Glattrohrkanone

Glattrohrkanone
Blick von der Mündung aus in das Rohr einer Rheinmetall 120-mm-Glattrohrkanone

Eine Glattrohrkanone ist eine Kanone, deren Geschützrohr innen glatt ist, das heißt, das Geschoss wird nicht durch Felder und Züge in Drall versetzt, um es zu stabilisieren. Die Geschosse von modernen Glattrohrkanonen werden daher durch Flossen oder Finnen stabilisiert.

Bei einem Geschützrohr mit Zügen ist der Innendurchmesser des Rohres geringfügig kleiner als der Außendurchmesser des Geschosses, damit dieses sich in die Züge einpresst und von ihnen in eine Drehbewegung versetzt werden kann. Daraus ergeben sich jedoch hohe Reibkräfte, die die Beschleunigung des Geschosses durch die Treibladung beeinträchtigen. Außerdem ist die Abdichtung der Treibgase gegen Felder und Züge geringer, was den effektiv erreichbaren Druck begrenzt. Diese Einschränkung ist bei einer Glattrohrkanone nicht gegeben, wodurch sich mit derselben Treibladung wesentlich höhere Mündungsgeschwindigkeiten ergeben und extreme Hochdruckkanonen möglich werden. Die höhere Mündungsgeschwindigkeit und daraus resultierende kinetische Energie sorgen insbesondere bei Wuchtgeschossen für eine deutlich höhere Durchschlagskraft. Bei Hohlladungsgeschossen (HEAT, High Explosive Anti Tank) ist der fehlende Drall ein weiterer Vorteil, da die Rotation des Geschosses den Munroe-Effekt beeinträchtigt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtlich

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts waren alle Kanonen Glattrohrkanonen, da sie runde Kugeln verschossen, die bei ihrer geringen Reichweite wenig Probleme in der Flugstabilisierung hatten. Während des Zweiten Weltkriegs wurden dann wieder Glattrohrkanonen erprobt, weil mit ihnen höhere Geschossgeschwindigkeiten erreicht werden können, was wiederum zu höherer Durchschlagskraft führt. Ende der 1950er-Jahre wurde in der UdSSR international erstmalig die 115 mm Glattrohrkanone 2A20 serienmäßig in den Kampfpanzer T-62 eingebaut. 1965 wurde im Laufe der Entwicklung des Leopard 2 von Rheinmetall eine völlige Neuentwicklung angeschoben. Innerhalb von zehn Jahren wurde die Rheinmetall 120-mm-Glattrohrkanone für den Leopard 2 entwickelt.

Treibspiegelgeschosse

APFSDS: Panzerbrechendes, flügelstabilisiertes Treibkäfiggeschoss, APFSDS bedeutet Armor Piercing Fin-Stabilized Discarding Sabot.

Eine Glattrohrkanone verfügt nicht über Felder und Züge. Um dem Geschoss trotzdem eine stabile Flugbahn zu geben, wird es flügelstabilisiert, das heißt es besitzt ein Leitwerk. Das Geschoss selbst ist ein unterkalibriges Pfeilgeschoss und wird beim Abschuss im Rohr von einem Treibspiegel geführt. Der Treibspiegel übernimmt auch die Abdichtung des Rohres gegen den Gasdruck und fällt kurz nach Verlassen des Rohres ab. Das Wuchtgeschoss enthält keine Sprengladung, sondern setzt allein auf die kinetische Energie beim Einschlag. Die Geschossgeschwindigkeit liegt heute bei über 1700 Metern pro Sekunde.
Das Vergleichschießen mit der bisher verwendeten 105-mm-Kanone L7 aus britischer Produktion und der amerikanischen Variante der Rheinmetall 120-mm-Glattrohrkanone war so überzeugend, dass es viele Kaufinteressenten gab und gibt. Durch politische und wirtschaftliche Verflechtungen gab es einen Technologietransfer in verschiedene Länder. Die USA setzten die Rheinmetall 120-mm-Glattrohrkanone als Lizenzproduktion im M1 Abrams als M256 ein und verkauften die Technologie an Israel und andere Länder, beispielsweise zur Kampfwertsteigerung in vorher an NATO-Länder wie die Türkei verkaufte Leopard-Panzer. Auch der französische Leclerc ist mit einer Glattrohrkanone ausgerüstet und wurde an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert.

Die in der Bundeswehr verwendete scharfe KE-Munition verfügt über ein Flossenleitwerk. Die Übungsmunition hingegen ist mit einem Lochkegelleitwerk ausgestattet, das den Sicherheitsbereich auf einen Bruchteil verringert. Somit kann auch auf kleineren Übungsplätzen geschossen werden. Die Flugeigenschaften sind allerdings nur auf den ersten Kilometern mit denen der scharfen Munition vergleichbar. Ein weiterer Vorteil der Glattrohrkanone ist, dass sie wesentlich leichter zu reinigen ist. Nach rund 900 Schuss muss die Kanone überholt werden, da durch die Verbrennung und den hohen Druck eine Abnutzung entsteht.

Auch in Zukunft werden diese Systeme weiterentwickelt. Bei Rheinmetall wird derzeit eine 105-mm-Glattrohrkanone entwickelt. Die Entwicklung einer 140-mm-Variante wurde gestoppt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die L/55-Variante der 120-mm-Glattrohrkanone mit den modernen Munitionsarten jegliche vorhandene Panzerung durchschlagen kann. Auch bei der Munition gibt es eine Vielzahl von Varianten.

Weblinks

Quellen


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