Friedrich Wilhelm Herschel

Friedrich Wilhelm Herschel
Wilhelm Herschel
Ehemaliges Wohnhaus Herschels in Bath, heute Gedenkstätte
Gedenktafel an der Herschel-Gedenkstätte in Bath

Friedrich Wilhelm Herschel, engl. William Herschel, (* 15. November 1738 in Hannover; † 25. August 1822 in Slough) war ein deutsch-britischer Astronom, Techniker und Musiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herschels Vater war Militärmusiker; der Sohn trat mit 14 Jahren als Oboist der hannoverschen Fußgarde bei. Nach der Besetzung Hannovers 1757 durch französische Truppen entkam er nach England. Dort wirkte er als Musiklehrer, Komponist und Organist. 1766 wurde er Musikdirektor in Bath. Durch das Studium der mathematischen Musiktheorie angeregt, befasste er sich mit Mathematik und der Konstruktion von Optiken. Die Lektüre astronomischer Werke weckte schließlich sein Interesse an der Astronomie. Anders als die meisten seiner Zeitgenossen wollte er sich jedoch nicht mit der Beobachtung von Mond, Planeten und Kometen zufriedengeben. Vielmehr wollte er die Objekte des Fixsternhimmels studieren, ja sogar eine vollständige Auflistung aller sichtbaren Sterne und Nebel erstellen. Hierzu konnten die um 1770 üblichen Linsen- und Spiegelteleskope nicht die nötige Leistung liefern. So begann er, selbst Spiegelteleskope zu bauen, was ihm – obwohl er Laie war – nach anfänglichen Misserfolgen auch gelang. Von 1766 an fertigte er zahlreiche Teleskope mit ständig wachsendem Durchmesser (und damit größerer Auflösung) an. Bei seinen Beobachtungen wurde Herschel von seinem Bruder Alexander und seiner Schwester Caroline unterstützt.

Schlagartig berühmt wurde Herschel, als er 1781 ein neues Objekt im Sonnensystem entdeckte: den Planeten Uranus. Er wurde zum Mitglied der Royal Society of London gewählt. König George III. sagte ihm eine jährliche Vergütung zu. So konnte er sich völlig seiner Liebhaberei, der Astronomie, zuwenden. Die Herschels siedelten von Bath nach Slough über. Er stellte in der Folgezeit Teleskope nicht nur für den eigenen Gebrauch her, sondern auch zur Aufbesserung seiner Einnahmen. 1788 heiratete er Mary Pitt, die Witwe eines seiner Nachbarn. 1816 wurde er vom Prinzregenten, dem künftigen König Georg IV., zum Ritter geschlagen. 1820 wurde er zum ersten Präsidenten der Royal Astronomical Society, die sein Sohn John u.a. mit Charles Babbage gegründet hatten. In Slough lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod im Jahr 1822.

Herschel wurde in der St. Laurence Kapelle in Upton, Slough, begraben. Auf seinem Grabstein steht der lateinische Satz „Coelorum perrupit claustra“ (Er durchbrach die Grenzen des Himmels).

Wilhelm Herschel

Entdeckungen

Uranus, Ringe und Nebel

Seit prähistorischen Zeiten kannten die Menschen lediglich die fünf Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Die Entdeckung eines weiteren Himmelskörpers, der zum Sonnensystem gehört, war eine Sensation (obgleich Herschel anfangs meinte, es handelte sich um einen Kometen). Er nannte dieses Objekt zunächst georgium sidus (Georgsgestirn). Nachdem festgestellt war, dass es wie die bekannten Planeten auf einer nahezu kreisförmigen Bahn lief, wurde es Uranus genannt. Mit dieser – rein zufälligen – Entdeckung war der Umfang des Sonnensystems auf das Doppelte angewachsen. Dabei entdeckte er 1797 auch schon das Ringsystem des Uranus, das bis zu seiner erneuten Entdeckung 1977 jedoch als Irrtum abgetan wurde[1].

Herschels Interesse jedoch lag bei den nebligen Himmelsobjekten. Charles Messier hatte 1780/81 einen Katalog mit 103 nicht-punktförmig („neblig“) erscheinenden Objekten veröffentlicht; die Fachleute waren sich nicht einig, ob es sich dabei jeweils um unzählige Sterne oder aber um leuchtende Wolken oder Flüssigkeiten handelte. Vom Herbst 1782 an suchte Herschel gezielt nach weiteren Objekten dieser Art (bis 1802). Mit seinem überlegenen Gerät stellte er bald fest, dass er mehrere der „Nebel“ in Einzelsterne auflösen konnte. Er vermutete, dass auch die übrigen Objekte Sternhaufen seien und nur deshalb nicht aufgelöst werden konnten, weil sie viel weiter entfernt – und damit auch viel größer – seien als bis dahin gedacht. Diese im Jahr 1785 geäußerte Vermutung hat sich prinzipiell als zutreffend erwiesen. Jedoch konnte Herschel noch nicht wissen, dass es sich um grundverschiedene Typen handelte: echte leuchtende Gasnebel (wie der Orionnebel), Sternhaufen (wie die Plejaden oder M 13) und Galaxien (etwa der Andromedanebel).

Nebelklassifikation und Milchstraßen-Statistik

Herschel führte als Erster eine Klassifizierung dieser Objekte ein. Er unterschied sie nach der scheinbaren Helligkeit, der Größe, der Regelmäßigkeit der Form und der Konzentration zur Mitte hin. Im Verlauf seiner Untersuchungen entwickelte er eine Theorie der Entstehung der Sternhaufen: Die Schwerkraft habe mit der Zeit aus losen Haufen dichter gepackte Systeme entstehen lassen. So führte er das Konzept der Entwicklung (oder Evolution) in die Astronomie ein: Der Sternhimmel war nunmehr nicht mehr ewig und unveränderlich. Herschel wurde damit zum Begründer des Erkenntnisbereiches Kosmologie.

Als er im Jahr 1790 einen Fixstern mit umgebender Wolke beobachtete, revidierte er seine frühere Ansicht. Er hielt es nun für möglich, dass sämtliche Sterne sich unter dem Einfluss der Schwerkraft aus einer Art Wolke aus Gas oder Flüssigkeit zusammengezogen hätten.

Auch Statistik und Wahrscheinlichkeitsüberlegungen nutzte er als erster Astronom: er fand, dass ein Stück der Milchstraße, 15° lang und 2° breit, mehr als 50.000 deutlich erkennbare Sterne enthält. Aus der Verteilung der Fixsterne suchte er die Gestalt der Milchstraße abzuleiten. Er kam zu dem Ergebnis, dass es sich um eine linsenförmige Ansammlung von Sternen handele. Da er annahm, sämtliche Fixsterne hätten dieselbe absolute Helligkeit, glaubte er, aus der scheinbaren Helligkeit auf den Abstand schließen zu können. Dieser Ansatz erwies sich später als falsch. Von Herschel stammen auch die ersten Versuche, die Bewegung des Sonnensystems im All zu bestimmen – eine Arbeit, die allerdings erst von Argelander u. a. mit schärferen Teleskopen erfolgreich in Angriff genommen werden konnte.

Auch stellte er fest, dass nicht alle Doppelsterne nur zufällig so angeordnet sein konnten (visuelle Doppelsterne). Es musste vielmehr eine beträchtliche Anzahl geben, die durch Schwerkraft aneinander gebunden sind (physische Doppelsterne). Er war in der Lage, die Kreisbewegung bei einigen dieser Sternpaare zu beobachten, und begann mit systematischen Helligkeitsvergleichen der Komponenten.

Doppelsterne und Lichtspektrum

Im Laufe der Zeit erstellte er einen Katalog nebliger Objekte mit mehr als 2500 Eintragungen („Herschel-Katalog“ genannt) sowie einen Katalog mit 848 Doppelsternen. Ohne die selbstlose Mithilfe seiner Schwester Caroline wären diese Kataloge nicht zustande gekommen.

Obwohl sein besonderes Interesse lebenslang dem Fixsternhimmel galt, vernachlässigte er die Objekte des Sonnensystems nicht: er entdeckte die Uranusmonde Titania und Oberon sowie die Saturnmonde Mimas und Enceladus – womit er der einzige Mondentdecker des 18. Jahrhunderts war. Er bestimmte beim Saturn die Rotationsperiode und wies beim Mars jahreszeitliche Veränderungen nach. Aus der Beobachtung des Lomonossow-Effekts zog er den Schluss, dass die Venus eine Atmosphäre haben müsse. Lomonossow hatte dies bereits 1761 vermutet, jedoch nicht publiziert.

Herschel entdeckte im Jahr 1800 die Infrarotstrahlung, indem er Sonnenlicht durch ein Prisma lenkte und hinter dem roten Ende des sichtbaren Spektrums ein Thermometer legte. Die Temperatur stieg in diesem Bereich, und Herschel schloss daraus, dass dort eine unsichtbare Form von Energie wirksam sein müsse.

Herschels Beobachtungen waren nur durch die bis dahin außergewöhnliche Lichtleistung seiner Teleskope möglich, jedoch beeinträchtigt durch ihre unzureichende Schärfeleistung. Er war ein außergewöhnlich talentierter und unermüdlicher Beobachter; seine Lösungsansätze waren (manchmal allzu) kühn, jedoch immer wegweisend.

Seine Teleskope

Wilhelm Herschels 40-Fuß-Spiegelteleskop

Von der Vielzahl von Teleskopen, die Herschel baute und benutzte, sind besonders zu erwähnen:

  • Den Planeten Uranus entdeckte Herschel mit einem Spiegelteleskop von 6 Zoll (etwa 15 cm) Durchmesser und 7 Fuß (etwa 210 cm) Brennweite.
  • Für seinen Nebel-Katalog benutzte er hauptsächlich ein Gerät mit einem 18,7-Zoll (47,5 cm) Spiegel und 20 Fuß (6,1 m) Brennweite (ab 1783).
  • Sein größtes Teleskop (s. Abb.) wurde 1789 unter seiner Anleitung gebaut und hatte einen Spiegeldurchmesser von 48 Zoll (122 cm) und eine Länge von 40 Fuß (12 m). Es wurde erst zwei Generationen später von Lord Rosses „Leviathan“ übertroffen. Das 40-Fuß-Teleskop wurde 1839 durch einen Sturm zerstört.

Herschel baute ausschließlich Newton-Teleskope. Ihre Spiegel waren aus einer Metall-Legierung gegossen und mussten häufig nachpoliert werden, da sie leicht anliefen.

Auch seine Schwester Caroline Herschel und sein Sohn John Herschel waren bedeutende Astronomen.

Alternativkonstruktion zum Newton-Teleskop

Herschel erfand eine Alternative zum seitlichen Einblick des Newton-Teleskops, weil seine Glasspiegel dafür groß genug waren. Dazu schreibt Meyers Konversationslexikon 1885:
Bei den Riesenteleskopen von Herschel und Lord Rosse, deren Spiegel 1–2 m Durchmesser hatten, war ein solches zweites Spiegelchen (Anm.: Fangspiegel) und somit auch der von ihm herbeigeführte Lichtverlust durch einen einfachen Kunstgriff vermieden. Der Hohlspiegel (ss, Fig. 5) ist nämlich gegen die Achse des Rohrs ein wenig geneigt, so daß das Bildchen nahe an den Rand des Spiegels zu liegen kommt und daselbst durch eine Okularlinse o betrachtet werden kann. Dabei tritt freilich der Kopf des Beobachters teilweise vor die Öffnung des Rohrs, was aber bei dem großen Durchmesser des Spiegels von geringem Belang ist. Herschel nannte sein Instrument Front view telescope, d.h. Vornschaufernrohr.

Herschel als Musiker und Komponist

Herschel spielte neben Cello auch Oboe und die Orgel. Er komponierte zahlreiche Musikstücke, darunter 24 Symphonien und viele Konzerte sowie Kirchenmusik. Mit Ausnahme einiger Oboenkonzerte ist seine Musik in Vergessenheit geraten.

Einzelbelege

  1. Uranusring schon im 18. Jahrhundert gesichtet?, Scienceticker.info, 17. April 2007

Siehe auch

Literatur

  • Heinz Gärtner: Das Leben des Friedrich Wilhelm Herschel. Edition Leipzig 1996. ISBN 3361004616
  • Wolfgang Steinicke: Ein Albtraum der Familie Herschel. Sterne und Weltraum 46(2), S. 61 - 65 (2007), ISSN 0039-1263; Entdeckung der Galaxien M81 und M82

Weblinks


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  • Herschel — /ˈhɜʃəl/ (say hershuhl) noun 1. Sir John Frederick William, 1792–1871, English astronomer. 2. his father, Sir William (Friedrich Wilhelm Herschel), 1738–1822, German born British astronomer …  

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