- Gulfhaus
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Das Gulfhaus, auch als Gulfhof oder Ostfriesenhaus bezeichnet, ist eine Bauernhausform, die im 16. und 17. Jahrhundert in Norddeutschland aufkam. Es ist ein Holzgerüstbau in Ständerbauweise. Das Gulfhaus verbreitete sich zunächst in den Marschen und anschließend in den friesischen Geestgebieten. Das Verbreitungsgebiet erstreckte sich im Nordseeküstenraum von Westflandern über Holland, Ostfriesland und Oldenburg bis nach Schleswig-Holstein (als Haubarg). Unterbrochen wurde diese Linie durch das Elbe-Weser-Dreieck, in dem sich die Form des (niederdeutschen) Hallenhauses, besser bekannt als Niedersachsenhaus, bewahrte.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Seine Entstehung verdankt das Gulfhaus ökonomischen Gegebenheiten. Vor seiner Erfindung lebten die Menschen der ostfriesischen Nordseemarschen im Altfriesischen Bauernhaus (oud-Friese boerenhuis), ein Wohnstallhaus. Diese kleinen Gebäude reichten den Landwirten räumlich aus, da keine große Ernte einzulagern war. Getreideanbau war nur auf wenigen hoch liegenden Flächen möglich, während die ungenügend entwässerten Marschen sich nur als Gras- und Weideland eigneten. Durch die verbesserte Entwässerungstechnik mit Wind-Wassermühlen konnten die fruchtbaren Marschgebiete trocken gelegt und großflächig für Getreideanbau genutzt werden. Zur Bergung der wachsenden Erntemengen war ein Haus mit großen Fassungsvermögen nötig, woraus das Gulfhaus entstand.
Aufbau
Das typische Gulfhaus besteht aus einem Vorderhaus (fööeräen), das den Wohntrakt darstellt, und dem angrenzenden Stall-/Scheunentrakt (achteräen). Dadurch, dass im hinteren Bereich das Dach weiter herabgezogen wird, entstehen Abseiten, so genannte "ūtkübben", so dass der Scheunentrakt breiter ist als der Wohntrakt. Das Zentrum des Stall-/Scheunentraktes bildet der "Gulf", eine Lagerfläche für Heu, Erntegut und Gerät, dem dieser Haustyp seinen Namen verdankt. In der einen Abseite befinden sich Abteile zum Einstellen von Rindern (kaustâl). Der davor verlaufende Gang wird als "kaugâng" (Kuhgang) bezeichnet. Am äußersten Ende befindet sich traditionell das Plumpsklo (gemak). An der Giebelseite des Scheunentraktes finden sich zwei Türen, ein großes Scheunentor (sğüerdööer)auf der einen Seite, die den Zugang zur Dreschdiele (dösdêl) und den Gulfen auch mit Wagen ermöglicht und eine kleine, zweigeteilte Tür (messeldööer) auf der anderen. Letztere erhielt ihren Namen daher, dass durch sie der Mist vom "kaugâng" (Mist = mäers; entmisten = messen) abtransportiert wurde.
Häufig findet man über der großen Scheunentür ein halbrundes Fenster im Metallrahmen mit einer Inneneinteilung in Gestalt einer stilisierten aufgehenden Sonne.
Der vordere, am Giebel gelegene Teil des Mitteltraktes, in dem der Pferdestall (pêrstâl) untergebracht ist, wird durch eine Trennmauer abgegrenzt und erhält eine Abdeckung, so dass ein zusätzlicher Boden (sg. hiel, pl. hillen) entsteht, auf dem weiteres Heu für die Winterfütterung gelagert wird.
Die Dachlast tragen bei diesem Bautypus nicht die Außenwände sondern ein innen liegendes Ständerwerk (stååpelwârk).
Die Dacheindeckung des Wohntrakts erfolgt traditionell vollständig mit roten Ton-Dachpfannen, während der Scheunentrakt im unteren Drittel mit eben diesen Dachpfannen und im oberen Bereich mit Reet gedeckt ist. Das Dach ist mindestens auf der windzugewandten Giebelseite (meist der Scheunengiebel), manchmal auch an beiden Giebeln als Krüppelwalm ausgebildet, der auch heute noch vielfach von einem Malljan bekrönt ist.
Eine Besonderheit vieler älterer Gulfhöfe ist die sog. Upkammer (upkååmer), ein Raum im Wohntrakt, der wegen eines darunter liegenden, halb oberirdischen Kellers höher angeordnet ist als die übrigen Zimmer. Dem entspricht bei solchen Gebäuden in der Außenansicht vielfach noch eine versetzte Anordnung der Fenster.
Der Konstruktionsplan des Gulfhauses findet (gelegentlich mit größen- oder lagebedingten Modifikationen wie z.B. einem seitlichen Eingang) Anwendung gleichermaßen bei großen Hofgebäuden (plååts) wie auch bei kleineren Gebäuden bis hin zu Landarbeiterhäusern.
Andere Verwendungen
Durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft und die Aufgabe von Höfen boten sich Chancen, Gulfhöfe auch anderen als landwirtschaftlichen Zwecken zuzuführen. So wurde in Loquard (Gemeinde Krummhörn, Landkreis Aurich) ein ehemaliger Gulfhof zu einer Grundschule umgebaut. In Hollen (Gemeinde Uplengen, Landkreis Leer) ist die örtliche Sparkasse in einen ehemals landwirtschaftlich genutzten Gulfhof eingezogen. Der Naturschutzbund NABU betreibt in Wiegboldsbur (Gemeinde Südbrookmerland, Landkreis Aurich) einen Gulfhof als Lehrhof für naturnahe Landwirtschaft.
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