Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen

Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen

Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e. V. (kurz GVU) ist ein eingetragener Verein, der im Auftrag der Filmbranche und der Entertainment-Software-Industrie arbeitet. Er trägt nach eigener Aussage „im Netzwerk der internationalen Antipiraterie-Organisationen der Motion Picture Association of America (MPAA) dazu bei, geistiges Eigentum zu schützen und die Verbreitung von illegalen Kopien (Urheberrechtsverletzungen) einzudämmen“.

Inhaltsverzeichnis

Aktivitäten

Der GVU gehören über 80 Unternehmen und Verbände an. Seit 1984 unterstützt sie die Strafverfolgungsbehörden (zum Beispiel Polizei, Staatsanwaltschaft und Zoll) und vertritt ihre Erkenntnisse und Politik als Lobbyorganisation gegenüber Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft.

Seit der Gründung der GVU im Jahr 1984 konnte man nach eigenen Angaben in über 20 Jahren zahlreiche Erfolge gegen die Film- und Softwareurheberrechtsverletzung verzeichnen, jedoch wurden die Ermittlungsmethoden des Vereins diskutiert, als die GVU am 24. Januar 2006 selbst in den Verdacht der Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung geriet.[1][2] Den durch heise online und onlinekosten.de angeregten Diskussionen folgte allerdings keine Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens, da im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen festgestellt wurde, dass keine Straftaten der GVU oder deren Ermittler vorliegen.

Die GVU wurde ebenfalls durch die Kampagne „Hart aber gerecht“ bekannt, die von Zukunft Kino Marketing GmbH, einem Tochterunternehmen des Hauptverband Deutscher Filmtheater, erstellt wurde und aus Mitteln der Filmförderungsanstalt finanziert wurde. Die für manche witzige, von anderen stark kritisierte und diskutierte Kampagne erweckt den Eindruck, auf Diebstahl geistigen Eigentums folge sehr schnell eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Eine solche ist allerdings nur in besonders schweren, gewerbsmäßigen Fällen von Urheberrechtsverletzungen zu erwarten.

Nach eigenen Angaben beschäftigt die GVU derzeit 16 Mitarbeiter, von denen die meisten in der Zentrale in Berlin arbeiten.[3] Neben diversen Ermittlern arbeiten zwei Juristen und ein Techniker bei der GVU.

Vorgehensweise und Kritik

Die verdeckte Ermittlungstätigkeit der GVU dient der Aufklärung von im Internet durch Einzelpersonen oder Personengruppen begangenen Urheberrechtsverletzungen. Ziel dieser Ermittlungen ist das Feststellen von illegalen Erstverbreitern oder Release-Gruppen urheberrechtlich geschützter Inhalte.

Durch eine starke Lobbyarbeit wird maßgeblich Einfluss auf die Gesetzgebung im Bereich des Urheberrechts genommen, da die GVU über einen umfangreichen Pool an Informationen verfügt, auf welche Arten und Erscheinungsformen von Urheberrechtsverletzungen sich die Gesetzgebung einstellen muss. Vor allem Peer-to-Peer-Systeme, sowie neuerdings auch verstärkt Filehoster-Systeme, werden ständig in die Überprüfungen einbezogen. Andererseits ermittelt die GVU mit konspirativen Methoden den Betrieb von Servern im Internet, über die illegal Kopien von Filmen und Musikstücken erstellt und in der Folge durch „öffentliches Zugänglichmachen“ verbreitet werden. Infolge dieser Ermittlungen können über die festgestellten IP-Adressen die Nutzer durch die Strafverfolgungsbehörenden ermittelt werden.

Die GVU unterscheidet sich von anderen in diesem Bereich tätigen Firmen dadurch, dass keine Abmahnungen an Endbenutzer von Filesharing-Netzwerken verschickt werden.[4][5] Stattdessen werden die ermittelten IP-Adressen im Rahmen eines Strafverfahrens an die Staatsanwaltschaften und die weiteren Ermittlungsbehörden (Kriminalpolizei) weitergeleitet. Im folgenden Prozess schließlich stellt die GVU Sachverständige, welche auf Seiten der Staatsanwaltschaft Einschätzungen zum Tatbestand abgeben. Dies geschieht durch das Entsenden von Mitarbeitern, da ein gleichzeitiges Auftreten als Kläger und Gutachter nicht vertretbar wäre.

Im August 2006 kritisierte[6][7] das Landgericht Kiel diese „Privatisierung des Ermittlungsverfahrens“ und sah in der Weitergabe von Beweismaterial an die nicht neutrale GVU einen Verstoß gegen die Strafprozessordnung.[8]

Im August 2010 ließ die GVU darüber hinaus Videos auf der Videoplattform Vimeo löschen, die von den Urheberrechtsinhabern unter Creative Commons-Lizenzen gestellt wurden, etwa Du bist Terrorist und der Elektrische Reporter.[9] Nach einigen Tagen wurden die Videos bei Vimeo wiederhergestellt, die von den Geschädigten als „Raublöscher“ bezeichneten Verantwortlichen gaben Unterlassungserklärungen ab.[10]

Nach jahrelangen „Vorermittlungen“ hat die GVU am 28. April 2011 einen Strafantrag bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen die Betreiber des Portals kino.to gestellt. Unter Leitung der integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) wurden am 8. Juni 2011 zahlreiche Wohn- und Geschäftsräume in Deutschland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden durchsucht. Allein in Deutschland waren über 250 Polizisten und Steuerfahnder sowie 17 Datenspezialisten an der Aktion beteiligt.[11] 13 Personen wurden verhaftet. Die Polizei beschlagnahmte kino.to[12] und ermittelt gegen die Verantwortlichen von kino.to und ihre Helfer wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen in über einer Million Fällen.[13] Kurz darauf wurde die GVU-Website Opfer eines DDoS-Angriff der "Vereinigung" Anonymous,[14] der als Vergeltungsmaßnahme für die Abschaltung von kino.to gesehen wurde und den Ausfall der Website bis zum 15. Juni zur Folge hatte.[15]

Die GVU vertritt die Ansicht, dass auch das Nutzen oder Anschauen von illegalen Streams über Portale wie kino.to strafbar sei, und verweist sowohl auf zivilrechtliche Abwehransprüche wie auch strafrechtliche Vorschriften. Das gegenwärtige kino.to-Verfahren biete die Gelegenheit für eine höchstrichterliche Klärung der umstrittenen Rechtsfrage.[16] Die GVU habe in Deutschland zurzeit 18 weitere relevante Webseiten unter Beobachtung.[17][18]

Einzelnachweise

  1. heise online: GVU soll Raubkopierer gesponsert haben
  2. onlinekosten.de: Razzia: Ermittlungen gegen die GVU
  3. Interview mit GVU-Pressesprecherin bei Netzwelt.de, zuletzt abgerufen am 22. Juli 2011
  4. Heise Online: Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaften durch die Musikindustrie kritisiert
  5. Heise Online: Musikindustrie verteidigt geplante Massenanzeigen gegen P2P-Nutzer
  6. heise online: Staatsanwaltschaft darf GVU nicht bei Urheberrechtsermittlungen beiziehen
  7. gulli.com: Die GVU darf nicht mehr mitermitteln
  8. Beschluss des Landgerichts Kiel vom 14. August 2006, Az. 37 Qs 54/06, veröffentlicht in Medien Internet und Recht 01/2007.
  9. http://www.netzpolitik.org/2010/gvu-lauft-amok-und-last-unberechtigt-videos-loschen/
  10. Raublöscher geben Unterlassungserklärung ab
  11. Internationale Durchsuchungsaktion gegen das System kino.to. GVU Pressemitteilung vom 8. Juni 2011 (PDF)
  12. "Todesstoss für Kino.to". in: 20 Minuten vom 8. Juni 2011
  13. INES-Ermittlungen gegen KINO.TO Generalstaatsanwaltschaft Dresden, Medieninformation vom 8. Juni 2011
  14. Wegen Kino.to - Anonymous attackiert GVU-Seite golem.de, 10. Juni 2011
  15. Hacker legen GVU Website lahm bild.de 9. Juni 2011
  16. Ist das Ansehen von Filmen über Portale wie kino.to illegal? Dr. Matthias Leonardy (GVU-Geschäftsführer), Christine Ehlers (Sprecherin der GVU), GVU Blog 10. Juni 2011
  17. Movie2k offline von Dirk Weckerle, MMNews 14. Juni 2011
  18. Raubkopierportal Kino.to - Das Netzwerk der Film-Piraten Thomas Stölzel, wiwo.de, 9. Juni 2011

Weblinks


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