- Georg Wertheim
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Georg Wertheim (* 11. Februar 1857 in Stralsund; † 31. Dezember 1939 in Berlin) war ein deutscher Kaufmann.
Wertheim wuchs in Stralsund auf. Nach der kaufmännischen Lehre bei Wolff und Apolant übernahm er 1876 zusammen mit seinem Bruder Hugo das 1875 gegründete Ladengeschäft der Eltern (Abraham und Ida Wertheim) für Kurz- und Posamentierwaren in Stralsund (siehe auch Wertheim-Konzern).
Die beiden Brüder brachten schnell neue Ideen in das Geschäft ein: Kunden bekamen die Möglichkeit zum Umtausch von Waren, die Preise waren nicht mehr verhandelbar aber dafür verlässlich, und verkauft wurde nur gegen strikte Barzahlung. Da er auf bestimmte, bislang gängige Kalkulationsposten (Risikoaufschlag, Lagerkosten) verzichtete, konnte er seine Waren günstiger als die Konkurrenz anbieten. Die Konzeption war erfolgreich, er konnte ein größeres Geschäft auf dem Stralsunder Alten Markt eröffnen, und nach der Eröffnung einer Filiale in Rostock wurde 1885 eine erste Niederlassung in der Rosenthaler Straße in Berlin gegründet und das Angebot um Haushaltswaren erweitert.
Wertheim erkannte schnell die sich wandelnden Anforderungen der wachsenden Metropole in der Zeit der Industrialisierung und eröffnete 1890 am Moritzplatz/Ecke Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg das erste als Warenhaus bezeichnete Handelsgeschäft. Die Verkaufsräume waren großzügiger und ließen eine bessere Warenpräsentation zu, die Waren wurden frei ausgelegt, und größere Stückzahlen erlaubten einen billigeren Verkauf.
Zunehmend zeigten sich jedoch die Beschränkungen, welche die Ladengeschäfte inmitten der Wohnbebauung mit sich brachten: die Räume waren nicht besonders groß und boten dem expandierenden Geschäft kaum Möglichkeiten.
Georg Wertheim hatte sich an der Berliner Kunstakademie in Sonntagskursen fortgebildet und begann nun zusammen mit dem bis dahin kaum bekannten Architekten Alfred Messel ein Gebäude zu konzipieren, das allein dem Verkauf der Waren dienen sollte. 1892 wurde eine Filiale in der Leipziger Straße eröffnet, und 1894 begann der Verkauf in dem als erstes zu diesem Zweck geplanten und gebauten Warenhaus in der Oranienstraße.
Das bekannte Kaufhaus Wertheim am Leipziger Platz, das 1896 begonnen und 1897 eröffnet wurde, ging noch einen Schritt weiter. Wertheim wollte der gehobenen Kundschaft, die sich bislang eher von Warenhäusern fern gehalten hatte, alle Wünsche unter einem Dach erfüllen können und der Neubau am verkehrsreichsten Platz der Stadt wurde bald eröffnet. In den Folgejahren musste Messel das Gebäude mehrmals erweitern. Das Wertheim am Leipziger Platz wurde in einem Atemzug genannt mit dem Harrods in London und dem Lafayette in Paris. Berühmt war vor allem die große Verkaufshalle mit ihrem gewölbten Glasdach, den mehr als zwanzig Meter hohen Vierkantsäulen und der überlebensgroßen Frauenstatue mit Warenkorb, eine Arbeit des Bildhauers Ludwig Manzel. Auch die Wandgemälde von F. Gehrke - ein antiker Hafen und sein modernes Gegenstück, mit dem Dampfer Deutschland, feierten den Handel.
Weitere Warenhäuser in der Rosenthaler Straße (1903), der Königsstraße (1911) und wieder am Moritzplatz (1913) folgten. Am Moritzplatz finanzierte Wertheim eine Streckenverlegung der U-Bahn, um den Kunden nach dem Vorbild seines Konkurrenten Rudolph Karstadt (im Kaufhaus am Hermannplatz) einen Zugang direkt vom U-Bahnsteig zu ermöglichen.
1911 erwarb Georg Wertheim Schloss Saßleben, in dem die Familie in den folgenden Jahrzehnten ihre Ferien verbrachte. Um seine Frau vor den Auswirkungen der NS-Rassengesetze zu schützen, ließ Georg Wertheim sich Mitte der Dreißigerjahre von seiner Frau Ursula scheiden und schenkte dieser anschließend das Schloss, womit es den Enteignungsbemühungen der NS-Bürokratie entzogen war. Das Schloss wurde 1945 nach Kriegsende durch einen Brand ungeklärter Ursache bis auf die Grundmauern zerstört und später abgerissen.
1913 war der Wertheim-Konzern das größte deutsche Unternehmen seiner Art. Der Erfolg rief bald auch Neider auf den Plan, und da die meisten Kauf- und Warenhäuser wie auch Wertheim im Besitz jüdischer Familienunternehmen waren, gab es vielfältige Kampagnen gegen die Warenhäuser. Es wurde ihnen unterstellt, mit falschen Maßen zu arbeiten, minderwertige Waren anzubieten, die Angestellten auszubeuten und die Kunden sittlich zu gefährden. Die Familie Wertheim versuchte, solchen Vorwürfen mit besonderer Qualität und mit Sicherheitsvorkehrungen für ihre Angestellten entgegenzuwirken.
1933 wurden die jüdischen Mitglieder der Familie Wertheim dazu genötigt, ihre Geschäftsanteile zu arisieren, d.h. an Arier zu übergeben. Zum 1. Januar 1937 trat Georg Wertheim aus dem Unternehmen aus. Die Firma wurde als deutsch erklärt und in Allgemeine Warenhandels-Gesellschaft (AWAG) umbenannt. Georg Wertheim starb am 31. Dezember 1939 an einer Lungenentzündung in Berlin. Sein Grabmal befindet sich auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof II in Berlin-Kreuzberg im Feld H.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Wertheim in der DDR 1949 enteignet, in der Bundesrepublik Deutschland kaufte der Hertie Waren- und Kaufhaus-Konzern 1951 die Mehrheit der Anteile und führte den Betrieb unter dem Namen Wertheim weiter. Die Angehörigen der Familie bekamen eine geringe Entschädigung und gaben alle Ansprüche auf die an Hertie verkauften Firmenanteile auf. 1984 erwarb Hertie den Rest der Wertheim-Aktien.
Lange Zeit war das Warenhaus in der Steglitzer Schloßstraße, Ecke Treitschkestraße von großer Bedeutung. In den 1960er Jahren wurde es stark erweitert, was zur Umstrukturierung eines ganzen Wohnviertels (Richtung Schildhornstraße) führte. In den folgenden Jahrzehnten entstanden direkt neben dem Kaufhaus Wertheim ein großes Karstadt-Kaufhaus und mehrere überdachte Einkaufszentren bis zur Ecke Schloßstraße/Bornstraße, wo sich seit langer Zeit bereits ein Kaufhaus der Kette Held, später Hertie, befand.
1994 geht auch das einzig verbleibende Warenhaus Wertheim am Kurfürstendamm zusammen mit dem Hertie-Konzern in den Besitz der Firma Karstadt über.
Die Nachkommen der Familie Wertheim leben heute in Deutschland, in den Niederlande und den USA und haben im Jahr 2003 Klagen gegen die Firma Karstadt auf Entschädigung angestrengt. Eine von ihnen betriebene Rückübereignung der in der DDR enteigneten Firmenteile und Grundstücke scheiterte 2004 vor Gericht. 2005 wurde eine Klage von KarstadtQuelle zurückgewiesen, eine Entschädigung damit wahrscheinlicher gemacht. Am 30. März 2007 gab der KarstadtQuelle-Konzern bekannt, die Erben der von den Nationalsozialisten enteigneten jüdischen Kaufmannsfamilie Wertheim zu entschädigen. Der Konzern teilte mit, dass mit der Jewish Claims Conference eine außergerichtliche Einigung erzielt worden ist.
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