- Gleichheit im Unrecht
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Der Begriff Gleichbehandlung im Unrecht bezeichnet schlagwortartig eine bestimmte juristische Argumentationsweise: Jemand verlangt unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz, genauso behandelt zu werden wie jemand anderes, der unrechtmäßig behandelt worden ist. Meistens zielt diese Argumention darauf ab, dass jemand eine bestimmte staatliche Leistung mit der Begründung verlangt, jemand anderes habe diese Leistung ebenfalls - wenn auch zu Unrecht - erhalten. Gelegentlich wird auch die Unterlassung eines staatlichen Eingriffs mit der Begründung verlangt, gegen jemand anderen sei dieser Eingriff - wenn auch zu Unrecht - ebenfalls nicht erfolgt. Eine anderer Fall (im Sinne eines Beispiels) liegt vor, wenn ein Bürger einen Bußgeldbescheid erhält und argumentiert, dass ein anderer Bürger keinen erhalten hat, aber genauso unrechtmäßig gehandelt habe. Beispiel aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: Ein Berufssoldat hatte entgegen den einschlägigen Rechtsvorschriften Briefpapier und Hinweisschilder beschafft. Gegen die gegen ihn verhängte Disziplinarmaßnahme hatte er sich mit der Begründung gewandt, er habe diese rechtswidrige Praxis so „vorgefunden“. [1]
Rechtslage in Deutschland
Nach der ständigen Rechtsprechung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts gibt es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht[2]. Insbesondere gewährt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht; der öffentlichen Gewalt ist es lediglich verwehrt, bei Maßnahmen, die in die Rechte der Betroffen eingreifen (im konkret entschiedenen Fall eine baurechtliche Beseitigungsanordnung), systemlos und willkürlich vorzugehen[3].
Besteht für die staatliche Verwaltung ein Ermessensspielraum oder ein Beurteilungsspielraum, so erstreckt sich der Gleichheitssatz auf die sogenannte Selbstbindung der Verwaltung. Eine Behörde muss demnach, soweit sich eine Verwaltungspraxis gebildet hat, tatsächlich gleiche Fälle auch rechtlich gleich behandeln. Eine allgemeine Änderung der Verwaltungspraxis bleibt dabei möglich. Ist aber die von der Behörde geübte Verwaltungspraxis rechtswidrig, so ist aufgrund der aus Art. 20 Absatz 3 GG folgenden Verpflichtung der Behörde zu richtiger Rechtsanwendung eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht rechtmäßig und die Behörde nicht gebunden. Der Bürger kann sich niemals erfolgreich darauf berufen, dass in anderen Fällen auch unrechtmäßig gehandelt worden sei.
Rechtslage in der Schweiz
Nach der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts gibt es grundsätzlich keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Wenn jedoch eine Behörde in ständiger Praxis von dem Gesetz abweicht und zu erkennen gibt, dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden werde, kann der Bürger verlangen, gleich behandelt, d. h. ebenfalls gesetzwidrig begünstigt zu werden[4].
Einzelnachweise
- ↑ BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1994, Az. 2 WD 6/94, BVerwGE 103, 143-148
- ↑ BVerwG, Urteil vom 6. Juni 1975, Az. II C 68.73, BverwGE 47, 330-379; BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1994, Az. 2 WD 6/94,BVerwGE 103, 143-148
- ↑ BVerwG, Beschluss vom 22. April 1995, Az. 4 B 55/95, BRS 57 Nr. 248 (1995)
- ↑ Bundesgericht, BGE 115 Ia 83
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