Futhark

Futhark
Das ältere Futhark

Als Futhark oder Fuþark bezeichnet man die gemeingermanische Runenreihe und die aus ihr hervorgegangenen Variationen. Da die Reihenfolge der Runen seit den frühsten Zeugnissen in der Form überliefert ist und sich von der Reihenfolge des Alphabets (ABC) unterscheidet, dienen die ersten sechs Runen (F-U-Þ-A-R-K) traditionell als Benennung der Runenreihe.

Inhaltsverzeichnis

Das ältere Futhark

Das ältere Futhark auf dem Kylverstein

Die erste Runenreihe wird älteres Futhark genannt. Sie besteht aus 24 Zeichen, denen wie im lateinischen Alphabet jeweils ein einzelner Laut zugeordnet ist. Dieses Futhark wurde bis ca. 750 n. Chr. von allen germanischen Stämmen in der gleichen Form verwendet. Man nennt es deshalb auch gemeingermanisches Futhark. Ab wann es verwendet wurde, ist bis heute Anlass zur Diskussion. Der erste sichere Beleg für eine Runeninschrift ist der Kamm von Vimose (160 n. Chr.). Noch älter ist die Meldorffibel (ca. 50 n. Chr.), doch diese Inschrift besteht nur aus Runen, die auch lateinische Zeichen sein können. Die erste komplette Runenreihe findet sich auf dem gotländischen Stein von Kylver von ca. 450 n. Chr.

Das Besondere an der gemeingermanischen Runenreihe ist ihre ungewöhnliche Reihenfolge. Viele der Zeichen ähneln lateinischen (bzw. etruskischen) Buchstaben. Das Futhark muss daher ein südeuropäisches Vorbild gehabt haben. Die Reihenfolge der Buchstaben ist aber seit ältester Zeit eine vollkommen eigene, während sich sonstige Alphabete immer ihrem Urspungsalphabet anpassen. So hat das lateinische Alphabet die gleiche Reihenfolge der Buchstaben wie das griechische Alphabet, aus dem es hervorgegangen ist. Die speziell runische Reihenfolge ist auch der Grund, warum man das Futhark in der Forschung Runenreihe statt Runenalphabet nennt.

Älteste Runenreihe („futhark“) (eu (?) = ei)

Eine weitere Besonderheit ist, dass das ältere Futhark Buchstaben für alle Laute der damaligen germanischen Sprachen enthält. Das lateinische Alphabet hatte keine Zeichen für die Laute U, W und J (man schrieb daher V=U, VV=W und I=J). Das Futhark hingegen kannte diese Laute und hatte auch einen Buchstaben für das „th“ (Þ). Dieser Buchstabe, der heute nur noch auf Island verwendet wird, ist eigentlich eine Rune. Im Mittelalter verwendete man daneben auch die W-Rune, um W zu schreiben (z. B. im Hildebrandslied in der Zeile 59 „der dir nu Ƿiges Ƿarne“).

Das angelsächsische Futhorc

In England und Friesland bildete sich eine erweiterte Runenreihe heraus, die ab dem späten 5. Jh. (Brakteat von Udley) bis in das 11. Jh. verwendet wurde. Kennzeichnend für dieses Futhark ist die Einfügung neuer Runen, um die Umlaute æ, y und œ ausdrücken zu können, die sich inzwischen in den germanischen Sprachen entwickelt hatten. Weil an die Stelle der A-Rune eine neue Rune mit dem Lautwert o trat, nennt man die angelsächsische Runenreihe auch Futhorc. Auch in Friesland verwendete man einige der neuen Zeichen. Man nennt die angelsächsischen Runen daher auch Anglo-Friesisches Futhark. Insgesamt wird die Runenreihe bis in das 9. Jh. auf bis zu 33 Zeichen erweitert.

Angelsächsische Runenreihe (f u þ o r k …) auf dem in der Themse gefundenen Sax von Beagnoth. Am Schluss steht der Name des Runenmeisters Beagnoþ.

Das jüngere Futhark

Das jüngere Futhark mit 16 Zeichen. Oben Langzweig- unten Kurzzweigrunen.
Das jüngere Futhark mit den durch die Punktierung entstehenden Zeichen.

Auch das jüngere Futhark ist eine Weiterentwicklung der gemeingermanischen Runenreihe. Allerdings reduzierte man die Zeichenanzahl auf 16. Die Folge davon war, dass ein und dasselbe Zeichen mehrere Laute wiedergeben musste. Ende des 10. Jh. glich man dieses Verlust durch die Einführung von Punktierungen aus. Das jüngere Futhark wurde über den Großteil der Wikingerzeit verwendet und bildet daher den größten Inschriftencorpus der rund 6000 Runeninschriften die insgesamt überliefert sind. In der älteren Runologie nahm man an, das jüngere Futhark wäre dem älteren vorausgegangen, da man sich nicht erklären konnte, warum man Buchstaben wegnehmen statt hinzufügen sollte.

Andere Runenreihen

Die oberen drei Runenreihen stellen einigermaßen feste Standards dar. Das ältere Futhark wurde kaum variiert. Das angelsächsische Futhorc entwickelte sich erst langsam, so dass von Inschrift zu Inschrift der Zeichensatz verschieden sein kann. Das gleiche gilt auch für das jüngere Futhark. Die Reihe mit 16 Zeichen wurde oft variiert. Die so entstandenen Runenreihen werden meist nach der Region oder Inschrift benannt, in der sie verwendet wurden. So gibt es beispielsweise ein Grönländisches Futhark oder ein Rök-Futhark (Rökstein) und viele mehr.

Einteilung in ættir

Das ältere Futhark lässt sich in drei Gruppen zu je acht Runen unterteilen. Diese Gruppen werden (pl.) ættir, (sg.) ætt 'Geschlecht, Familie' genannt. Die einzelnen ættir heißen nach Göttern Freys ætt, Hagals ætt und Týs ætt. Diese Benennung stammt erst aus dem 17. Jh., weswegen man die Gruppeneinteilung in älterer Zeit in Zweifel zieht. Für das Alter der Gruppen sprechen aber ihr frühes Auftauchen in der epigraphischen Überlieferung (z. B. auf Brakteaten) sowie die Existenz von Geheimrunen. Geheimrunen sind verschlüsselte Runenzeichen die sich auf ein Koordinatensystem beziehen, das auf den ættir basiert:

Platzziffern der Runen im jüngeren Futhark
1 t b m l R Týs ætt
2 h n i a s Hagals ætt
3 f u þ á r k Freys ætt
1 2 3 4 5 6

Eine Geheimrune mit dem Lautwert k bestünde aus einem Stab von dem nach links drei (für das dritte ætt) und nach rechts sechs Zweige abgehen (für den sechsten Platz im ætt). Diese Geheimrunensprache wäre ohne eine vormalige Einteilung des älteren Futharks in ættir undenkbar, da auch im jüngeren Futhark die Runen ihren Platz in den Achterreihen behalten.

Literatur

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Futhark – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • futhark — or futharc [fo͞o′thôrk΄fo͞o′thärk΄] n. [< the first six letters: f, u, p (th), a (or o), r, k (or c)] the runic alphabet: also futhorc [fo͞o′thôrk΄] or futhork [fo͞o′thôrk΄] …   English World dictionary

  • Futhark — Rune Pour les articles homonymes, voir Rune (homonymie). Runique …   Wikipédia en Français

  • futhark — futharc futharc futhorc futhorc . 1. [From the sounds of the first five letters.] the name for the runic alphabet. See {rune}. [Also spelled {futhork} or {futhark}] Note: The name is derived from the sounds of the first five letters of the runic… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • futhark — Futhorc Fu thorc Futhork Fu thork, n. [Written also {futharc}, {futhark}.] The Runic alphabet; so called from the first six letters f, u, [thorn] (th), o (or a), r, c (=k). See {futharc}. [Also spelled {futharc} and {futhorc}.] The letters are… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Futhark — Fu|thark 〈[fu:ðark] n.; s; unz.; Sprachw.〉 die Runenreihe, das Runenalphabet [skand., nach den ersten sechs Buchstaben: f, u, d (= th), o (= a), r, c (= k)] * * * Fu|thark [ fu:θark], das; s, e [nach den in Folge gelesenen ersten sechs… …   Universal-Lexikon

  • Futhark antiguo — El Futhark antiguo es la forma más antigua del alfabeto rúnico, usado para escribir en protonórdico por las tribus germánicas tanto en los dialectos escandinavos como en los dialectos germanicos del periodo de migraciones germánicas del siglo II… …   Wikipedia Español

  • Futhark joven — El futhark joven, también conocido como runas escandinavas, es un alfabeto rúnico. Es una forma reducida del futhark antiguo, que tenía 24 caracteres, mientras que el joven consta sólo de 16 runas. Esta reducción de letras, que empezó a usarse a… …   Wikipedia Español

  • futhark — also futhorc or futhork noun Etymology: from the first six letters, f, u, Þ (th), o (or a), r, c (=k) Date: 1851 the runic alphabet see rune illustration …   New Collegiate Dictionary

  • futhark — /fooh thahrk/, n. the runic alphabet. Also, futharc, futhorc, futhork /fooh thawrk/. [1850 55; so called from first six letters of OE and Scand runic alphabet: f, u, th, a (or o), r, k (modeled on ALPHABET)] * * * …   Universalium

  • futhark — noun The Germanic runic alphabet See Also: futhorc, futhork …   Wiktionary

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”