Sexueller Missbrauch

Sexueller Missbrauch
Klassifikation nach ICD-10
T74.2 Sexueller Missbrauch
T74.8 Sonstige Formen des Missbrauchs von Personen
T74.9 Missbrauch von Personen, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Sexueller Missbrauch bezeichnet strafbare sexuelle Handlungen an Menschen, die entweder an Minderjährigen vorgenommen werden oder an erwachsenen, widerstandsunfähigen Personen (z. B. Kranke, Behinderte, Hilfsbedürftige, Gefangene), wenn dies ohne deren Einverständnis geschieht. Im Kontext spezieller Behandlungs- und Betreuungsverhältnisse, z. B. Psychotherapie, werden sexuelle Kontakte auch mit Einverständnis des Klienten als Missbrauch seitens des professionellen Helfers gewertet.[1] Sexueller Missbrauch wird in Deutschland als schwerwiegendes Verbrechen angesehen; das gilt insbesondere für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Das Wort Missbrauch trägt ursprünglich zwei Bedeutungen: disperditio (lat. für Verderbnis, Zugrunderichtung) und abusus (lat. für Verbrauch, Ausnutzung, uneigentlicher Gebrauch).[2] Unter einem sexuellen (geschlechtlichen) Missbrauch ist demnach, kein "verkehrter" oder "uneigentlicher" Gebrauch als Ausnutzung (abusus), sondern eine grundsätzlich als verfehlt und falsch zu bezeichnende Handlungs- und Ausübungsweise menschlicher Sexualität als Verderbnis und Zugrundrichtung zu begreifen. Die Bezeichnung sexueller Kindesmissbrauch wird häufig kritisiert, da er nach heutigem Sprachverständnis impliziert, dass es einen sexuellen Gebrauch von Kindern gebe.

In der Sozialwissenschaft wird der Begriff Missbrauch oft auf Handlungen ausgedehnt, die nicht strafbar sind, aber moralisch verurteilt werden. Psychologisch wird als Missbrauch verstanden, wenn eine Handlung das Opfer in seiner sexuellen Integrität verletzt und ihm psychischen Schaden zufügt. Die Ebenen juristischer, sittenmoralischer und psychologischer Bewertung müssen dabei nicht zwangsläufig übereinstimmen, sondern können sich im Einzelfall auch widersprechen.

In der sozialwissenschaftlichen Literatur, in Bereichen der Arbeit mit den Opfern und in psychologischen Zusammenhängen wird auch die Bezeichnung sexuelle Gewalt oder konkreter sexualisierte Gewalt benutzt. Der Begriff sexualisiert soll meinen, dass Gewaltaspekte nicht ihren Ursprung in der Sexualität haben, jedoch hier mittels sexueller Handlungen zum Ausdruck gebracht werden. Machtmissbrauch und narzisstischer Missbrauch sind von der Beziehungsstruktur her gesehen Teile des sexuellen Missbrauchs.

Strafrechtliche Sanktionierung

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern.

Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland

Das durch die Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuchs geschützte Rechtsgut ist die sexuelle Selbstbestimmung. Diese kann durch die Missbrauchshandlung grundsätzlich in zweierlei Weise verletzt werden: Zum einen kann eine Handlung gegen oder ohne den Willen des Opfers vorgenommen werden, zum anderen kann eine Handlung scheinbar einvernehmlich vorgenommen werden, wobei der Täter jedoch dieses scheinbare Einvernehmen unter Ausnutzung der fehlenden Einwilligungskompetenz des Opfers oder einer besonderen Beziehung zu seinem Opfer herbeiführt.

Handlungen gegen den Willen des Opfers

Das Handeln gegen den Willen des Opfers unter Anwendung von Gewalt, Drohung mit Gewalt oder unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage stellt in der Terminologie des deutschen Strafrechts eine sexuelle Nötigung dar (vgl. § 177 Abs. 1 StGB). Bei Vollzug des Beischlafs oder ähnlichen sexuellen Handlungen, „insbesondere, wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind“ (§ 177 Abs. 2 StGB) liegt eine Vergewaltigung vor. Während die Vergewaltigung in vielen Rechtsordnungen einen eigenen Straftatbestand darstellt, hat der deutsche Gesetzgeber im 6. Strafrechtsreformgesetz die Konzeption gewählt, dass die Vergewaltigung einen besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung darstellt.

Verursacht der Täter durch die sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, sieht der Qualifikationstatbestand des § 178 StGB eine Freiheitsstrafe von nicht unter zehn Jahren vor.

Ausnutzungstatbestände

Zu der zweiten Gruppe zählen zunächst diejenigen Tatbestände, in denen das Opfer wegen jugendlichen Alters nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer Einwilligung in die Vornahme sexueller Handlungen zu erfassen und danach zu handeln.

Sexueller Missbrauch von Kindern bezeichnet sexuelle Handlungen an oder mit einem Kind. Als Kinder werden in Deutschland Personen vor dem 14. Lebensjahr verstanden, in anderen Staaten vor dem 12. bis 18. Lebensjahr. Im Jahre 2003 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass in den Ländern, in denen die Rechtsprechung des Gerichtshofes Gültigkeit hat, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Menschen ab 14 Jahren beachtet werden muss.[3] (siehe auch § 176 StGB)

Sexueller Missbrauch von Jugendlichen bezeichnet sexuelle Handlungen meist Erwachsener mit Jugendlichen, die gegen Entgelt stattfanden oder wenn die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung des Jugendlichen fehlt und der Erwachsene dieses ausnutzt. Als Jugendliche gelten weithin Personen im Alter von 14 bis 17 Jahren, wobei die Altersbereiche bezüglich der Strafbarkeit in Deutschland feiner aufgegliedert werden. Siehe auch § 182 StGB.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen bezeichnet sexuelle Handlungen einer Person mit Jugendlichen, wenn zwischen der Person und dem Jugendlichen ein Ausbildungs- bzw. Betreuungsverhältnis besteht oder es sich bei dem Jugendlichen um ein leibliches oder adoptiertes Kind handelt. Dies ist in Deutschland durch § 174 StGB unter Strafe gestellt. Vergleichbar in der Schweiz ist Missbrauch durch Ausnutzung einer Notlage (Art. 193 Abs. 1 StGB).

Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer besonderen Stellung

Im Rechtsleben kann es zu einer Vielzahl von Über- und Unterordnungsverhältnissen kommen, die teilweise für den Unterlegenen so erheblich sind, dass eine selbstbestimmte Einwilligung in die Vornahme sexueller Handlungen nicht mehr angenommen werden kann. Daher sind sexuelle Übergriffe innerhalb dieser Beziehungen generell strafbewehrt, wenn sie unter Ausnutzung einer derartigen Stellung erfolgen. Im einzelnen sind hier zu nennen:

Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen nach § 174a StGB sieht für denjenigen, der sexuelle Handlungen mit einer „gefangenen oder auf behördliche Anweisung verwahrten“ Person, „die ihm zur Erziehung, Ausbildung, Beaufsichtigung oder Betreuung anvertraut ist“ vornimmt, Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor.

Wegen Missbrauchs unter Ausnutzung einer Amtsstellung nach § 174b StGB wird derjenige mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, der als Amtsträger zur Mitwirkung an einem Strafverfahren oder einem auf eine freiheitsentziehende Maßnahme abzielenden Verfahren berufen ist und „unter Missbrauch“ einer durch dieses Verfahren bestimmten Abhängigkeit die Vornahme sexueller Handlungen herbeiführt.

Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c StGB schließlich sanktioniert sexuelle Handlungen, die im Rahmen eines qualifizierten Behandlungsverhältnisses vorgenommen werden. Insbesondere sind sexuelle Handlungen an Patienten im Rahmen einer Psychotherapie strafbar; der Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen hebt hervor, dass dies auch bei Zustimmung des Patienten der Fall ist.[4]

Rechtslage in den Vereinigten Staaten von Amerika

Die Rechtslage in den USA unterscheidet sich insgesamt gravierend von derjenigen in Europa. Dort liegt das Schutzalter je nach Bundesstaat zwischen 16 und 18 Jahren.[5]

Die Rechtsprechung in den Bundesstaaten ist nicht einheitlich. In vielen, jedoch nicht in allen, Staaten gibt es zusätzliche Vorschriften, die bei Altersdifferenzen der Beteiligten von höchstens 3-4 Jahren unter der Voraussetzung, dass die sexuellen Handlungen unter gegenseitigem Einverständnis vorgenommen wurden und alle beteiligten Personen mindestens 14-16 Jahren alt sind, keine oder nur geringe Bestrafungen vorsehen.

Es gab in der Vergangenheit allerdings spektakuläre Fälle, in denen aufgrund einer speziellen Rechtslage bzw. -auslegung sogar Minderjährige trotz offensichtlich vorhandenem gegenseitigem Einverständnis zu empfindlichen Gefängnisstrafen wegen „Missbrauchs“ verurteilt wurden bzw. werden sollten.

Missbrauchsformen

Abzugrenzen ist der sexuelle Missbrauch von der sexuellen Belästigung, die mitunter rechtswidrig, z. B. in arbeitsrechtlicher Hinsicht, aber nicht strafbar ist. Sexuelle Belästigung ist in vielen Unternehmen Kündigungsgrund.

Statistik

Deutschland

Im Berichtszeitraum 2009 wurden nach der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes im Bundesgebiet 49.084 Fälle von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst. Darin enthalten sind 15.246 Fälle von sexuellem Missbrauch (§§ 174 - 176b, 179, 182 StGB) und 13.361 Fälle von sexueller Nötigung und Vergewaltigung (§§ 177, 178 StGB), wovon insgesamt 12.174 Fälle Straftaten zum Nachteil von Kindern zum Inhalt haben. Im Vergleich zum Berichtszeitraum 2008 sind die Fallzahlen im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung geringer (13,6 % weniger). Die Aufklärungsquote lag 2009 bei 79,7 %.[6] Im Bereich des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil von Kindern geht die Bundesregierung von einer hohen Dunkelziffer aus.[7]

Entwicklung bis 1993

Die Entwicklung der Fallzahlen im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bis zur Einbeziehung der neuen Bundesländer im Jahr 1993 stellt sich wie folgt da:[8]

Jahr    Erfasste Fälle Erfasste Fälle pro 100.000 Einwohner
1987 34 200 55,9
1988 36 768 59,9
1989 36 327 58,6
1990 37 592 60,0
1991 38 799 59,7
1992 39 392 59,9

In den Jahren 1991 und 1992 wurden bereits die Fallzahlen aus Ostberlin berücksichtigt.

Entwicklung seit 1993

Seit der Erfassung der Fallzahlen für das gesamte Bundesgebiet (inklusive der neuen Bundesländer) hat sich die Zahl der erfassten Fälle von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wie folgt entwickelt:[9]

Jahr    Erfasste Fälle Erfasste Fälle pro 100.000 Einwohner
1993 44 175 54,6
1994 45 339 55,7
1995 47 108 57,8
1996 49 080 60,0
1997 53 135 64,8
1998 53 720 65,5
1999 51 592 62,9
2000 52 099 63,4
Jahr    Erfasste Fälle Erfasste Fälle pro 100.000 Einwohner
2001 52 902 64,3
2002 53 860 65,3
2003 54 632 66,2
2004 57 306 69,4
2005 55 203 66,9
2006 52 231 63,4
2007 56 281 68,4
2008 56 784 69,1
2009 49 084 59,9

In den Fallzahlen sind dabei alle Fälle von Straftaten nach dem 13. Abschnitt des StGB erfasst. Dazu zählen auch die Verbreitung von pornographischen Schriften (§§ 184 bis 184d), sowie Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183a) und exhibitionistische Handlungen (§ 183). Einfluss auf die Fallzahlen können neben der tatsächlichen Kriminalitätsänderung auch Änderungen des Strafrechts, des Anzeigeverhaltens, der statistische Erfassungsregeln, sowie die Intensität polizeilicher Kontrollen nehmen.[10]

Österreich

Laut der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch das Bundesministerium für Inneres wurden im Jahr 2009 in Österreich 3.826 Sexualdelikte zur Anzeige gebracht. Das entspricht etwa einer Fallzahl von 45,8 pro 100.000 Einwohner. Die Aufklärungsquote für den Straftatbestand der Vergewaltigung (§ 201 öStGB) lag bei 78,3%.[11]

Schweiz

In der polizeilichen Kriminalstatistik der Schweiz für das Jahr 2009 sind 6.648 Straftaten gegen die sexuelle Integrität erfasst. Die Aufklärungsquote lag in diesem Bereich bei 73,5%. Im Einzelnen wurden 1.526 Fälle von sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 chStGB), 666 Fälle der Vergewaltigung (Art. 190 chStGB), 142 Fälle der Schändung (Art. 191 chStGB) und 617 Fälle der sexuellen Nötigung (Art. 189 chStGB) erfasst. Auffällig ist dabei, dass ein Großteil der genannten Delikte in Privaträumen begangen wurde.[12]

Folgen

Erfahrungen wie der sexuelle Missbrauch fügen den Opfern oft körperliche und seelische Schäden zu, die häufig zu langanhaltenden psychischen Störungen führen. Diese reichen von der Posttraumatischen Belastungsstörung über nichtorganische Gedeihstörungen, Depressionen und Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie Dissoziative Störungen bis hin zur Dissoziativen Identitätsstörung. Die drei letztgenannten Störungen stehen besonders oft in engem Zusammenhang mit dem Erleiden von sexuellem Missbrauch im Kindheits- und Jugendalter.[13][14] Die Folgen sexuellen Missbrauchs im Kontext einer Psychotherapie werden in einem eigenen Beschwerdenkomplex, dem Therapist- Patient-Sex-Syndrom, zusammengefasst, welches den Auswirkungen nach mit den Folgen sexuellen Missbrauchs von Kindern vergleichbar ist.[15]

Nicht zu vernachlässigen sind auch die Auswirkungen, die der Missbrauch auf das soziale Umfeld des Opfers haben kann. So können insbesondere, aber nicht ausschließlich, Liebesbeziehungen (nicht zuletzt wegen möglicher sexueller Störungen) stark beeinträchtigt werden.[16] Auch Probleme im Arbeitsleben als Folge von Konzentrationsstörungen im Kontext eines posttraumatischen Belastungssyndroms sind häufig anzutreffen.

Unter Anderen befasste sich der amerikanische Psychiater und Psychotherapeut Wayne Kritsberg mit der Weitergabe von Missbrauchs-, Gewalt- und Krankheitsmustern an die nachfolgende Generation.

Vorbeugung

Viele Ansätze der Vorbeugung zielen darauf ab, mögliche Opfer so vorzubereiten, dass sie entweder das Vergehen selber abwehren können oder dass sie später genügend Mut und Kraft haben, den Täter anzuzeigen. Ebenfalls kann es sinnvoll sein, sie so zu stärken, dass sie nach einem sexuellen Gewaltverbrechen das Leben möglichst selbstständig weiterführen können. Besonders in Berufen, in denen Erwachsene oft mit Kindern oder Behinderten in Kontakt stehen, gibt es auch Kurse, welche sich an potenzielle Täter richten.

  • Alle Menschen sollen ernst genommen werden. Wenn jemand „nein“ sagt, dann ist es auch ein Nein. Besonders Kindern wird so klargemacht, dass Erwachsene nicht alles tun dürfen und dass Erwachsene nicht immer überlegen sind.
  • In Familien und anderen Gruppen von Menschen wird der gegenseitige Respekt vorgelebt. Niemand soll sich um der Bravheit willen unterwürfig verhalten.
  • Sexualität und körperbezogene Themen sollen offen gelebt und besprochen werden. Der eigene Körper gilt als wertvoll und schön.
  • Beratungsangebote seitens sozialer Institutionen im Vorfeld einer intensiven professionellen Beziehung, wie Therapie, gesetzliche Betreuung oder Beratungsbeziehung, die mit einem Machtgefälle verbunden ist, sollten verstärkt angeboten werden. Die Wahrnehmung von Supervision sollte als Qualitätskriterium seitens von sozialen Einrichtungen als auch von Berufsverbänden installiert werden.[17]

Eine tiefgreifendere Vorbeugung ist die Therapie von Opfern, da sie später manchmal selbst zu Tätern werden können.

Ein kontroverses Ziel einer Opfertherapie ist die Vergebung. Dem entspricht in der Therapie von Tätern das Erleben der Schuld und entsprechende Reue und Sühne. Wenn dies erreicht sei, würden alle Reste von Wut, Hass und Rache auf der einen Seite, und Schuld, Scham und Verleugnung auf der anderen Seite aufgehoben und könnten sich nicht weiter fortsetzen. Die Voraussetzung für Vergebung ist die Artikulierung der Gefühle, die im Zusammenhang mit dem Missbrauchserlebnis entstanden sind, wie Hass, Wut, Verzweiflung, Angst und das Belassen der Verantwortung für das Missbrauchsgeschehen beim Täter.

Alternative Begriffe

Insbesondere in feministischen Zusammenhängen wird meist von „sexuellem Missbrauch an Menschen“ gesprochen. Dies soll der von den diesen Begriff bevorzugenden Kreisen gesehenen Problematik abhelfen, dass durch den Begriff sexueller Missbrauch eine Zuweisung eines Objektstatus erfolge.

Um der nach dieser Ansicht bestehenden Problematik Abhilfe zu schaffen, dass der Begriff des „sexuellen Missbrauchs“ die Perspektive der „missbrauchten“ Menschen ignoriere, wird teilweise von „sexualisiertem Missbrauch an Menschen“ gesprochen.

Einige „missbrauchte“ Menschen lehnen die Selbstkategorisierung als „missbraucht“ ab, denn sie bedeutet nach ihrem Verständnis zuzugestehen, dass es dem „missbrauchenden“ Menschen gelungen ist, sie zu einem Gegenstand zu machen, der sie nie - auch während der „Missbrauchshandlung“ nicht – gewesen sind. Für diese Menschen und solche, die ihre Sichtweise teilen, kommen als mögliche Alternativbezeichnungen unter anderem in Frage: „sexualisierte Misshandlung“, „sexualisierte Gewalt“, „sexuelle Ausbeutung“.

Falscher Verdacht

Hauptartikel: Missbrauch mit dem Missbrauch

Falsche Verdächtigungen führen zu gravierenden Schäden für die Betroffenen, die über Mobbing bis zu Berufsunfähigkeit reichen können.[18]

Ein 2003 in Die Zeit veröffentlichter umfangreicher Artikel dokumentierte die Geschichte eines falschen Missbrauchsverdachts, der sich zwei Jahre später als unbegründet herausstellte.[19]

Literatur

  • Gabriele Amann/Rudolf Wipplinger (Hrsg.): Sexueller Missbrauch. Überblick zu Forschung, Beratung und Therapie. Ein Handbuch. (3. Aufl.), DGVT- Verlag, Tübingen 2005, ISBN 3-87159-044-4.
  • Heidrun Bründel: „Sexuelle Gewalt in schulischen Institutionen. Hintergrund, Analysen, Prävention“. Verlag für Polizeiwissenschaft: Frankfurt/M. 2011, ISBN 978-3-86676-172-8.
  • Heidrun Bründel: „Die Sicht der Entwicklungspsychologie. Wichtige Sozialisationserfahrungen im Leben von Kindern und Jugendlichen“, in: Lehren & Lernen. Zeitschrift für Schule und Innovation aus baden-Württemberg, 37. Jg., Heft 2, 2011, S. 12-19.
  • Heidrun Bründel: „Sexueller Missbrauch: Lehrer als Täter und Schüler as Opfer in weltlichen und kirchlichen Institutionen“, in: Report Psychologie, Jg. 35, Heft 9, 2010, S. 381-392.
  • Herta Däubler-Gmelin/Dieter Speck: Sexueller Mißbrauch. Die Einsamkeit der Opfer. Die Hilflosigkeit der Justiz. Droemer Knaur, 1997, ISBN 978-3-426-77350-5.
  • Katharina Rutschky/Reinhart Wolff: Handbuch Sexueller Mißbrauch. Rowohlt, 1999, ISBN 978-3-499-60598-7.
  • Dirk Bange/Wilhelm Körner: Handwörterbuch sexueller Missbrauch. Hogrefe-Verlag, 2002, ISBN 978-3-8017-1188-7.
  • Wilhelm Körner/Albert Lenz: Sexueller Missbrauch 1. Grundlagen und Konzepte. Hogrefe-Verlag, 2004. ISBN 978-3-8017-1469-7.
  • Erwin Möde: Sexueller Missbrauch und missbrauchter Vater-Gott. Edition Psychosymbolik, 1995. ISBN 978-3-925350-64-1.
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - BzgA - „Körper, Liebe, Doktorspiele“ (erschienen 2001 - 2007) mit kritischen Anmerkungen der Staatsanwaltschaft Köln in 121 Js 395 / 07 unter Einzelnachweise bei sexuelle Handlung.
  • Laura Davis: Verbündete. Handbuch für Partnerinnen und Partner von Überlebenden sexueller Gewalt. Orlanda, 2008, ISBN 978-3-936937-57-2.
  • Ellen Bass/Laura Davis: Trotz allem. Wege zur Selbstheilung für Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Orlanda, 2006, ISBN 978-3-936937-42-8.
  • Claudia Fliß/Claudia Igney: Handbuch Rituelle Gewalt. Pabst, Lengerich 2010, ISBN 978-3-89967-644-0.
  • Ursula Wirtz: Seelenmord - Inzest und Therapie-, Kreuz Verlag, 13. Auflage 2001, ISBN 3-7831-1963-4. Ein Klassiker sowohl hinsichtlich des Kindesmissbrauchs als auch des Missbrauchs in professionellen Abhängigkeitssituationen.
  • Hermann Häring/Anne Dyer: Sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche. Zweiteiliger Aufsatz, Teil 1: Zur Situation der Täter und ihrer Opfer; Teil 2: Bedingungen sexueller Gedwalt in der katholischen Kirche. Zur Erneuerung von Strukturen und Köpfen. In: Michael Klöcker/Udo Tworuschka (Hrsg.): Handbuch der Religionen (HdR)mit jährlich vier Ergänzungslieferungen (EL),Landsberg/München seit 1997,EL 26, 2010, Kap. I-14.6.2 (Lit!)

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Sexueller Missbrauch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.deutsche-therapeutenauskunft.de/therapeuten/therapeutennachrichten/singleview/?cHash=2fa645ff9764e1a058f7aeb50a7efac7&tx_ttnews[tt_news]=9717 Deutsche Therapeutenauskunft zu Urteil des BGH
  2. Deutsches Wörterbuch, Band 12.
  3. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: CASE OF S.L. v. AUSTRIA (MS-Word-Dokument) (englisch)
  4. Sexueller Missbrauch in der Psychotherapie. In: Informationsblatt. Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen, abgerufen am 1. Februar 2011.
  5. Ages of consent in North America
  6. http://www.bka.de/pks/pks2009/download/pks-jb_2009_bka.pdf
  7. http://www.bundestag.de/presse/hib/2011_02/2011_043/06.html
  8. http://www.bundeskriminalamt.de/pks/zeitreihen/pdf/t01.pdf
  9. http://www.bundeskriminalamt.de/pks/zeitreihen/pdf/t01.pdf
  10. http://www.bundeskriminalamt.de/pks/zeitreihen/pdf/hinweise.pdf
  11. http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_04297/fname_182950.pdf
  12. http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/19/22/publ.Document.129574.pdf
  13. Ronald J. Comer: Klinische Psychologie. Spektrum ISBN 3-8274-0592-0
  14. Michaela Huber: Multiple Persönlichkeiten, Überlebende extremer Gewalt. Fischer ISBN 3-596-12160-4
  15. Jerry Edelwich, Archie Brodsky nach Pope (88): Sexual Dilemmas for the Helping Professional, Brunner-Routledge; März 1991, Auflage Revised & Expanded, ISBN 0-87630-628-8, Seite 92ff.
  16. Linder, Thießenhusen: Missbrauchs-Traumata gemeinsam überwinden. Tectum-Verlag, ISBN 978-3-8288-9267-5.
  17. U. Sarfert: Sexuelle Kontakte in der Psychotherapie unveröffentlichte Diplomarbeit
  18. Rainer Ollmann: Schadensersatz wegen Mißbrauchsverdächtigung? In: ZfJ - Zeitschrift für Jugendrecht, Nr. 12, 1996, Seiten 486-494
  19. Sabine Rückert: Der Verdacht. - Ein einziger Tag zerstört das Leben einer Familie im Saarland. Die achtjährige Lena werde vom Vater misshandelt, behauptet eine fremde Frau aus der Nachbarschaft. Die staatliche Maschinerie dreht durch: Den Eltern wird das Kind entrissen – und als der Verdacht zwei Jahre später zerfällt, will Lena nicht mehr heim.
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