Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung

Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung

Die Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung e. V. (GfbG) ist eine am 13. April 1909 gegründete wissenschaftliche Gesellschaft. Sie erforscht und veröffentlicht wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte der deutschen Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung (Satzung der GfbG, § 1).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Archiv und Bücherei

Die Tätigkeit der GfbG fußt vor allem auf Bücherei und Archiv der Deutschen Burschenschaft. Die Entstehung von Archiv und Bücherei geht auf private Sammlertätigkeit zurück. Im wesentlichen waren es der Begründer der „Burschenschaftlichen Blätter“, Dr. Gustav Heinrich Schneider (Burschenschaft Germania Jena), der Marburger Geheime Justizrat Georg Heer (Burschenschaft Arminia Marburg), der Schriftsteller und Reichstagsabgeordnete Dr. Hugo Böttger (Jenaische Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller), und der Direktor der Universitätsbibliothek Gießen, Prof. Dr. Herman Haupt (Burschenschaft Arminia Würzburg, Frankonia Gießen, Germania Gießen und Saxonia Hannoversch-Münden ), der Altmeister der burschenschaftlichen Geschichtsforschung, die bereits als Studenten den Grundstock ihrer Sammlungen legten. Schneider begann um 1880 eine allgemeine Sammlung burschenschaftlichen, allgemeinstudentischen und hochschulkundlichen Inhalts, die von Böttger fortgesetzt und seit 1908/09 von Haupt betreut wurde, der in der Gießener Universitätsbibliothek über die entsprechenden Räumlichkeiten verfügte. Die Bestände stellen eine einzigartige Sammlung zum Thema Burschenschaft dar und werden heute im Bundesarchiv in Koblenz verwahrt.

Burschenschaftliche Historische Kommission

Haupt institutionalisierte auch die burschenschaftliche Geschichtsforschung. Er, die Historiker Heinrich von Srbik (Burschenschaft Gothia Wien), Wilhelm Oncken (Burschenschaft Frankonia Heidelberg), Reinhold Koser (Burschenschaft Silesia Wien), Ferdinand Bilger (Burschenschaft Silesia Wien) und Friedrich Meinecke (Burschenschaft Saravia Berlin), der Freiburger Pathologe Ludwig Aschoff (Burschenschaft Alemannia Bonn) sowie einige andere, historisch interessierte Burschenschafter gründeten nach ersten Gesprächen im Sommer 1908 am 13. April 1909 in Frankfurt a. M. die „Burschenschaftliche Historische Kommission“, deren Gründung schon Heinrich von Treitschke (Burschenschaft Frankonia Bonn), Friedrich Paulsen (Burschenschaft der Bubenreuther Erlangen), Theobald Ziegler (Burschenschaft Alemannia Wien, Roigel Tübingen und Alemannia Straßburg) und Theodor Mommsen (Burschenschaft Albertina Kiel) in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts gefordert hatten. Die nach dem Muster der historischen Landeskommissionen errichtete burschenschaftliche Kommission wurde getragen von den Universitätsburschenschaften in der Deutschen Burschenschaft (DB), den Burschenschaften an Technischen Hochschulen im Rüdesheimer Verband deutscher Burschenschaften (RVdB) und von den österreichischen Burschenschaften, der Burschenschaft der Ostmark (BdO). Die drei Verbände errichteten bereits 1898 einen gemeinsamen Ausschuss zur Vorbereitung einer Gesamtdarstellung burschenschaftlicher Geschichte, der aber keine größere Wirksamkeit entfaltete.

Veröffentlichungen

Die Historische Kommission – seit 1929 Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung (GfbG), seit 1933 eingetragener Verein – gab 1910/11-1942 die „Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung“ in 16 Bänden heraus, dazu 6 Beihefte, Sonderausgaben und 2 Bände Burschenschafterlisten. Besondere Wirksamkeit entfaltete der 9. Band der „Quellen und Darstellungen“, das Buch des Kölner Historikers Prof. Dr. Paul Wentzcke (Burschenschaft Alemannia Straßburg-Hamburg, Marchia Köln/Bonn und Germania Würzburg) über „Die deutschen Farben, ihre Entwicklung und Deutung sowie ihre Stellung in der deutschen Geschichte“ (Heidelberg 1927, 2. Aufl. 1955). Es wurde das Standardwerk im Flaggenstreit der Weimarer Republik und die Grundlage für ein gleichnamiges, halboffizielles und von Veit Valentin im Auftrag des Reichsarchivs herausgegebenes Flaggenbuch. Wentzckes Werk beeinflusste noch 1949 den Beschluss des Parlamentarischen Rates über die schwarz-rot-goldenen Bundesfarben. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1949/50 wiedergegründet, erschien 1957 der erste Band der neuen Reihe „Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert“. Der 16. Band erschien 2008, dazu 17 Hefte „Jahresgaben der Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung“ sowie 13 Hefte „Veröffentlichungen des Archivs der Deutschen Burschenschaft, Neue Folge“. Das größte gegenwärtige Projekt ist das „Biographische Lexikon der Deutschen Burschenschaft“, von dem bereits 6 Bände vorliegen.

Vorsitzende

  • (1898)1909-1930 Prof. Dr. Herman Haupt, Gießen
  • 1930-1960 Prof. Dr. Paul Wentzcke, Düsseldorf/Frankfurt a. M.
  • 1961-1971 Prof. Dr. Kurt Stephenson, Bonn
  • 1971-1986 Oberstaatsanwalt Horst Bernhardi, Verden a. d. Aller/Celle
  • 1986/87-2005 Prof. Dr. Christian Hünemörder, Hamburg/Waldbröl
  • seit 2005 Dr. Klaus Oldenhage, Vizepräsident des Bundesarchivs, Koblenz

Literatur

  • Lönnecker, Harald: Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung e.V. – Archiv und Bücherei, in: Vademekum der Geschichtswissenschaften. Verbände, Organisationen, Gesellschaften, Vereine, Institute, Seminare, Lehrstühle, Bibliotheken, Archive, Museen, Dienststellen, Ämter, Verlage und Zeitschriften sowie Historiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 4. Ausgabe 2000/2001, Stuttgart 2000, Nachtrag 2002, S. 14-16.
  • Lönnecker, Harald: Besondere Archive, besondere Benutzer, besonderes Schrifttum. Archive akademischer Verbände, in: Der Archivar. Mitteilungsblatt für deutsches Archivwesen 55/4 (2002), S. 311-317.
  • Lönnecker, Harald: Archive und Archivare, Benutzer und Forschungen, in: Grün, Bernhard (Hrsg.): Die Arbeit des Studentenhistorikers. Vom Archiv zum Buch (Kleine Schriften der GDS, 17), Köln 2003, S. 8-29.
  • Lönnecker, Harald: Quellen und Forschungen zur Geschichte der Korporationen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Ein Archiv- und Literaturbericht, in: Steinbach, Matthias/Gerber, Stefan (Hrsg.): „Klassische Universität“ und „akademische Provinz“. Studien zur Universität Jena von der Mitte des 19. bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts, Jena 2005, S. 401-437.

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