Godfried Marschall

Godfried Marschall
Weihbischof Marschall von Wien.
Godfried Marschall (vermutlich auf einer Pilgerfahrt im Hl.Land, da mit Bart)

Godfried Marschall, auch Gottfried Marschall (* 1. Oktober 1840 in Neudorf bei Staatz (Niederösterreich); † 23. März 1911 in Wien) war Generalvikar und Weihbischof der Erzdiözese Wien.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er studierte zuerst am Gymnasium in Nikolsburg, trat 1856 gemeinsam mit Johann Baptist Schneider in das neu gegründete fürsterzbischöfliche Knabenseminar in Wien ein, wechselte 1860 in das Wiener Priesterseminar und studierte Katholische Theologie an der Universität Wien. Am 24. Juli 1864 wurde er zum Priester geweiht. Danach studierte er in Rom Theologie und Kanonisches Recht und promovierte 1866 er in diesen Fächern. 1870 wurde er Religionslehrer des Erzherzogs Franz Ferdinand, 1880 Domherr von St. Stephan und Propst der Votivkirche in Wien.

1887 war er Kandidat für den Bischofssitz von Gurk, der Kaiser ernannte aber Josef Kahn.

Auf Wunsch von Kaiser Franz Josef versuchte er die Ehe des Thronfolgers mit Sophie Gräfin Chotek zu vereiteln. Obwohl er zwischen seiner Loyalität gegenüber dem Kaiser und Franz Ferdinand schwankte, entschied er sich für Ersteren, da er den Wunsch hatte, Weihbischof in Wien zu werden. Er war Franz Ferdinand immer sehr nahe gestanden, verscherzte sich aber dessen Sympathie durch diese Einmischung. Auch bei Sophie, an deren religiösen Gefühle und tiefe Gläubigkeit Marschall appelliert hatte, scheiterte er mit seinem Unterfangen. Dass nicht er, sondern Dr. Lanyi, ein ungarischer Geistlicher, die Taufe von Sophie, Fürstin von Hohenberg, des am 24. Juli 1901 in Konopischt zur Welt gekommenen Kindes spendete, gab zu vielen Spekulationen Anlass. Durch sein massives Eintreten gegen die Verehelichung hatte er sich die Sympathien Franz Ferdinands und dessen Gattin Sophie verscherzt und wurde nicht einmal zur Taufe des Kindes eingeladen.[1]

Am 15. Januar 1901 wurde er neben Johann Baptist Schneider zum zweiten Weihbischof in Wien und zum Titularbischof von Orthosias in Caria ernannt. Die Bischofsweihe spendete ihm am 12. Mai 1901 der Apostolische Nuntius in Österreich und spätere Kardinal, Emidio Taliani.

Nach dem Tod Schneiders wurde er 1905 Generalvikar von Kardinal Gruscha und Dompropst von St. Stephan. Da Gruscha in den letzten Lebensjahren taub und blind war, übernahm Marschall viele Aufgaben des Kardinals. Dies machte ihn beim Volk sehr beliebt. Man hielt ihn für den logischen Nachfolger, am 1. Jänner 1910 wurde jedoch Franz Xaver Nagl, der Bischof von Triest-Capo d'Istria, zum Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge ernannt. Marschall legte das Amt des Generalvikars nieder und unternahm von März bis April 1910 eine Pilgerreise in das Hl. Land, von der er todkrank zurückkehrte. Marschall soll davon überzeugt gewesen sein, dass der Thronfolger und dessen Gattin seine Ernennung zum Kardinal-Erzbischof hintertrieben hätten und beim Papst interveniert hätten. Allerdings gibt es keinerlei schriftliche Beweise für diese Vermutungen.[2]

Godfried Marschall übernahm nach dem Tod von Sebastian Brunner im Jahre 1893 das Amt des Großmeister-Procurator des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem in Österreich.[3]

Im Jahr 1911 wurde in Wien Meidling (12. Bezirk) der Marschallplatz nach ihm benannt.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Friedrich Weissensteiner: Franz Ferdinand - Der verhinderte Herrscher. Öst. Bundesverlag, 1983, Kap. Die unstandesgemäße Verbindung S. 127-145
  2. Friedrich Weissensteiner: Franz Ferdinand - Der verhinderte Herrscher. Öst. Bundesverlag, 1983, Kap. Die unstandesgemäße Verbindung S. 143-145
  3. Chronik Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem, abgerufen am 7. Juni 2010

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Marschall (Familienname) — Marschall ist ein vom Rang des Marschalls abgeleiteter Familienname. Die Etymologie des Namens findet sich unter Marshall. Bekannte Namensträger Andreas Marschall (* 1966), deutscher Künstler Bernhard Marschall (1888–1963), deutscher Prälat… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Mars–Marz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Erzherzog Franz Ferdinand — Franz Ferdinand von Österreich Este Franz Ferdinand von Österreich Este (* 18. Dezember 1863 in Graz; † 28. Juni 1914 in Sarajevo) war österreichischer Erzherzog und Thronfolger von Österreich Ungarn. Er war Sohn von …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Ferdinand d'Este — Franz Ferdinand von Österreich Este Franz Ferdinand von Österreich Este (* 18. Dezember 1863 in Graz; † 28. Juni 1914 in Sarajevo) war österreichischer Erzherzog und Thronfolger von Österreich Ungarn. Er war Sohn von …   Deutsch Wikipedia

  • Sophie Chotek — von Chotkowa Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (* 1. März 1868 in Stuttgart; † 28. Juni 1914 in Sarajevo, ermordet), spätere Fürstin von Hohenberg (seit 1909 Herzogin von Hohenberg) war eine böhmische Adelige und …   Deutsch Wikipedia

  • Sophie Chotek, Reichsgräfin von Hohenberg — Sophie Chotek von Chotkowa Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (* 1. März 1868 in Stuttgart; † 28. Juni 1914 in Sarajevo, ermordet), spätere Fürstin von Hohenberg (seit 1909 Herzogin von Hohenberg) war eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Sophie Chotek von Chotkow — Sophie Chotek von Chotkowa Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (* 1. März 1868 in Stuttgart; † 28. Juni 1914 in Sarajevo, ermordet), spätere Fürstin von Hohenberg (seit 1909 Herzogin von Hohenberg) war eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Sophie Chotkowa von Chotkow — Sophie Chotek von Chotkowa Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (* 1. März 1868 in Stuttgart; † 28. Juni 1914 in Sarajevo, ermordet), spätere Fürstin von Hohenberg (seit 1909 Herzogin von Hohenberg) war eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Sophie von Hohenberg-Chotek — Sophie Chotek von Chotkowa Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (* 1. März 1868 in Stuttgart; † 28. Juni 1914 in Sarajevo, ermordet), spätere Fürstin von Hohenberg (seit 1909 Herzogin von Hohenberg) war eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Anton Joseph Gruscha — Anton Josef Kardinal Gruscha (* 3. November 1820 in Wien; † 5. August 1911 auf Schloss Kranichberg, Niederösterreich) war Erzbischof der Erzdiözese Wien. Leben Fürsterzbischof Anton Joseph Grusch …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”