Georges Friedmann

Georges Friedmann

Georges Philippe Friedmann (* 1902 in Paris; † 1977 ebendort) war ein französischer Soziologe. Er begründete nach dem Zweiten Weltkrieg eine soziologische Ansichtsweise in Bezug auf Arbeitsvorgänge, die stark am Humanismus orientiert war.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Friedmann besuchte in Paris das berühmte Lycée Henry IV. Nachdem er das Studium der Chemie abgeschlossen, trat er 1921 in die École normale supérieure, eine bekannte Pariser Universität, ein. Während des Krieges war er ein marxistischer Intellektueller und sympathisierte mit der kommunistischen Partei. Ein Großteil seiner Arbeit ist der Beziehung von Arbeiter und Maschine in den industrialisierten Gesellschaften der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewidmet.

Wirken

Soziologe, Vordenker und Vermittler

Seine Arbeiten und Veröffentlichungen wie Le travail en miettes (Die Arbeit in Stücken) von 1956 haben dazu geführt, dass er oft als reiner Soziologe, der sich nur mit Arbeitsphänomenen beschäftigte, wahrgenommen wurde. Es stimmt zwar, dass er sich seit 1931 intensiv mit den Problemen, die im Zuge der Technisierung der Arbeit auftauchten, beschäftigte. So läutete 1946 seine Schrift Probleme der industriellen Mechanisierung, eine neue Ära der Soziologie in Frankreich ein. Friedmann ist dafür als Soziologe, der sich mit Arbeitsphänomenen beschäftigte, bekannt. Jedoch werden seine Qualitäten als Vermittler und Vordenker der Soziologie oft übersehen. Denn zu diesem Zeitpunkt war er schon unter seinen amerikanischen Kollegen bekannt und machte umgekehrt deren Arbeiten in Frankreich bekannt. Doch seine Leistungen gehen auch über die Soziologie der Arbeit hinaus. Zu Beginn der 1960er Jahre entdeckte er ein weiteres Betätigungsfeld: Kommunikation und kulturelle Massenphänomene. An der Spitze des Zentrums für Soziologische Studien initiiert und organisiert er eine Vielzahl von Studien.

Intellektueller in seiner Zeit

Während des Aufstiegs des Faschismus in der 30er Jahren, interessierte sich Georges Friedmann, wie einige weitere Intellektuelle seiner Zeit, für das sowjetische Staatsmodell. Hierzu lernte er sogar Russisch. Zwischen 1932 und 1936 unternahm er mehrere Reisen in die Sowjetunion. Seine Beobachtungen schrieb er in zwei Veröffentlichungen nieder, in denen er auch seiner Kritik am Regime in Moskau Ausdruck verleiht.

Die Unterzeichnung des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktesund der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs veranlassten ihn sich an der Seite von Jean Cassou in der Résistance zu beteiligen. Seine Erlebnisse beschreibt er in seinem Journal der Guerre (Kriegstagebuch), das 1987, zehn Jahre nach seinem Tod, vom Verlag Gallimard veröffentlicht werden sollte.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zählt er zu den Sympathisanten der UDSSR. Er gehört, zusammen mit anderen Gesinnungsgenossen, wie Vercors, Jean Cassou, André Chamson, zu den Verfassern der Schrift L’Heure du choix, die 1946 geschrieben und 1947 veröffentlicht wurde. Der Inhalt dieser Veröffentlichung lässt sich in einem knappen Satz zusammenfassen: "Die Sowjetunion ist zwar kein gutes Beispiel, aber ein gutes Modell."

Philosoph

Georges Friedmann, von Berufs wegen Philosoph, hat Zeit seines Lebens darauf geachtet, die Verbindungen zwischen der Soziologie und der abendländischen Philosophie aufrechtzuerhalten. Er war von Leibniz und Spinoza begeistert. Seine Überlegungen über die moralische und philosophische Ordnung und die Zukunft der technisierten Gesellschaft legte er 1970 in seinem Buch La puissance et la sagesse ("Die Macht und die Weisheit") nieder.

Literatur

  • Georges Friedmann: Der Mensch in der mechanisierten Produktion. Bund, Köln 1952 (Problèmes humains du machinisme industriel. Gallimard, Paris 1946)
  • Pierre Grémion und Françoise Loison: Georges Friedmann. Un sociologue dans le siècle. 1902-1977. Paris 2004. ISBN 2-271-06234-9

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