die Totenruhe nur auf einem zugelassenen Friedhof oder Beisetzungsfeld gewahrt sein.

Asche zur freien Verfügung

Hauptartikel: Asche zur freien Verfügung

Bei einer Bestattung gibt es in einigen Ländern die Möglichkeit, die Urne mit der Kremationsasche des Verstorbenen mit nach Hause zu nehmen. Der Hintergrund ist eine bessere Bewältigung der Trauer durch das Mitnehmen der Asche.[5] Die Urne mit der Asche des Verstorbenen wird dabei vom Krematorium an die Hinterbliebenen ausgehändigt. Diese können die Urne im Anschluss zu Hause aufbewahren oder diese an einem gewünschten Ort beisetzen, der kein Friedhof ist.

Literatur

  • Claudia L. König: In Liebe trauern. In Frieden loslassen. Books on Demand, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8391-9045-6.

Einzelnachweise

  1. Asche zur freien Verfügung
  2. Partizipationsgesetz: Pressemitteilung des Beauftragten des Senats für Integration und Migration vom 6. August 2010: Geplante Regeln zur sarglosen Bestattung gelten nicht nur für Muslime
  3. Friedhofszwang
  4. Urne für zu Hause
  5. Claudia L. König: In Liebe trauern. In Frieden loslassen. Books on Demand, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8391-9045-6.
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