- Genussehe
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Die Zeitehe (auch Genussehe und Mutʿa-Ehe von arabisch نكاح المتعة , DMG nikāḥ al-mutʿa, wörtlich „Ehe des Genusses“ oder Sighe-Ehe von persisch صيغه ṣīġeh) ist eine zeitlich begrenzte Ehe, die bei schiitischen Muslimen üblich ist. Bei einer Zeitehe 'heiratet' ein muslimischer Mann eine Frau für eine Zeitdauer von einer Stunde bis zu 99 Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Die Zeitehe im Islam
Die Zeitehe gehört nach dem Schiismus eindeutig zur islamischen Lehre. Schiitische Überlieferer beziehen sich dabei auf einen Koranvers, durch den die Zeitehe – ihrer Ansicht nach – erlaubt wird:[1]
„Und (verboten sind euch) die ehrbaren (Ehe)Frauen, außer was ihr (an Ehefrauen als Sklavinnen) besitzt. (Dies ist) euch von Gott vorgeschrieben. Was darüber hinausgeht, ist euch erlaubt, (nämlich) daß ihr euch als ehrbare (Ehe)Männer, nicht um Unzucht zu treiben, mit eurem Vermögen (sonstige Frauen zu verschaffen) sucht. Wenn ihr dann welche von ihnen (im ehelichen Verkehr) genossen habt (fa-mā istamtaʿtum bi-hi min-hunna), dann gebt ihnen ihren Lohn als Pflichtteil! Es liegt aber für euch keine Sünde darin, wenn ihr, nachdem der Pflichtteil festgelegt ist, (darüber hinausgehend) ein gegenseitiges Übereinkommen trefft. Gott weiß Bescheid und ist weise.“
Kritiker unter Muslimen rücken die Zeitehe dagegen in die Nähe der Prostitution. Insbesondere die sunnitische Mehrheit der Muslime lehnt die Zeitehe ab.[2] Dabei beziehen sich sunnitische Gelehrte auf mehrere Überlieferungen (ḥadīṯ), in denen der Prophet Muḥammad die Zeitehe verbieten lässt.[3][4]
Die Zeitehe im schiitisch-islamischen Recht
Die Zeitehe (nikāḥ al-mutʿa) ist – nach schiitischer Sichtweise – für einen Muslim die einzige Möglichkeit, eine Nichtmuslimin (Christin, Jüdin, eventuell Zoroastrierin) zu heiraten.[5]
Im Ehevertrag, der mündlich ohne Heiratsvormund abgeschlossen werden kann, müssen genaue Angaben über die Zeitspanne des Ehevertrages und das der Frau zu übergebende Entgelt, das in ihren Besitz übergeht (mahr), gemacht werden. Es kann auch eine bestimmte Anzahl sexueller Begegnungen vereinbart werden. Die Frau muss für die Ehe unverheiratet und ehrbar sein, eine Verpflichtung über Unterhalt und Wohnung geht der Ehemann nicht ein. Gehen aus einer solchen Beziehung Kinder hervor, gelten sie rein rechtlich als ehelich.[5]
Nach religiösen Autoritäten (marāǧaʿ) kann die Zeitspanne einer Zeitehe zwischen einer Stunde und 99 Jahren betragen, wobei auch der Verkehr mit Prostituierten oder 'Seitensprünge' nicht ausgeschlossen sind.[6] In schiitischen Gebieten arbeiten viele Prostituierte unter dem Deckmantel der Zeitehe, da die Frau durch die Zeitehe nicht zu einer Wartezeit (ʿiddah) verpflichtet ist, wie es nach islamischem Recht bei einer Dauerehe der Fall ist.[7]
Die Zeitehe kann heimlich vollzogen werden, wobei es für die Zahl von Zeitehe-Frauen keine Grenze gibt. (Die Beschränkung auf 4 Ehefrauen gilt nur für unbefristete Eheverhältnisse). Ebenso wenig muss der Mann seine erste Ehefrau informieren, falls er eine Dauerehe führt.
Die Zeitehe nach staatlichem Recht
In der Islamischen Republik Iran ist die Zeitehe Teil des dortigen, schiitisch geprägten Rechtssystems, womit sie nur in diesem Land – von staatlicher Seite – legal ist.[8] In Saudi-Arabien, wo der zum sunnitischen Islam gehörende wahhabitische Islam herrscht, ist die Zeitehe verboten und wird mit Prostitution gleichgesetzt, daher mit dem Tode für alle Beteiligten bestraft.
Einzelnachweise
- ↑ Kulainī: ِAl-Kāfī, Al-Furūʿ, Kitāb al-nikāḥ, Abwāb al-mutʿah (Arabisch).
- ↑ Yusuf Al-Qaradawi: Erlaubtes und Verbotenes im Islam, SKD Bavaria München 2003, S. 263-266.
- ↑ Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, Kitāb al-nikāḥ, Bāb nahy ʿan nikāḥ al-mutʿah (Arabisch).
- ↑ Dass. (Englisch).
- ↑ a b Großayatullah Sistani: Fiqh für Muslime im Westen.
- ↑ Großayatullah Mohammad Saeed Al-Hakeem: Homepage Questions & Answers -> M (Englisch).
- ↑ TV-Dokumentation "Die Hure und der Gottesstaat Prostitution hinterm Schleier".
- ↑ Shahla Haeri: Law of Desire. Temporary Marriage in Iran. In: Die Welt des Islams, New Ser. 33 (1993), S. 291-2.
Quellen
Ḥadīṯ zur Zeitehe
- Schiitisch:
- Kulainī: ِAl-Kāfī, Al-Furūʿ, Kitāb al-nikāḥ, Abwāb al-mutʿah (Arabisch)
- Sunnitisch:
- Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, Kitāb al-nikāḥ, Bāb nahy ʿan nikāḥ al-mutʿah (Arabisch)
- Dass. (Englisch)
Faṭwās zur Zeitehe
- Schiitisch:
- Großayatullah Mohammad Saeed Al-Hakeem (Englisch)
- Großayatullah Khamene'i (Englisch)
- Großayatullah Sistani (Englisch)
- Großayatullah Sistani (Deutsch)
- Sunnitisch:
- Ulama Salih Munajjid (Deutsch)
Fachliteratur
- Ende, Werner: Ehe auf Zeit (mut'a) in der innerislamischen Diskussion der Gegenwart. In: Die Welt des Islam, New. Ser., 20 (1980) 1, S. 1-43.
- Haeri, Shahla: Law of Desire. Temporary Marriage in Iran. In: Die Welt des Islams, New Ser. 33 (1993), S. 291-2.
- Qaradawi, Yusuf Al-: Erlaubtes und Verbotenes im Islam, SKD Bavaria München 2003, S. 263-266.
- Rosiny, Stephan: Libanon: Sexualität im Diskurs schiitischer Islamisten. In: inamo 19 (1999), S. 9-13.
- Sachiko Murata: Temporary Marriage in Islamic Law, übersetzt aus dem Persischen. In: Al-Serat 13,1 o.J. o.S.
Weblinks
- http://en.wikipedia.org/wiki/Hadith_of_prohibition_of_Mut'ah_at_Khaybar (Wikipedia-Beitrag zum Verbot der Zeitehe aus sunnitischer Sicht)
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