Lambertikirche (Oldenburg)

Lambertikirche (Oldenburg)
Lambertikirche aus der Luft
Stadtbildprägende Lambertikirche, von der Eisenbahn-Klappbrücke über die Hunte betrachtet

Die St.-Lambertikirche ist eine evangelische Gemeindekirche in Oldenburg (Oldenburg), Niedersachsen. Sie steht nordwestlich des Schlosses im historischen Stadtkern Oldenburgs. Bemerkenswert ist der Kontrast zwischen der Außengestaltung der Kirche, die eine neugotische Hallenkirche erwarten lässt, und der Innengestaltung der Kirche mit klassizistischer Rotunde. Der höchste der fünf Türme der Kirche ist 86 m hoch. Damit ist die Lambertikirche das höchste Bauwerk und prägt entsprechend die Silhouette der Stadt. Die Kirche wurde nach dem Heiligen Lambertus benannt und ist die Hauptkirche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Blick vom Schlossplatz; im Vordergrund die Schlosswache

Seit dem Hochmittelalter stand eine erste Kirche zwischen der damaligen Burg und der Siedlung Oldenburg. Vermutlich handelte es sich hierbei um eine einschiffige romanische Kirche. Erbaut wurde diese Kirche vom Haus Oldenburg, einem Grafengeschlecht, das die Burg in der Mitte des 12. Jahrhunderts zu seiner Residenz machte. Der genaue Zeitpunkt der Gründung ist unbekannt, er dürfte zwischen 1180/81 (Rückkehr aus dem Exil) und 1200 liegen. Die Bedeutung des Heiligen Lambertus für das Haus Oldenburg zeigte sich auch in der Gründung der Auricher Lambertikirche durch die Oldenburger Grafen um das Jahr 1200.

Im Jahr 1237 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung eines Oldenburger Gemeindepfarrers. Der Pfarrer Johannes aus Oldenburg ist einer der Zeugen einer Eigentumsübertragung an das Kloster Rastede. Hieraus lässt sich indirekt auf die Existenz einer Oldenburger Kirche schließen. Der noch erhaltene und gelegentlich verwendete spätromanische Abendmahlskelch der Kirche wurde um 1265 geschaffen. Er gehört zu einer Gruppe westfälischer Goldschmiedearbeiten.

Im 14. Jahrhundert sind in der Lambertikirche fünf Altäre belegt. 1345 wurde der Siedlung Oldenburg das Stadtrecht verliehen und die Kirche damit zu einer Stadtkirche. 1377 wurde die Lambertikirche zu einem Kollegiatsstift erhoben. Sie hatte danach acht Kanoniker (Stiftsherren) und damit mehr Prediger als zuvor. Hieraus lässt sich auch auf eine Steigerung auf neun Altäre schließen (für jeden Stiftsherren und deren Abt je einen). Das Grafenhaus initiierte diese Erhebung, die Kanoniker sollten zur „Vermehrung des Gottesdienstes dienen und zum Seelenheil der Grafen und ihrer Vorfahren“.

Um 1400 erfolgten zahlreiche Umbauten und die Erweiterung des Kirchengebäudes zu einer spätgotischen Hallenkirche. Auf Veranlassung des Grafen Dietrich von Oldenburg wurde der Chor 1436 nach Osten erweitert und mit bunten Glasfenstern versehen. Etliche Fenster wurden auch durch den niederen Adel und Bremer Honoratioren gespendet.

Die Reformation begann in Oldenburg um 1527. Die Stadt wurde protestantisch und die Predigten in deutscher Sprache gehalten. Um 1550 starben die Stiftsherren aus. Danach wurden einige der Kirchenaltäre entfernt, das Kirchenäußere aber nicht verändert.

1667 starb mit Graf Anton Günther das Grafengeschlecht aus, das die Geschichte der Lambertikirche bis zu diesem Zeitpunkt prägte. Oldenburg fiel unter die Herrschaft des dänischen Königshauses. 1773 übernahm das Herzogsgeschlecht Holstein-Gottorp die Grafschaft, die damit zu einem Herzogtum wurde. 1785 verlegte Herzog Peter Friedrich Ludwig den Regierungssitz nach Oldenburg, wodurch die Stadt wieder verstärkte Aufmerksamkeit durch das sie regierende Adelshaus genoss.

Innenraum mit Orgel

1795 erfolgte der grundlegende Umbau der baufälligen Kirche auf Anregung von Herzog Peter Friedrich Ludwig nach den Plänen des Architekten Joseph Bernhard Winck. Die Kirche wurde bis auf die Außenmauern abgerissen und im Inneren zu einer klassizistischen Rotunde mit Kuppel umgestaltet. Die Orientierung des Kirchenraums wurde dabei gedreht und somit „gewestet“, wodurch auf der Ostseite anstelle eines für Kirchenbauten typischen Altar- bzw. Chorraums ein kleiner Eingangsbau entstand. Der Innenraum der Kirche wurde seitdem nicht mehr wesentlich verändert oder umgestaltet.

Neugotischer Westturm von 1873 mit Martin Luther-Statue

1813 wurde der freistehende Glockenturm abgerissen, um zusätzlichen Raum für den Marktplatz zu schaffen. Die turmlose Kirche wurde vom Dichter Heinrich Heine verspottet und mit einem Theater verglichen. Im Jahre 1873 wurde schließlich ein Turm im Westen der Kirche errichtet. Zudem begann die neugotische Umgestaltung der Kirche. In den Jahren von 1885 bis 1887 folgte dann die Errichtung von vier Ecktürmen und die Ummantelung des Baus mit roten Backsteinen in gotischen Formen. Dabei wurde auf der Ostseite ein klassischer Chorumbau errichtet, der aber nicht als Chor dient, sondern lediglich den klassizistischen Eingangsbereich ummantelt. Das neogotische Äußere und das klassizistische Innere der Kirche ist heute noch prägend für die Lambertikirche.

1968 wurde der Innenraum der Kirche erneut gedreht, um den Einbau einer großen Orgel zu ermöglichen. Gebaut wurde die Orgel von der Firma Alfred Führer aus Wilhelmshaven. Im Zuge der von dem hannoverschen Architekten Dieter Oesterlen geplanten Baumaßnahmen wurde innerhalb des neugotischen Chorumbaus ein neuer Gemeinderaum eingebaut.

Altar der Lambertikirche

Von Frühjahr 2007 bis zum Herbst 2009 wurde die Lambertikirche saniert und umgebaut, wobei allerdings der eigentliche Kirchenraum architektonisch nicht verändert wurde. Jedoch erhielt der Raum eine neue, hellere Farbgebung. Die bislang kaum beanspruchten Raumbereiche im neogotischen Chorumbau wurden neu erschlossen. Oberhalb der wieder als Eingangs- und Ausstellungsraum genutzten Vorhalle wurde durch Abbruch einer Zwischendecke ein neuer, den hohen Außenfenstern entsprechender Raum geschaffen, in den eine kleine Box eingehängt wurde. Diese Räume sollen als Gemeindesäle dienen und damit kirchliche und gemeindliche Nutzungen verstärkt innerhalb des Kirchengebäudes vereinen. Auch die aus dem Jahre 1937 stammende Heizung wurde dabei erneuert. Die Entwürfe für den Umbau der Kirche stammen von dem Hamburger Architekten Bernhard Hirche.

Orgel

Führer-Orgel (1972)

Bereits 1481 ist ein Organist bezeugt. Vor 1570 haben die Brüder Cornelius und Michael Slegel (Zwolle) eine neue Orgel gebaut. 1642 erfolgte ein weiterer Neubau durch Hermann Kröger (Oldenburg), der mehrere Umbauten erfuhr. Nach dem Einsturz des Gewölbes 1791 wurde ein neues Instrument durch Jacob Courtain (Osnabrück) und Johann Wilhelm Krämersdorf (Oldenburg) in den Jahren 1792–1800 gebaut, das 1903 durch eine Orgel von Johann Martin Schmid (Oldenburg) ersetzt wurde. Ein eingreifender Umbau erfolgte 1930 durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover). Die heutige Orgel wurde 1972 von der Firma Alfred Führer erbaut, verfügt über 52 Register und ist damit das größte Instrument in der Orgellandschaft Oldenburg.[1] 2008 ergänzte die Firma Mühleisen zwei Register im Pedal und baute eine neue Setzeranlage ein. Die Disposition lautet seitdem:[2]

I Hauptwerk C–g3
1. Pommer 16′
2. Principal 8′
3. Flûte harmonique 8′[Anm. 1]
4. Spitzflöte 8′
5. Oktave 4′
6. Nachthorn 4′
7. Quinte 22/3
8. Oktave 2′
9. Cornett V 8′
10. Mixtur maior VI 2′
11. Mixtur minor III 2/3
12. Trompete 16′
13. Trompete 8′
II Brustwerk C–g3
14. Metallgedackt 8′
15. Quintadena 8′
16. Prinzipal 4′
17. Koppelflöte 4′
18. Oktave 2′
19. Quinte 11/3
20. Sesquialtera II 22/3
21. Scharff IV 1′
22. Regal 8′
Tremulant
III Schwellwerk C–g3
23. Bordun 16′
24. Prinzipal 8′
25. Holzgedackt 8′
26. Gambe 8′
27. Voix céleste 8′
28. Oktave 4′
29. Gemshorn 4′
30. Nasard 22/3
31. Flachflöte 2′
32. Terz 13/5
33. Oktave 2′
34. Mixtur VII 11/3
35. Zimbel III 1/5
36. Bombarde 16′
37. Oboe 8′
38. Clairon 4′
Tremulant
Pedal C–f1
39. Grand Bourdon 32′[Anm. 1]
40. Prinzipal 16′
41. Subbaß 16′
42. Zartbaß 16′[Anm. 1]
43. Oktave 8′
44. Spillflöte 8′
45. Oktave 4′
46. Quintade 4′
47. Blockflöte 2′
48. Mixtur V 22/3
49. Posaune 16′
50. Dulzian 16′
51. Trompete 8′
52. Zink 4′
Anmerkungen
  1. a b c 2008 von Mühleisen.

Literatur

  • Wolfgang Runge: Kirchen im Oldenburger Land Band III. Kirchenkreise Oldenburg 1 und 2, Holzberg, Oldenburg 1988, ISBN 3-87358-298-8, S. 9-58.
  • Reinhard Rittner (Hrsg.): Oldenburg und die Lambertikirche, Holzberg, Oldenburg 1988, ISBN 3-87358-307-0.
  • Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Oldenburg (Hrsg.): Die Lambertikirche in Oldenburg, kleiner Kirchenführer, Oldenburg, erste Ausgabe 1987, Vorwort von 2004, Druck: Isensee.
  • Ralph Hennings u. Melanie Luck von Claparède, Der heilige Lambertus und die Lambertikirche in Oldenburg. Oldenburg 2007. ISBN 3-9809116-2-4.

Weblinks

 Commons: Lambertikirche (Oldenburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fritz Schild: Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Noetzel, Wilhelmshaven 2008, ISBN 3-7959-0894-9, S. 159–165.
  2. Lamberti-Kirchenmusik (mit Fotos und Klangbeispielen) (gesehen 16. Oktober 2009).
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