Göscheneralp

Göscheneralp

Die Göscheneralp war eine Dauersiedlung in der Zentralschweiz im Kanton Uri, etwa neun Kilometer westlich der Gemeinde Göschenen. Sie wurde 1960 durch die Fertigstellung des Staudamm zum Göscheneralpsee überflutet. Die Bewohner siedelten in den zur Gemeinde Göschenen gehörenden Weiler Gwüest um.

Die bis zum Bau des Staudamms (Aufstau Göscheneralpsee) existierende Göscheneralp war lange Jahre die höchstgelegene Dauersiedlung in der Schweiz, was ihr eine besondere Stellung im Hinblick auf die Siedlungsgeschichte des Alpenraums verleiht. Ihre besondere siedlungsgeographische Bedeutung liegt auch in der Lage an einem im Mittelalter bedeutendsten Alpenpass, dem Gotthardpass, für den sie als Produzent von Viehfutter eine existenzielle Bedeutung hatte.

Inhaltsverzeichnis

Siedlungsgeschichte

Ob auf der Göscheneralp eine Siedlung während des Hochmittelalters existierte, bleibt Gegenstand der wissenschaftlichen Kontroverse. Der Alpname „Berg“ für die Trogschulter des Chelengletschers (sogenannte Sonnenterrasse auf 1.950 m) über dem Älplerboden und der Bratschifluh könnte eine Parallele zur Bergalp im Meiental (ebenfalls auf 2.000 m und am Sonnenhang) darstellen [1]. Die klimatischen Bedingungen waren im Hochmittelalter gegeben, um temporäre oder sogar Dauersiedlungen auf diesen Höhenlagen zu ermöglichen, und somit käme der „Berg“ über der späteren Göscheneralp um das Jahr 1200 in Frage. Viele hoch gelegene mittelalterliche Bergsiedlungen wurden jedoch um 1400 wegen der Pest, wegen Kriegen oder Klimaverschlechterungen aufgegeben [2]. Die wichtigsten Gründe für eine Besiedelung der Göscheneralp waren einerseits wirtschaftliche Rahmenbedingungen in der Schweiz [3].

Die ganzjährige Besiedelung der Alp erfolgte während der Rezession nach dem westfälischen Frieden von 1648. Die Zunahme der Bevölkerung ließ diese in die Seitentäler der Region ausweichen (Bevölkerungsdruck), jedoch verloren diese Täler immer wieder an Attraktivität. Durch den einsetzenden Saumverkehr entstand ein verstärkter Viehhandel mit den Bauern, die den vermehrten Futterbedarf der Tiere in den Hochtälern decken mussten. Hierzu konnte die Göscheneralp als nächst dem Gotthardpass gelegenes Anbaugebiet einen entscheidenden Beitrag leisten. (siehe dazu auch Chelenalphütte)

Entwicklung der periodischen Siedlung zur Dauersiedlung

Laut Erzählungen handelte es sich bei den ersten Dauersiedlern um verarmte Ziegenbauern oder verbannte Diebe und Schmuggler. Der Hinweis auf die Errichtung einer winterfesten Siedlung ist schwer zu finden, da der Beginn der fachkundlichen Bautätigkeit unklar ist. Als Quelle liegen nur zwei Zeichnungen vor: Im Jahr 1794 oder früher entstanden zwei Aquarellskizzen von Franz Xaver Triner. Das eine Bild zeigt zwei Häuser des Dörfli auf 1.700 m:

  1. Ein Bild von mit Gneisplatten bedeckte Dächer, Butzenscheiben und stabilen Steinfundamenten.
  2. Das zweite Bild täuscht eine familiäre Idylle inmitten des kargen Gebietes vor, mit spielenden Kindern und zarter Bewölkung.

Die Siedlungsstruktur – die sozialen Verhältnisse

Das Dörfli wurde auf einem leicht erhöhten Gelände neben der Göschenerreuss, einem mäandrierenden Wildbach, errichtet, um es vor Überschwemmungen zu schützen. Es herrschte eine hohe Fluktuation der Bewohner vor allem durch Landlose. Somit bestand das Dörfli aus einer sozialen Schicht von Bergbauern, Handwerkern und deren Knechten ohne eigenes Land.

Die Klimaverbesserung in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts gab weiterhin den Anreiz, Weideflächen direkt vor der Tür zu haben und während der kalten Wintermonate handwerkliche Tätigkeiten zu verrichten. Das Ende des 30jährigen Krieges bedeutete für die Schweiz eine wirtschaftliche Rezession und die Bevölkerung war gezwungen, neue Wirtschaftszweige zu finden. Die Lebensverhältnisse im 18. Jahrhundert sind weitgehend unklar, da kaum Quellen vorhanden sind. Es existieren zwar Reisebeschreibungen des Göschenertals von 1743 und 1747, die den Namen Gestineralp erwähnen. Jedoch weisen sie darauf hin, dass die Reisenden nicht bis auf die Alp vorgedrungen sind. [4]

Nachdem ein Staudammprojekt, das unter anderem der Energieversorgung der Gotthardbahn dienen sollte, in Andermatt am Widerstand der Bevölkerung gescheitert war, wurde als Alternative das Göscheneralptal (Projekt Göscheneralpsee) ausgewählt.[5]

Quellen

  1. Meyer, W. (1990): Siedlung und Alltag. Die mittelalterliche Innerschweiz aus der Sicht der Archäologie. In: Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Jubiläumsschrift 700 Jahre Eidgenossenschaft. Olten
  2. Meyer, W. (1990): Siedlung und Alltag. Die mittelalterliche Innerschweiz aus der Sicht der Archäologie. In: Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Jubiläumsschrift 700 Jahre Eidgenossenschaft. Olten
  3. Kaufmann, G. (1998): Hinteralp und Gwüest - Siedlungsgeschichte der Göscheneralp. Altdorf
  4. Richter, B.; Pavlovic, B. (2008): Göschenen und Göscheneralptal. Ein geographischer Exkursionsführer. Delmenhorst
  5. Gamma, R.; Müller, E. (1982): Hochspannung. Wie die Urschner gegen einen Stausee kämpften und die Göscheneralp untergehen musste. Altdorf

Weblink


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