Grätzel-Zelle

Grätzel-Zelle

Die Grätzel-Zelle (auch Farbstoffsolarzelle) dient der Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie. Es handelt sich um eine Anwendung aus der Bionik, die ihrer Funktion nach auch elektrochemische Farbstoff-Solarzelle genannt wird. Diese Solarzelle ist nach Michael Grätzel (EPFL, Lausanne, Schweiz) benannt, der sie Anfang der 1990er Jahre erfand[1] und 1992 patentieren ließ[2].

Die elektrochemische Farbstoff-Solarzelle verwendet zur Absorption von Licht nicht ein Halbleitermaterial, sondern organische Farbstoffe, zum Beispiel den Blattfarbstoff Chlorophyll.

Grätzelzelle (Schulprojekt)

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Die Grätzel-Zelle besteht aus zwei planaren (Glas-) Elektroden mit einem Abstand von typischerweise 20–40 µm zueinander. Die beiden Elektroden sind auf der Innenseite mit einer transparenten, elektrisch leitfähigen Schicht (z. B. FTO = englisch Fluorine doped Tin Oxide; dt. Fluor-dotiertes Zinndioxid; F:SnO2) beschichtet, die eine Dicke von typischerweise 0,5 µm aufweist. Die beiden Elektroden werden gemäß ihrer Funktion Arbeitselektrode (Generierung von Elektronen) und Gegenelektrode genannt. Auf der Arbeitselektrode ist eine etwa 10 µm dicke, nanoporöse Schicht Titandioxid (TiO2) aufgebracht. Auf dessen Oberfläche wiederum ist eine Monoschicht eines lichtempfindlichen Farbstoffes adsorbiert.

Auf der Gegenelektrode befindet sich eine wenige µm dicke katalytische Schicht (meist Platin). Der Bereich zwischen den beiden Elektroden ist mit einem Redoxelektrolyten, z. B. einer Lösung aus Iod (I2) und Kaliumiodid, gefüllt.

Funktion

Funktionsprinzip der Grätzelzelle

Dieser Vorgang stellt – vereinfacht gesagt – eine technische Photosynthese dar. Die Funktionsweise der Zelle ist allerdings noch immer nicht im Detail geklärt.

Das Redoxsystem I/I3 ist im Prinzip eine Elektronen „transportierende“ oder „leitende“ Flüssigkeit. Das mit Farbstoff benetzte TiO2 ist in einer hauchdünnen Schicht auf eine TCO-Glasscheibe (z. B. ITO-Glasscheibe) aufgetragen. TCO-Glas ist mit einem elektrisch leitfähigen durchsichtigen Oxid beschichtetes Glas. Als Gegenelektrode wird üblicherweise eine mit Graphit oder Platin beschichtete Platte verwendet.

Im Allgemeinen werden auf Rutheniumkomplexen beruhende Farbstoffe eingesetzt, jedoch sind auch Brombeer- und Hibiskusteeextrakte (Anthocyane) geeignet, welche gut in einer monomolekularen Schicht auf dem TiO2 haften. Titandioxid ist ein n-Halbleiter und für Nanofilme ein geeignetes Material. Es ist aber im sichtbaren Bereich nicht sensibel und absorbiert erst im nahen UV-Bereich, da der Bandabstand zwischen dem Valenz- und Leitungsband 3,2 eV beträgt, was einer Wellenlänge kleiner als 400 nm entspricht, um ein Elektron vom Valenz- in das Leitungsband zu befördern. Farbstoffe wie Anthocyane vermögen über Hydroxylgruppen an die TiO2-Oberfläche zu binden und mittels Energietransfer den Halbleiter auch im sichtbaren Bereich des Spektrums zu sensibilisieren.

Anregung:

\mathrm{2\ Fs + h \cdot \nu \rightarrow 2 Fs^*}

Das angeregte Farbstoffmolekül (Fs*) überträgt Elektronen in das Leitungsband des TiO2.

\mathrm{ 2\ Fs^* + 2\ TiO_2 \rightarrow 2\ Fs^{+} + 2\ (TiO_2 + e^-)}

Das an der Anode entstehende atomare Iod vereinigt sich zum Molekül (I2), und dieses reagiert mit Iodidionen I zu I3. Aus diesen Molekülionen werden an der Kathode wieder Iodidionen 3 I regeneriert.

Einige wissenschaftliche Fragestellungen, die direkt an die in der Grafik markierten Teilprozesse (1) bis (3) anknüpfen, sind in den letzten zehn Jahren geklärt worden. So wurden z. B. die Prozesse (1) und (3) mit zeitaufgelösten Messtechniken direkt gemessen, mit dem Ergebnis, dass der Injektionsprozess (1) weniger als 25 fs dauert, die Rückkehr des Elektrons aus dem TiO2 auf den ionisierten Farbstoff Millisekunden benötigt, bei Zugabe des I3/I-Redoxsystems aber der Farbstoff bereits nach ca. 100 ns wieder regeneriert wird.

Wesentliche Leistungssteigerungen wurden durch Beschichtung der Kathode mit einem leitfähigen Polymer wie Polypyrrol erzielt.

Bedeutung

Versiegelte Module der Größe 30 × 30 cm²

Die Vorzüge der Grätzel-Zelle können in den prinzipiell niedrigen Herstellungskosten und in der geringen Umweltbelastung bei der Herstellung liegen. Die Zelle kann diffuses Licht im Vergleich zu den herkömmlichen Solarzellen gut nutzen. Im Labor konnten Zellen bis 11,2 % Wirkungsgrad (zertifiziert) auf einer Fläche von 1 cm² hergestellt werden. Kommerziell erhältliche Module haben einen Wirkungsgrad im Bereich von 2 bis 3 Prozent. Die Stabilität über längere Betriebszeit ist noch nicht nachgewiesen. Bei Untersuchungen aus dem Jahre 2003 ließ die Effizienz nach 1000 Stunden Lagerung bei 80 °C im Dunkeln um ca. 6 Prozent nach. Laut ihrem Erfinder sind Steigerungen im Wirkungsgrad bis 31 % für Einzelzellen denkbar[3].

Aufskalierung

Eine große Hürde für die Farbstoffsolarzellen-Technologie auf ihrem Weg vom Labormaßstab zu großflächigen Anwendungen ist die langzeitstabile Versiegelung des Elektrolyten. Als Lösungsansätze existieren vor allem heißschmelzende Polymerkleber, Epoxydharzkleber und Glaslote. Insbesondere Glaslote haben das Potenzial, eine chemisch und thermisch langzeitstabile Versiegelung zu gewährleisten.

Einzelnachweise

  1. Brian O'Regan und Michael Grätzel: A low-cost, high-efficiency solar cell based on dye-sensitized colloidal TiO2 films. In: Nature. 353, Nr. 6346, 1991, ISSN 0028-0836, S. 737–740, doi:10.1038/353737a0.
  2. Patent US5084365: Photoelectrochemical Cells and Process for Making Same. Veröffentlicht am 28. Januar 1992, Erfinder: M. Graetzel, P. Liska.
  3. Ben Schwan: 31 % Wirkungsgrad sind mit intensiver Forschung drin. Technology Review, 23. Juni 2010, abgerufen 28. September 2010.

Weblinks


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