Geschäftsjahr

Geschäftsjahr

Das Geschäftsjahr (im Steuerrecht: Wirtschaftsjahr) ist der Zeitraum, für den ein Unternehmen das Ergebnis seiner geschäftlichen Tätigkeit in einem Jahresabschluss zusammenfasst.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Der Begriff des Geschäftsjahres wird im Handelsgesetzbuch (§ 242 HGB) verwendet, der Begriff des Wirtschaftsjahres im Einkommensteuergesetz (§ 4a EStG) und nach allgemeinem Sprachgebrauch auch im Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft. Auch der Begriff Fiskaljahr wird gelegentlich verwendet. Im Recht der Idealvereine geht das Bürgerliche Gesetzbuch davon aus, dass jeder Verein ein Geschäftsjahr hat (§ 39 Abs. 2 BGB). Im Sprachgebrauch (insbesondere in Ansprachen, Protokollen, Presseartikeln) wird es auch als Vereinsjahr bezeichnet.

Technisch beginnt das Geschäftsjahr mit der Eröffnungsbilanz und endet am Bilanzstichtag, der höchstens 12 Monate nach dem Eröffnungsstichtag liegen darf (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB). Regelfall ist die Übereinstimmung des Geschäftsjahres mit dem Kalenderjahr, Abweichungen sind jedoch zulässig. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das einmal gewählte Geschäftsjahr in der Regel wegen des Grundsatzes der Bilanzkontinuität beizubehalten ist. Abweichungen des Geschäftsjahres vom Kalenderjahr bedürfen zur steuerlichen Wirksamkeit der Zustimmung des zuständigen Finanzamtes.

Rumpfgeschäftsjahr

Bei einem Wechsel des Geschäftsjahres kommt es zwangsläufig zu einem Rumpfgeschäftsjahr.[1] Das Rumpfgeschäftsjahr umfasst in der Regel einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten und soll die Anpassungsphase zwischen zwei vollständigen Geschäftsjahren überbrücken. Deshalb darf ein Rumpfgeschäftsjahr kürzer, aber nicht länger als 12 Monate dauern (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB). Gründe für Rumpfgeschäftsjahre sind Neugründungen, Auflösungen, Veräußerungen und Umstellungen auf einen anderen regelmäßigen Abschlussstichtag.[2]

Wird ein Unternehmen im Laufe eines Jahres gegründet und das Geschäftsjahr soll mit dem Kalenderjahr identisch sein, dann ergibt sich für das Jahr der Gründung ein Rumpfgeschäftsjahr vom Zeitpunkt der Gründung bis zum 31. Dezember desselben Jahres.

Vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr

Ein vom Kalenderjahr „abweichendes Geschäftsjahr“ kann branchenabhängig gewählt werden, um etwa saisontypische Entwicklungen bilanziell besser erfassen zu können. Es kann dann zweckmäßig sein, einen Bilanzstichtag zu wählen, der auf einen die Saisonspitze berücksichtigenden Zeitpunkt fällt, an dem die Lagerbestände weitgehend abgebaut und Umsatzschwerpunkte berücksichtigt sind.

In der Landwirtschaft ist ein Wirtschaftsjahr üblich, das abhängig von der Art der Tätigkeit entweder am 1. Mai (hauptsächlich Grünland) oder am 1. Juli beginnt. Für den Weinbau gilt wiederum ein anderes Wirtschaftsjahr. Das einkommensteuerrechtlich zulässige Wirtschaftsjahr bei Land- und Forstwirten ergibt sich im Einzelnen aus § 8c EStDV.

Ähnliche saisonale Schwerpunkte weisen auch andere Branchen auf, die ihre abweichenden Geschäftsjahre etwa nach dem Lagerzyklus oder Umsatzschwerpunkten ausrichten.

Als weitere Gründe für ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr kommen in Betracht:

  • bei konzernangehörigen Unternehmen die Anpassung an das Geschäftsjahr der Konzernmutter, die ihren Sitz oft im Ausland hat;
  • Anpassung an Dauerschuldverhältnisse mit Abrechnungsperioden, zum Beispiel an Müllverbrennungs- und sonstige Entsorgungsverträge bei Unternehmen der Abfallwirtschaft;
  • Ausnutzung temporärer Produktionseinstellungen z.B. durch regelmäßige Wartungs- und Reinigungsarbeiten, da Inventurarbeiten erleichtert werden; Lagerbestände, Fertigwaren, Halbfertigprodukte, Betriebsmittel, Rohstoffe etc. lassen sich dann einfacher und genauer erfassen als bei laufender Produktion;
  • Anpassung an das Wettbewerbsumfeld;
  • Erleichterung einer verlässlicheren und frühzeitigeren Beurteilung der Gesamtjahresperformance eines Unternehmens, wenn rund 50 Prozent des Jahresergebnisses im ersten und nicht im vierten Geschäftsjahresquartal erwirtschaftet werden;
  • Anpassung an witterungsbedingte saisonale Abläufe im Agrar-, Forst- und Sportbereich ("Sportjahr"); darunter fällt z.B. die Anpassung an den Spielplan der Bundesliga von August bis Mai oder die Wahl des Geschäftsjahres von März bis Februar im Motorsportbereich;
  • Andere saisonale Anpassungen (z.B. an das Weihnachtsgeschäft oder zur Vermeidung saisonaler Spitzenzeiten bei Finanzbehörden und Steuerberatern).

Änderungen des Geschäftsjahres

Eine Änderung des Geschäftsjahres bedarf einer Satzungsänderung. Bei Kapitalgesellschaften hat dies zur Folge, dass die Satzungsänderung im Handelsregister eingetragen werden muss, weil eine Satzungsänderung bei Kapitalgesellschaften erst mit ihrer Eintragung im Handelsregister wirksam wird. Bei dieser Satzungsänderung ist nach herrschender Meinung ein Rückwirkungsverbot zu beachten. Hierzu hatte mit Beschluss vom 9. März 1999 das OLG Frankfurt/Main entschieden,[3] dass die Eintragung der Änderung eines GmbH-Gesellschaftsvertrages hinsichtlich des Geschäftsjahres jedenfalls dann unzulässig sei, wenn das gebildete Rumpfgeschäftsjahr im Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits abgelaufen war. Wegen der konstitutiven Wirkung der Eintragung (§ 54 Abs. 3 GmbHG) könne die Änderung eines GmbH-Gesellschaftsvertrages grundsätzlich keine Rückwirkung haben. Der Beschluss bezieht sich auf eine Entscheidung des BFH aus dem Jahre 1997.[4] Die Änderung des Geschäftsjahres muss aus Gründen der Rechtssicherheit und des Gläubigerschutzes vor Beginn des neuen Geschäftsjahres im Handelsregister eingetragen sein.[5]

Bei Gewerbebetrieben muss das Finanzamt einer Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum zustimmen, damit das geänderte Wirtschaftsjahr auch steuerlich wirksam wird (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG, § 8b EStDV). Bei Gewerbetreibenden gilt der Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG); bei Land- und Forstwirten findet eine Aufteilung statt.

Geschäftsjahr im Konzern

Während das Geschäftsjahr von Konzern und Mutterunternehmen zwingend identisch sein muss (§ 299 Abs. 1 HGB), braucht dies bei den konsolidierten Tochtergesellschaften nicht der Fall zu sein. Liegt jedoch der Abschlussstichtag eines Konzernunternehmens um mehr als drei Monate vor dem Stichtag des Konzernabschlusses, so ist dieses Unternehmen auf Grund eines auf den Stichtag und den Zeitraum des Konzernabschlusses aufgestellten Zwischenabschlusses (Rumpfgeschäftsjahr) in den Konzernabschluss einzubeziehen (§ 299 Abs. 2 HGB).

IAS

Die internationalen Rechnungslegungsvorschriften stimmen mit der deutschen Rechtslage überein. Die IAS setzen das komplette Geschäftsjahr („financial year“) als Regelfall voraus und befassen sich ausführlich mit dem Rumpfgeschäftsjahr. Zielsetzung von IAS 34 ist die Regelung der Mindestbestandteile für einen Zwischenbericht und die Regelung der Bilanzierungs- und Bewertungsgrundlagen für Abschlüsse, die für eine Zwischenberichtsperiode aufgestellt werden. Nach IAS 34.4 ist der Zeitraum eines Rumpfgeschäftsjahres („interim period“) kürzer als ein vollständiges Jahr, wobei ein Zwischenabschluss („interim report“) mit kompletten oder zusammengefassten Zahlen erstellt wird. Wer einen solchen Zwischenabschluss wann zu erstellen hat, überlässt IAS 34.1 der nationalen Gesetzgebung.[6]

Einzelnachweise

  1. Ernst Heymann/Norbert Horn, Kommentar HGB, 1999, S. 482
  2. Ernst Heymann/Norbert Horn, a.a.O., S. 86
  3. OLG Frankfurt/Main GmbHR 1999, S. 484
  4. BFH GmbHR 1997, S. 670
  5. Günter Henn/Jürgen Frodermann/Dirk Jannott, Handbuch des Aktienrechts, 2009, S. 152
  6. IAS-Standard IAS 34
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