Fritz Künkel

Fritz Künkel

Fritz Künkel (* 6. September 1889 in Stolzenberg/Różanki (polnische Woiwodschaft Lebus) bei Landsberg/Warthe in Westpreußen; † 2. April 1956 in Los Angeles) war ein deutscher Psychologe und Psychiater und einer der führenden Vertreter der Individualpsychologie in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Künkel wuchs auf dem Landgut seiner Eltern auf. Er wurde die ersten Schuljahre von Privatlehrern erzogen. Sein sieben Jahre jüngerer Bruder Hans wurde Pädagoge und Individualpsychologe. Die Oberschule besuchte Künkel in Landsberg an der Warthe. Von 1907 bis 1914 studierte er Medizin in München. Im Ersten Weltkrieg wurde er von 1914 bis 1917 als Feldarzt an der Westfront eingesetzt, wo er seinen linken Arm verlor. Er konnte so seinen Arztberuf nur noch beschränkt ausüben und wandte sich deshalb der Psychiatrie zu. Er lernte in München Alfred Adler und Leonhard Seif kennen. In München war um 1920 eine individualpsychologische Ortsgruppe und 1922 eine Erziehungsberatungsstelle gegründet worden.

1924 ließ sich Künkel als Nervenarzt in Berlin nieder und gründete eine individualpsychologische Ortsgruppe. Er verstand es innerhalb kurzer Zeit die Individualpsychologie in Berlin durch Vorträge in Schulen usw. bekannt zu machen. Wie bei Adler in Wien wurden in Berlin Kurse in Individualpsychologie veranstaltet und Sommerferien organisiert. Künkel hielt Referate im Ausland, auf individualpsychologischen Kongressen und war seit 1925 Mitherausgeber der “Internationalen Zeitschrift für Individualpsychologie”. Für die Individualpsychologischen Institute erstellte er eine Ausbildungsordnung mit theoretischem Unterricht und praktischen Übungen. Er war seit 1928 im Vorstand der Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie. Unter dem Einfluss marxistischer Individualpsychologen wie Manès Sperber kam es zu einer Trennung innerhalb der individualpsychologischen Gruppe Berlins. Als sich diese in zwei Vereine spaltete, gehörte auch das Ehepaar Künkel zu zwei verschiedenen Vereinen, wobei Fritz Künkel sich nicht dem marxistischen anschloss.

Bis zum Kriegsbeginn 1939 arbeitete er am Deutschen Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie, das von den Nationalsozialisten übernommen wurde. Nach einer Reise in die USA im Sommer 1939 kehrte Künkel nicht mehr nach Deutschland zurück. Er lebte in Los Angeles, wo er ein eigenes Institut gründete, Vorlesungen hielt, Patienten betreute und Bücher schrieb.

Werk

Obwohl Adlerianer, emanzipierte sich Künkel mit eigenen Theorien und begründete eine, wenn auch nicht Schule, so doch eigene Richtung der Tiefenpsychologie, die „Charakterologie“. Nach Handlbauer gehörte Künkel zu den religiös motivierten Mitarbeitern Adlers, die die philosophische Schwäche der Individualpsychologie durch religionsphilosophische Gesichtspunkte auszugleichen versuchten. Dadurch kam es Anfang der dreißiger Jahre zum Bruch mit Adler.

Dieses Buch soll einer doppelten Absicht dienen. Erstens versucht es, dem praktischen Arzt und dem Medizinstudenten diejenige Kenntnis der neueren Seelenheilkunde zu vermitteln, die er für seine tägliche Arbeit unbedingt nötig hat. Zweitens aber versucht es, quer durch die Schulstreitigkeiten der verschiedenen psychotherapeutischen Systeme hindurch zu einer einheitlichen Auffassung sowohl der seelischen Krankheiten wie auch der Heilungsprozesse vorzustossen. (Fritz Künkel, Grundzüge der praktischen Seelenheilkunde, 1935, Vorwort)“

Publikationen

  • Psychotherapie und Seelsorge, in: Arzt und Seelsorger. Eine Schriftenreihe, hrsg. in Verbindung mit Medizinern und Theologen v. Dr. Carl Schweitzer, Heft 1, Schwerin i. Mecklenburg 1925, S. 26
  • Einführung in die Charakterkunde, Leipzig Hirzel-Verlag, 1928
  • Arbeit am Charakter, 1929
  • Grundzüge der Politischen Charakterkunde, Junker und Dünnhaupt, Berlin 1931
  • Angewandte Charakterkunde, 6 Bände, 1929-1935
  • Krisenbriefe Die Beziehungen zwischen Wirtschaftskrise und Charakterkrise, Friedrich Bahn-Verlag, Schwerin 1933
  • Grundzüge der praktischen Seelenheilkunde, Hippokrates-Verlag, Stuttgart-Leipzig 1935

Literatur

  • Peter Sandmann: Künkel, Fritz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 221 f.
  • Bernhard Handlbauer, Die Entstehungsgeschichte der Individualpsychologie Alfred Adlers, Geyer-Edition, Wien-Salzburg, 1984

Weblinks


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