Gleichstellungsbeauftragte

Gleichstellungsbeauftragte

Eine Gleichstellungsbeauftragte (auch: Frauenbeauftragte, Frauenbüro, Gleichstellungsamt, Gleichstellungsstelle oder Frauenvertreterin) ist in der Bundesrepublik Deutschland eine Person oder eine Stelle innerhalb einer Behörde, einer sozialen Einrichtung, einer Gemeinde oder eines Unternehmens, die sich mit der Förderung und Durchsetzung der Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Männern befasst und für die jeweilige Institution oder das jeweilige Unternehmen interne Aufgaben wahrnimmt. In Städten, Gemeinden und Kreisverwaltungen wird die oder der Gleichstellungsbeauftragte nicht nur für Angestellte der Gebietskörperschaften sondern auch für deren Bürger tätig.

Verwaltungsordnungen der Länder können diese Funktion auf Frauen beschränken [1].

Einige Einrichtungen haben auch Gleichstellungsbeauftragte für andere Gruppen, zum Beispiel für Linkshänder[2].

Inhaltsverzeichnis

Bundesgleichstellungsgesetz

Die Gleichstellungsbeauftragte nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) hat die Funktion eines gesetzlichen Kontroll- und Überwachungsorgans ihrer Dienststelle sowie eines Beratungs- und Unterstützungsorgans ihrer Kollegen. In jeder Dienststelle mit mindestens 100 Beschäftigten ist aus dem Kreis der weiblichen Beschäftigten, nach geheimer Wahl durch die weiblichen Beschäftigten, eine Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Gleichstellungsbeauftragte nach dem BGleiG kann also nur eine Frau werden. Das Verfahren für die Durchführung der Wahl ist in der Gleichstellungsbeauftragten-Wahlverordnung vom 6. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3374) geregelt. Für jede Gleichstellungsbeauftragte ist eine Stellvertreterin zu wählen und zu bestellen. Auch dieses Verfahren wird durch die o. g. Wahlverordnung geregelt. Das Amt der Stellvertreterin ist grundsätzlich als Abwesenheitsvertretung angelegt, eine Aufgabenübertragung durch die Gleichstellungsbeauftragte ist aber möglich. Die Amtszeit der Gleichstellungsbeauftragten beträgt 4 Jahre. Zur Durchführung ihrer Aufgaben hat die Gleichstellungsbeauftragte einen gesetzlichen Mindestanspruch auf Entlastung von anderweitigen dienstlichen Tätigkeiten. Die Entlastung soll mindestens die Hälfte der allgemeinen regelmäßigen Arbeitszeit, in Dienststellen mit mehr als 600 Beschäftigten die volle regelmäßige Arbeitszeit betragen.

In der Bundesverwaltung hat die Gleichstellungsbeauftragte die Aufgabe, den Vollzug des BGleiG und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG – teilweise, hinsichtlich Benachteiligungen wegen des Geschlechts und wegen sexueller Belästigung) zu fördern und zu überwachen. Sie wirkt bei allen Maßnahmen ihrer Behörde mit, die die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen. Sie ist an Personalmaßnahmen (z. B. Einstellungen), organisatorischen und sozialen Angelegenheiten frühzeitig zu beteiligen. Darüber hinaus berät und unterstützt sie Frauen in ihrem beruflichen Fortkommen bzw. in Fällen von Benachteiligung. Sie wirkt bei der Erstellung des Gleichstellungsplans mit. Sie gehört der Personalverwaltung an, ist aber in der Ausübung ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Die Zuordnung ist u. a. bedeutsam für das Akteneinsichtsrecht, welches sich auch auf Personalakten erstreckt und sich auf die entscheidungsrelevanten Teile bezieht. In diesen Fällen bedarf es nicht der Zustimmung der Betroffenen.

Die Gleichstellungsbeauftragte ist unmittelbar der Dienststellenleitung zugeordnet. Ihr gegenüber hat sie unmittelbares Vortragsrecht und Vortragspflicht und wird von dieser bei der Durchführung ihrer Aufgaben unterstützt. Das Amt der Gleichstellungsbeauftragten ist in den §§ 16 bis 22 des BGleiG verankert. Das BGleiG gilt für die unmittelbare und mittelbare Bundesverwaltung, die Gerichte des Bundes und die privatrechtlich organisierten Einrichtungen der Bundesverwaltung (z. B. Bundesstiftungen, eingetragene Vereine). Die Bundesländer haben jeweils vergleichbare Regelungen.

Landesgleichstellungsgesetze

Zur weiteren Konkretisierung und Umsetzung der Gleichberechtigung auch in den Behörden der Länder und Kommunen sind in allen Bundesländern Landesgleichstellungsgesetze (LGG) in Kraft getreten (allerdings unter unterschiedlichen Bezeichnungen). Zur Verbesserung der Chancengleichheit im gesamten öffentlichen Dienst des Landes, der Kommunen sowie für bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts fasst das Landesgleichstellungsrecht die grundlegenden Regelungen für eine aktive Förderung von Frauen und hier insbesondere eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammen und entwickelt sie weiter. Frauenförderpläne sind Zielvereinbarungen und damit Bestandteile der Personalplanung. Die Vorgaben für eine flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglichen Frauen und Männern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Jenseits der üblichen Halbtagsbeschäftigung eröffnen sich Spielräume für eine maßgeschneiderte Aufteilung der Arbeitszeit, selbst in Führungspositionen. Insgesamt setzt das Gesetz Eckpfeiler für ein zeitgemäßes Personalmanagement, nicht zuletzt unter dem Aspekt des Gender Mainstreaming.

Die gesetzlichen Regelungen haben die Position der Gleichstellungsbeauftragten nachhaltig gestärkt. Ihre vorrangige Aufgabe ist es, sich umfassend und frühzeitig insbesondere an allen personellen, sozialen und organisatorischen Maßnahmen zu beteiligen. Darüber hinaus haben sie das Recht auf Akteneinsicht, auf Widerspruch sowie Teilnahme- und Rederecht im Rat und in anderen Gremien. Neuerdings haben Beauftragte im öffentlichen Dienst teils ein gesetzliches Recht, an allen gemeinsamen Monatsgesprächen zwischen Dienststelle und Personalrat beratend teilzunehmen, z. B. in Bayern gemäß Art. 16, Abs. 2 Satz 2 des bayerischen Gleichstellungsgesetzes (BayGlG) sowie in Hessen gemäß § 16, Abs. 5 des hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG).

Gleichstellung von Frau und Mann auf kommunaler Ebene, Beispiel gemäß NRW-Gemeindeordnung

Die Verwirklichung der Verfassungsaufgabe der Gleichberechtigung von Frau und Mann ist auch eine Aufgabe der Städte und Gemeinden. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe kann die Kommune Gleichstellungsbeauftragte bestellen. Mit dieser Änderung der Gemeindeordnung wurden die Kommunen in Nordrhein-Westfalen 1984 aufgerufen, zur Umsetzung dieses Verfassungsauftrages in eigener Verantwortung kommunale Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Seit der Novellierung der Kommunalverfassung NRW im Oktober 1994 sind alle Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohner sowie alle Kreise verpflichtet, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. September 2008 (Az. 2 AZR 561/07), wonach die Kündigung einer hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zulässig ist, wenn dafür eine ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte bestellt wird, bezog sich nur auf § 5a Abs. 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung und ist nicht zu verallgemeinern. Auch in Niedersachsen besteht diese Möglichkeit nur in kleineren Kommunen. Wo nach der NGO hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte vorgeschrieben sind, wäre – wie in NRW – die Kündigung einer hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zugunsten der Ersetzung durch eine ehrenamtliche unzulässig.

Die kommunale Gleichstellungsbeauftragte ist Ansprechpartnerin für die Frauen in der Verwaltung und für die Bürgerinnen der Gemeinde. Sie ist zuständig für die Umsetzung der Gleichstellung vor Ort. Bei allen Vorhaben und Maßnahmen der Gemeinde, die die Belange von Frauen berühren oder Auswirkungen auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann und die Anerkennung ihrer gleichberechtigten Stellung in der Gesellschaft haben, wirkt die Gleichstellungsbeauftragte mit. Frauenförderung im Erwerbsleben, der Wiedereinstieg in den Beruf, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Maßnahmen gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch stehen dabei im Vordergrund. Die Gleichstellungsbeauftragte setzt sich darüber hinaus für die Belange von Mädchen in Schule, Ausbildung und in der Jugendarbeit ein und initiiert zielgruppenspezifische Maßnahmen für Alleinerziehende, Sozialhilfeempfängerinnen und Migrantinnen.

Vorwurf der mangelnden Berücksichtigung von Männerbelangen

Kritisiert wird, dass das Amt der Gleichstellungsbeauftragten - entgegen dem Leitbild des Gender Mainstreaming - oft ausschließlich als Beitrag zur Frauenförderung verstanden werde. Dabei wird vorgebracht, dass die aktuellen Gleichstellungsgesetze auf Bundes- und Landesebene männliche Beschäftigte in bestimmten Konstellationen (gleiche fachliche Eignung von Männern und Frauen) benachteiligen können. Es wird als paradox angesehen, dass ein Gesetz, dass vorgibt, dafür zu sorgen, dass weder Frauen oder Männer aufgrund des Geschlechtes benachteiligt werden, ausgerechnet männliche Bewerber und Beschäftigte ausgrenzt. Aus Sicht der Kritiker verstoße das Gesetz gegen Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Nach Ansicht der Befürworter der gegenwärtigen Regelung übersehe diese Kritik, dass es nach wie vor eine Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben gebe und dass der Gesetzgeber durch die Gleichstellungsgesetze diese Benachteiligung korrigieren wolle. Die Bevorzugung weiblicher Bewerberinnen - bei gleicher Eignung - gelte denn auch nur in Bereichen, in denen Frauen noch unterrepräsentiert sind und auch nur so lange, bis eine allgemeine Gleichstellung erreicht ist. Diese vorübergehende Besserstellung weiblicher Bewerberinnen ist nach deutscher und europäischer Rechtsprechung (z.B. sogenannte Kalanke-Entscheidung, EuGH, 17. Oktober 1995, Az. C 450/93) mit den Grundrechten vereinbar.

Obwohl die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im Erwerbsleben immer wieder betont wird,[3] dürfen sich männliche Beschäftigte nicht immer zur Wahl eines Gleichstellungsbeauftragten aufstellen oder diesen wählen (kein aktives und passives Wahlrecht). An Universitäten ist es allerdings - insbesondere, wenn keine Frau Mitglied der Fakultät ist - durchaus üblich, dass die Position des Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten auch durch einen Mann besetzt wird.

Bundesweit Aufmerksamkeit erlangte die parteiübergreifende Abwahl der Goslarer Gleichstellungsbeauftragten Monika Ebeling im Mai 2011.[4] Nach Auffassung ihrer Kritiker hätte sie sich zu sehr für Männer und zu wenig für Frauen eingesetzt.[5] Eskaliert war der Konflikt, als Monika Ebeling auf der Feststellung beharrte, dass auch Frauen Täter häuslicher Gewalt sein können.[6]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Niedersächsische Gemeindeordnung
  2. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  3. BMFSFJ http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Gleichstellung/politik-fuer-frauen-und-maenner.html
  4. SZ vom 19. Mai 2011: "Männer werden benachteiligt".
  5. NDR vom 18. Mai 2011: "Es war der reinste Selbstverteidigungskurs"
  6. "Auch Männer haben Narben" - Interview mit Monika Ebeling, TAZ vom 17. Mai 2011.

Weblinks


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