Lateinisches Alphabet

Lateinisches Alphabet
Lateinisches Alphabet
Schrifttyp Alphabet
Sprachen siehe Liste
Verwendungszeit seit ~700 v. Chr.
Abstammung Phönizische Schrift
 → Griechisches Alphabet
  → Etruskische Schrift
   → Lateinisches Alphabet
Abgeleitete siehe Liste
Verwandte Kyrillisches Alphabet
Koptische Schrift
Armenisches Alphabet
Runen
Unicode-Block

  • U+0000–U+02AF
  • U+1E00–U+1EFF
  • U+2C60–U+2C7F
  • U+A720–U+A7FF
ISO 15924 Latn
Schriftmusterblatt der Schriftgiesserei von William Caslon

Das lateinische Alphabet (auch römisches Alphabet genannt, spätlateinisch: abecedarium) wurde von der lateinischen Sprache auf viele romanische, germanische, slawische, finno-ugrische und weitere Sprachen übertragen und ist das am weitesten verbreitete Alphabet der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Buchstaben des lateinischen Alphabets und ihre Aussprache

Das moderne lateinische Alphabet enthält 26 Zeichen. Diese sind (in Großbuchstaben): A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z; Und in Kleinbuchstaben: a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, w, x, y, z;

Es bestehen im Deutschen weiterhin die Umlaute Ä, ä (aus AE, ae), Ö, ö (aus OE, oe), Ü, ü (aus UE, ue) und das ß (Eine Ligatur aus ſ (Langes oder Inlaut-S) und s (Rundes oder Auslaut-S).

Die Namen der Buchstaben sind länderspezifisch, vgl. etwa Deutsches Alphabet#Namen der Buchstaben.

Daneben gibt es sogenannte Buchstabiertafeln, die z. B. beim fernmündlichen Verkehr zum Buchstabieren von Wörtern verwendet werden (im deutschsprachigen Raum etwa A wie Anton).

Geschichte

Weltweite Verwendung des lateinischen Alphabetes:
  • ausschließlich lateinisches Alphabet
  • lateinisches Alphabet neben anderen Schriftsystemen

Das lateinische Alphabet wurde, über Vermittlung der Etrusker, aus dem westgriechischen Alphabet entlehnt. Das archaische lateinische Alphabet bestand aus 21 Buchstaben: A B C D E F Z H I K L M N O P Q R S T V X.

Das Zeichen für den griechischen Laut [dz] wurde an siebter Stelle des Alphabets tradiert, obwohl es für diese und ähnliche Lautkombinationen im Latein keine Verwendung gab. Die Abschaffung dieses Zeichens soll auf Spurius Carvilius zurückgehen, einen freigelassenen Sklaven, der die erste Schule mit zahlungspflichtigem Unterricht eröffnete.

C wurde für den stimmlosen velaren Plosiv [k] und den stimmhaften velaren Plosiv [g] verwendet. Das zeigen noch die Abkürzungen C. für Gaius und Cn. für Gnaeus und inschriftliche Formen wie CRATIA. Spurius Carvilius soll es gewesen sein, der durch Hinzusetzen eines diakritischen Striches zum C den Unterschied von C = [k] und G = [g] einführte, ohne dass beide Schreibformen aber schon als verschiedene Buchstaben benannt und gezählt worden wären. Im Ergebnis bestand das klassische lateinische Alphabet aus (ohne G) 20 Buchstaben: A B C D E F (G) H I K L M N O P Q R S T V X.

Weitere Veränderungen ergaben sich, nachdem das griechische Mutterland 146 v. Chr. unterworfen und dem Staatsgebiet der Römischen Republik eingegliedert worden war und verstärkter Bedarf entstand, griechische Namen und Fremdwörter in lateinischer Schrift wiederzugeben. Das griechische Ypsilon, das in der etruskischen Schreibform V schon in archaischer Zeit zur Schreibung des Vokals [u] (gemäß dem Lautwert auch im archaischen Griechisch, vgl. lat. burrus < πυρρός „rot”) und des Halbkonsonanten [w] in das lateinische Alphabet übernommen worden, wurde in klassischer Zeit mit dem auch im klassischen Griechisch mittlerweile gegebenen Lautwert [ü] noch einmal, diesmal in der Schreibform Y und aus dem Griechischen direkt, übernommen, blieb hierbei im Lateinischen aber als ein Fremdzeichen für die Schreibung griechischer Namen und Fremdwörter reserviert. Beispiel: κύκλος cyclus (Kreis, Zyklus). Als ein weiteres Fremdzeichen zur Schreibung von Graeca wurde erneut Z für /dz/ entlehnt und diesmal wie heute noch üblich an das Ende des Alphabets gestellt: ζώνη zona (Gürtel, Zone).

In der spätantiken Grammatik konsolidierte sich die Zählung und Unterscheidung der lateinischen Buchstaben dann auf 23: A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T V X Y Z. Das lateinische Mittelalter legte auf diese Zahl auch darum besonderen Wert, weil sie zwischen den Buchstabenzahlen des hebräischen (22) und des griechischen (24) Alphabets liegt und das lateinische Christentum sich dadurch in seiner Stellung als Erbe beider Kulturen bestätigt sah.

Die Römer und das Mittelalter verwendeten die Buchstaben I und V für die Schreibung sowohl vokalischer wie auch halbkonsonantischer bzw. konsonantischer Lautwerte: I wurde gleichermaßen für vokalisches [i] und den Halbkonsonanten [j] bzw. die daraus in spätantiker Zeit entstandene Affrikate [dʒ] verwendet, ebenso V für vokalisches [u] und den Halbkonsonanten [w] (ungefähr wie in engl. water) bzw. den seit spätantiker Zeit daraus entstandenen Frikativ [v]. Zwar existierte seit spätantiker Zeit neben V auch die gerundete Schreibform U und ebenso neben I auch J, diese Schreibvarianten dienten jedoch nicht zur Markierung des lautlichen Unterschieds von vokalischem gegenüber (halb-)konsonantischem Lautwert, und auch in der Zählung und Benennung der Buchstaben – die als „I” und „U” jeweils von der vokalischen Verwendung hergeleitet war – wurden diese jeweils nur als ein einziger Buchstabe eingestuft. Erst in der Folge humanistischer Reformprojekte der Renaissance – durch Alberti und Trissino in Italien sowie Tory und Meigret in Frankreich – wurden die Unterschiede der Schreibformen dann auch zur Repräsentation der lautlichen Differenz eingesetzt, so dass sich durch die Unterscheidung von I = [i] gegenüber J = [j] und von U = [u] gegenüber V = [v] zwei weitere Buchstaben des Alphabets ergaben. Ebenfalls nachmittelalterlich in der Bewertung als eigener Buchstabe ist der aus einer Ligatur von zwei V entstandene Buchstabe W (daher sein englischer Name „double u“ oder französisch „double v“).

Damit war dasjenige Alphabet, das man heute unter dem Begriff lateinisches Alphabet versteht, komplett. Es besteht aus folgenden 26 Buchstaben:

A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z.
a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, w, x, y, z.

Im deutschen Alphabet kommen noch die Buchstaben Ä ä, Ö ö und Ü ü sowie – außer in der Schweiz und Liechtenstein – der Kleinbuchstabe ß hinzu.

Eine Umschrift anderer Alphabete in das lateinische Alphabet nennt man Romanisierung.

Die Römer kannten nur Großbuchstaben (Majuskel). Erst in der Spätantike und im Frühmittelalter entstanden die Kleinbuchstaben (Minuskel, Gemeine). Zur Geschichte der lateinischen Schrift vergleiche den Artikel „Lateinische Paläografie“.

Diakritika, Ligaturen, Variationen

Besonders im Mittelalter wurden viele häufige Präfixe, Suffixe und sogar Stämme mit Ligaturen und besonderen Zeichen abgekürzt.

In zahlreichen Sprachen wurde das lateinische Alphabet um diakritische Zeichen ergänzt (z. B. å, é, ï, ò, û), um weitere sprachspezifische Laute darstellen zu können. Extrem ist dieses Phänomen im Vietnamesischen ausgeprägt, welches wie das Türkische erst spät ein lateinisches Alphabet erhielt.

Daneben wurden Buchstabenkombinationen entwickelt (wie ch, sch, th, ng, sz), aus denen im Laufe der Zeit auch Ligaturen werden konnten, die später dann oft zu selbständigen Buchstaben wurden (wie W aus VV im Spätlateinischen, Englischen, Deutschen und Polnischen, æ aus a und e im Dänischen, Norwegischen und Isländischen oder ß aus langem s (ſ) und rundem s (s) bzw. im Deutschen aus ſ und z).

Außerdem entstanden neue Buchstaben, indem Buchstaben in ihrer Form differenziert wurden. Buchstaben wurden in ihrer Form modifiziert oder ergänzt (im klassischen Latein schon G in Unterscheidung zu C; auch Ð, z. B. im Isländischen, und Ŋ, z. B. im Samischen, stießen so zum Alphabet) oder aus ursprünglichen Varianten (Allografen) eines Buchstabens wurden eigenständige Buchstaben (im späteren Latein j neben i und u neben v). Erst in den letzten Jahrzehnten entwickelte sich ein großes ß () und wurde in der 2008 in Kraft getretenen Ergänzung der Norm ISO/IEC 10646 offiziell anerkannt.[1]

Darüber hinaus wurde das lateinische Alphabet auch durch Buchstaben aus anderen (nicht-lateinischen) Alphabeten ergänzt (zu Zeiten des klassischen Lateins gelangten so Y und Z aus dem Griechischen ans Ende des lateinischen Alphabets, im Isländischen wurde der Buchstabe Þ (Thorn) aus dem Runenalphabet übernommen).

Aussprache

Die Aussprache der einzelnen Buchstaben hat sich schon innerhalb des römischen Reiches gewandelt (Lautwandel) und unterscheidet sich auch heute mehr oder weniger von einer Sprache zur anderen. Auch das internationale phonetische Alphabet (IPA) basiert zum Großteil auf dem lateinischen Alphabet (wobei eine Variante des lateinischen Alphabets, das pannigerianische Alphabet, wiederum Zeichen aus dem IPA übernommen hat).

Typografie und Eigenschaften lateinischer Buchstaben

Die Buchstaben des lateinischen Alphabets lassen sich hinsichtlich ihrer graphischen Umsetzung sowie unter weiterführenden Zusammenhängen einordnen (bezogen auf prototypische Formen).

Eigenschaft Majuskeln Minuskeln
Gleiche Groß- und Kleinschreibung C, O, P, S, U, V, W, X, Z c, o, p, s, u, v, w, x, z
Bögen und Geraden B, D, G, J, P, Q, R, U a, b, d, e, f, g, h, j, m, n, p, q, r, t, u, y
Keine Bögen A, E, F, H, I, K, L, M, N, T, V, W, X, Y, Z i, k, l, v, w, x, z
Keine Geraden C, O, S c, o, s
Diagonale A, K, M, N, R, V, W, X, Y, Z k, v, w, x, y, z
Mit umschlossenen Flächen A, B, D, O, P, Q, R a, b, d, e, g, o, p, q
Keine umschlossenen Flächen C, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, S, T, U, V, W, X, Y, Z c, f, h, i, j, k, l, m, n, r, s, t, u, v, w, x, y, z
Horizontale und vertikale Symmetrie H, I, O, X l, o, x
Nur horizontale Symmetrie B, C, D, E, K c
Nur vertikale Symmetrie A, M, T, U, V, W, Y i, v, w
Drehsymmetrie (Ambigraph) H, I, N, O, S, X, Z l, o, s, x, z
Römische Zahlen C, D, I, L, M, V, X
Vertikale Achse links B, D, E, F, K, L, P, R b, f, h, k, l, n, p, r, t
Vertikale Achse rechts J d, j, q, u, y
Vertikale Achse zentral oder doppelt H, I, M, N, T, Y i, l, m
Unterlänge (J), (Q) (f), g, (h), j, p, q, y, (z)
Oberlänge A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z b, d, f, h, k, l, t

Zeichenkodierung

Die 26 Grundbuchstaben des lateinischen Alphabets und die wichtigsten Satz- und Sonderzeichen sind in dem mit 7 Bits zu adressierenden (also 128 Codepositionen umfassenden) ASCII-Code enthalten, der 1968 eingeführt wurde. Um die je nach Land oder Sprache zusätzlich benötigten Sonderzeichen einzubeziehen, wurden im Rahmen von ISO 646 Varianten dieses Codes geschaffen, bei denen einzelne Zeichen des 7-Bit-Codes ausgetauscht wurden.

Später wurden auf dem ASCII aufbauende, je nach Region der Erde unterschiedliche 8-Bit-Codes entworfen, die jeweils 128 weitere Zeichen adressieren können. Die verbreitetsten dieser 8-Bit-Codes sind Latin-1 bis Latin-10 des internationalen Standards ISO 8859 (ASCII+ANSI) und ISO 6937. In dieser Phase der Entwicklung ging jedes Computersystem seinen eigenen Weg, verbreitete Implementierungen sind die Windows-Codepages (beispielsweise Windows-1252 für Westeuropa), Macintosh Roman und die IBM-Codepages (z. B. Codepage 437 oder 850).

Um die für alle Sprachen der Welt benötigten Zeichen in einem einzigen Code zusammenzufassen, wurde 1991 der zunächst 16 Bit umfassende (und inzwischen auf über eine Million Zeichen erweiterbare) Unicode geschaffen, der in einer Reihe sogenannter Blöcke lateinische Buchstaben mit diakritischen Zeichen enthält (Details dazu unter Lateinische Buchstaben in Unicode). Der zugehörige ISO-Standard ist das ISO 10646 Universal Character Set, das parallel aufgebaut und konform gehalten wird.

Trivia

Um kleineren Kindern das Alphabet beizubringen, wird oft das Alphabet-Lied verwendet.

Siehe auch

Literatur

  • Johannes Bergerhausen, Siri Poarangan: decodeunicode: Die Schriftzeichen der Welt Hermann Schmidt, Mainz, 2011, ISBN 978-3874398138
  • Carl Faulmann: Das Buch der Schrift, enthaltend die Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und aller Völker des Erdkreises. 1878, aktuell in Nachdrucken erhältlich.
  • Harald Haarmann: Geschichte der Schrift. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47998-7.
  • Harald Haarmann: Universalgeschichte der Schrift. Campus Verlag, Frankfurt/Main, New York 1990, ISBN 3-593-34346-0.
  • Hans Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart. 1987 (Reprint), ISBN 3-326-00232-7.
  • Rudolf Wachter: Altlateinische Inschriften. Lang, Bern 1987, S. 324–33: «Die Erfindung des Buchstabens G».

Weblinks

 Commons: Lateinisches Alphabet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Unicode Code Charts (PDF):

Einzelnachweise

  1. ISO/IEC 10646

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