Gustav Bergmann

Gustav Bergmann

Gustav Bergmann (* 4. Mai 1906 in Wien; † 21. April 1987 in Iowa City, USA) war ein österreichischer Wissenschaftstheoretiker und Philosoph.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gustav Bergmann immatrikulierte sich nach dem Abitur zum Studium der Mathematik und Philosophie an der Universität Wien. Schon vor dem Abschluss der Promotion in Mathematik 1928 zum Thema Beiträge zur metrischen Differentialgeometrie wurde er von seinem ehemaligen Klassenkameraden Kurt Gödel in den Wiener Kreis eingeführt, wo Bergmann besonders von Moritz Schlick, Friedrich Waismann und Rudolf Carnap beeinflusst wurde. 1929 bis 1930 unterrichtete Bergmann Mathematik an der Wiener Realschule und ging in den Folgejahren nach Berlin, wo er als Assistent von Albert Einstein tätig war.

Durch die ständigen Diskriminierungen gegen Juden an deutschen Universitäten zunehmend entmutigt, ging Bergmann zurück nach Wien, wo er Rechtswissenschaft studierte und mit dem Dr. jur. abschloss. Anschließend nahm er eine Stelle in einer Anwaltskanzlei an.

Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland 1938 emigrierte Bergmann mit Hilfe Albert Einsteins und durch finanzielle Unterstützung des Wiener Kreis Mitgliedes Otto Neurath in die USA.

Bereits 1939 erhielt er eine Assistentenstelle bei dem Psychologen Kurt Lewin an der University of Iowa. Bergmann arbeitete hier an einer Untersuchung über mathematische Darstellung der Lewinschen psychologischen Feldtheorie. 1940 wurde Bergmann dann Assistent Professor, ab 1950 dann ordentlicher Professor für Philosophie und Psychologie am Department of Philosophy der University of Iowa in Iowa City. Durch seinen 1944 im Journal of Symbolic Logic veröffentlichten Aufsatz Pure Semantics, Sentences, and Propositions, der sich kritisch mit Carnaps semantischer Theorie auseinandersetzte und auf den Carnap mit der Entgegnung Hall and Bergmann on Semantics reagierte (Mind 54, 214, 1945), begann Bergmanns Abkehr vom Kreis des Logischen Empirismus: Bereits der Titel von Bergmanns Duplik, A Positivistic Metaphysics of Consciousness (Mind 54, 215, 1945), drückt aus, dass Bergmann nunmehr dazu überging Carnaps erklärtermaßen antimetaphysiche Position seinerseits als eine Form von kritikwürdiger Metaphysik zu betrachten.

Besonders in den 1960er und 1970 Jahren hatte Bergmann eine großen Einfluss auf die zeitgenössische Philosophie, vor allem in den Bereichen Ontologie und Erkenntnistheorie, so dass das Philosophy Department der University of Iowa zu einer der führenden Universitäten der USA wurde. Dies führte dazu, dass er hervorragende Studenten nicht nur aus den USA anzog (Laird Addis, Herbert Hochberg, Reinhardt Grossmann, L. Nathan Oaklander u.a.) aus der sich eine eigene philosophische Schule bildete, die heute gelegentlich als „Iowa Schule“ oder auch als die „Iowa Realisten“ bezeichnet wird.

1967 wurde Gustav Bergmann zum Präsidenten der American Philosophical Association (Western Division) gewählt. 1972 wurde er mit der Carver Professur des College of Liberal Art der University of Iowa geehrt. Bergmann wurde 1974 emeritiert und starb 1987.

In der zeitgenössischen analytisch orientierten Ontologie gilt Bergmann inzwischen als Klassiker. Zu seinem 100. Geburtstag fanden internationale Kongresse in Iowa City, Paris und Rom statt. Während des Kongresses in Paris 2006 wurde die International Gustav Bergmann Society gegründet.

Schriften

  • The Philosophy of Science. Wisconsin 1966.
  • The Metaphysics of Logical Positivism. Wisconsin 1954.
  • Meaning and Existence. Wisconsin 1959.
  • Logic and Reality. Wisconsin 1964.
  • Realism: A Critique of Brentano and Meinong. Wisconsin 1967.
  • William Heald, Edwin B. Allaire (Hrsg.): New Foundations of Ontology. Wisconsin 1992.
  • Erwin Tegtmeier (Hrsg.): Collected Papers. 3 Bände. ontos, Heusenstamm. Band I: Selected Papers 1. 2003. Band II: Selected Papers 2. 2004. Band III: Realism. 2004.

Literatur

  • Moltke S. Gram, E. D. Klemke (Hrsg.): The Ontological Turn. Studies in the Philosophy of Gustav Bergmann. University of Iowa Press, Iowa IA 1974, ISBN 0-87745-043-9.
  • Hochberg, Herbert: The Positivist and the Ontologist. Bergmann, Carnap and Logical Realism. Rodopi, Amsterdam [u.a.], 2001. (= Studien zur österreichischen Philosophie; 32.)
  • Addis, Laird / Greg Jesson / Erwin Tegtmeier (Hrsg.): Ontology and Analysis. Essays and Recollections about Gustav Bergmann. Ontos Verlag, Frankfurt 2007.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gustav Bergmann — (1906 1987) est un philosophe américain du XXe siècle. Sommaire 1 Biographie 2 Œuvres 3 Études sur l œuvre de Bergmann …   Wikipédia en Français

  • Gustav Bergmann — (May 4, 1906 April 21, 1987) was a ontologist born in Vienna, Austria. He studied at the University of Vienna and attended meetings of the Vienna Circle during his time in Europe. In his time in the United States, he was a professor of philosophy …   Wikipedia

  • Bergmann (Familienname) — Bergmann ist ein deutscher Familienname. Varianten Bergman, Bargmann Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Bergmann — is a surname which is German, Swedish, in origin, respectively. It means mountain man as well as miner in both languages. Bergman is a common surname in the Netherlands. People *Art Bergmann, Canadian rock singer songwriter *Carl G. L. Ch.… …   Wikipedia

  • Gustav D. Bergmann — Gustav Bergmann (* 24. Dezember 1957 in Lage, Nordrhein Westfalen) ist ein deutscher Innovations und Kompetenzforscher. Leben Bergmann studierte Betriebswirtschaftslehre und Politikwissenschaft an der Universität Münster. Er promovierte dort zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav Adolf Bergmann — (* 6. Mai 1816 in Straßburg; † 20. Mai 1891 ebenda) war ein deutscher Kaufmann und Mitglied des deutschen Reichstags. Leben Bergmann war Kaufmann im Reedereiwesen und an der Gründung mehrerer Bankinstitute beteiligt. Von 1877 bis 1878 war er… …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav von Bergmann — (December 24, 1878 September 16, 1955) was a German internist who was born in Würzburg. In 1903 he received his doctorate at Strasbourg, and afterwards worked at the 2nd medical hospital in Berlin under Friedrich Kraus (1858 1936). In 1916 he… …   Wikipedia

  • Gustav Sobottka — (* 12. Juli 1886 in Turowen (Landkreis Johannisburg, Ostpreußen); † 6. März 1953 in Berlin) war ein deutscher Politiker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav Wilhelm August Josef Ricker — (* 2. November 1870 in Hadamar (Hessen Nassau); † 23. September 1948 in Dresden) war Wissenschaftler und Arzt. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Lehre 3 Ehrung 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav Mahler — (1892) Gustav Mahler (* 7. Juli 1860 in Kalischt, Böhmen; † 18. Mai 1911 in Wien) war ein österreichischer Komponist im Übergang von der Spätromantik zur Moderne. Er war nicht nur einer der bedeuten …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”