Gertrudenkapelle (Oldenburg)

Gertrudenkapelle (Oldenburg)
Gertrudenkapelle

Die Gertrudenkapelle in der niedersächsischen Stadt Oldenburg ist das älteste und einzige erhalten gebliebene mittelalterliche sakrale Bauwerk der Stadt. Sie steht am Gertrudenfriedhof nördlich des Stadtzentrums zwischen der Nadorster und der Alexanderstraße, der von dem Mausoleum als Grablege des herzoglich-oldenburgischen Hauses dominiert wird.

Inhaltsverzeichnis

Kapelle

Der Baubeginn der Kapelle war um 1250. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie im Jahre 1428. Ursprünglich gehörte die Kapelle zu dem nicht mehr vorhandenen Siechenhaus. Der Ursprungsbau bestand aus einer einschiffigen Backsteinkirche mit Westturm. 1481 erhielt die Kirche ein neues Gewölbe mit figürlichen und ornamentalen Darstellungen, die bei einer Neuverputzung um 1600 überdeckt wurden. Um 1680 wurde die Kapelle neu gotisch ausgemalt. Diese Malereien wurden nach mehreren Überdeckungen erstmals teilweise 1908 freigelegt und werden seit 1964 in mehreren, bisher nicht abgeschlossenen Schritten restauriert.

Friedhof

Das Mausoleum
Grabstätte von Horst Janssen

Der St. Gertruden-Kirchhof entstand im Mittelalter und wurde, aufgrund seiner Lage vor den Toren der Stadt, zur Bestattung unheilbar und ansteckend Kranker aus dem erstmals 1345 erwähnten Siechenhaus in der Nähe der Gertrudenkapelle benutzt. Ab dem 17. Jahrhundert ließen sich zunehmend auch Bürger auf dem Gertrudenfriedhof beisetzen, die in der Natur ihre letzte Ruhestätte finden wollten.

1649 erhielt der Gertrudenfriedhof eine Mauer mit Eingangstor. Im linken Tor ist ein Bibelvers eingemeißelt (Hiob 19, 25), im rechten Tor die Worte „Oh ewich ist so lanck“, welche den Dichter Georg von der Vring zu einem Gedicht gleichen Titels inspirierten.

Ab 1785 wurde am nordöstlichen Rand des Friedhofsgeländes mit dem Bau des Mausoleums anlässlich des Todes von Friederike von Württemberg begonnen. Die Ehefrau des Oldenburger Herzogs Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Gottorp starb im November 1785 und wurde nach Fertigstellung des Mausoleums 1790 dort beigesetzt, da die bisherige Fürstengruft wegen des geplanten Neubaus der Lambertikirche (Oldenburg) nicht mehr genutzt werden sollte.

1791 wurde der Lambertifriedhof aufgelöst und zum Gertrudenfriedhof verlegt. Damit war der Gertrudenkirchhof bis 1874 der einzige Friedhof der Stadt.[1]

Dieses Mausoleum war das erste klassizistische Bauwerk in Oldenburg und bestimmte die Architektur in der Stadt über mehrere Jahrzehnte. Bei seiner Ausführung engagierte sich Herzog Peter I. selbst und griff mehrfach entscheidend in die Planungen des Architekten Johann Heinrich Gottlieb Becker ein. Sah dessen Entwurf noch einen Bau mit Laterne und barockem Wappen im Giebelfeld vor, so entfernte Peter I. diese beiden Bestandteile mit zwei Federstrichen. Das Mausoleum wurde 1829 auch zur Grablege des Regenten und seiner Nachfolger. Bis heute werden die Mitglieder des herzoglich-oldenburgischen Hauses hier bestattet. Peter Friedrich Ludwigs Sarkophag trägt die Inschrift: Vater dem Lande zu seyn, war ihm höchster Beruf.

Auf dem an klassizistischen Grabstellen reichen Friedhof, der auch das Grabmal und Mausoleum von Johann Georg von Hendorff von 1791 beherbergt[2], wurden in neuerer Zeit unter anderem die Künstler Anna Maria Strackerjan und Horst Janssen, der Mediziner Wilhelm Heinrich Schüßler und die Sozialpädagogin Edith Ruß bestattet. Weiterhin befindet sich auf dem Friedhof ein Denkmal für im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 gefallene Oldenburger Soldaten sowie ein Grabmal für die französischen Soldaten aus demselben Krieg, das 22 Namen trägt.[3]

Getrudenlinde

Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg., S. 149

Um die Linde auf dem Kirchhof der Getrudenkapelle rankt sich eine alte Sage. Ein Mädchen sei unschuldig zum Tode verurteilt und vor das Tor der Stadt zur Richtstätte geführt worden. Dort habe es einen am Boden liegenden Zweig ergriffen, verkehrt, mit dem oberen Ende, in die Erde gesteckt und gesagt: „So wahr dieser Zweig ausschlagen und zu einem mächtigen Baume erwachsen wird, so wahr bin ich unschuldig!“ Das Mädchen wurde hingerichtet, der Zweig aber wuchs und gedieh und wurde zu dem Baum, der jetzt den Kirchhof schmückt. Ihr Umfang betrage mehr als 15 Oldenburger Fuß [1 Oldenburger Fuß = 0,2958 m] und habe nach allen Seiten hin ein breites Laubdach, fast 50 Fuß im Durchmesser, das oben eine zweite Krone bilde.

Das Mädchen soll „bei einer reichen Herrschaft gedient und habe dem Sohne derselben nicht zu Willen“ gewesen sein. Da habe der Sohn seinen Eltern einige silberne Löffel weggenommen und sie im dem Koffer des Mädchens versteckt. Als die Löffel vermisst und schließlich in dem Koffer entdeckt wurden, sei das Mädchen des Diebstahls für schuldig befunden und zum Tode verurteilt worden. [4]

Auf dem Kirchhof sollen auch eine Äbtissin und drei Nonnen in einem Grabe begraben sein. Jede Nacht um zwölf Uhr erstehen diese Toten aus ihrem Grab auf und gehen zur Gertrudenkapelle und wieder zurück.

In einem alten Reisebericht im Oldenburger Stadtarchiv ist zu lesen, dass die erste - bereits sehr alte - Linde im Jahr 1656 auf 28 Säulen gestützt wurde und dass im Sommer am Baumstamm eine Kanzel stand, vor dem Gottesdienste im Freien abgehalten wurden.

1960 wurde ein Ableger der uralten Linde am Eingang des Gertrudenkirchhofs neu gepflanzt.

Literatur

  • Wolfgang Runge: Kirchen im Oldenburger Land Band III. Kirchenkreise Oldenburg 1 und 2, Holzberg, Oldenburg 1988, ISBN 3-87358-298-8, S. 59-96
  • Hans von Seggern, Bernd Franken: Geschichte und Geschichten rund um den St. Gertruden-Kirchhof, 3. Auflage, Isensee, Oldenburg 2009, ISBN 978-3-936957-00-6

Einzelnachweise

  1. Deutsche Stiftung Denkmalschutz: Das Grabmal v. Hendorff
  2. Deutsche Stiftung Denkmalschutz: Das Grabmal v. Hendorff
  3. Denkmalprojekt.org
  4. Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Bd. 2. Hg.: Karl Willoh. Oldenburg 1909. S. 149.

Weblinks

53.1484166666678.2148333333333

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gertrudenkapelle — Das Patrozinium der Heiligen Gertrud von Nivelles tragen folgende Kirchen: In Belgien: Löwen: Sint Geertrui (Löwen) Nivelles: Stiftskirche St. Gertrud (Nivelles) In Deutschland: Bochum Wattenscheid: Propsteikirche St. Gertrud von Brabant… …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg-Wechloy — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg (Niedersachsen) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg (Oldb) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg (Oldb.) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg i.O. — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg i. G. — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg im Großherzogtum — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg in Oldenburg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oldenburg (Oldenburg) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”